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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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ruckartigen Kopfbewegungen um, die Tarō an Krähen erinnerten. »Ein Kyūketsuki«, flüsterte der Mann.
    Shūsaku fuhr zusammen, und der Mann fasste das als Erschrecken auf. »Jetzt könnt ihr noch umkehren.«
    »Nein«, sagte Shūsaku. »Wir müssen nach Nagoya.«
    Der Mann zuckte mit den Schultern. » Wie du meinst.«
    Er wollte weitergehen, doch Shūsaku hielt ihn auf. »Wie kommst du darauf, dass es hier einen Kyūketsuki gibt?«, fragte er.
    »Dort hinten wurde ein Mann gebissen. Seine Leiche lag einfach so am Wegrand. Auf offener Straße!«
    Shūsaku sah Tarō an, und Tarō konnte seine Gedanken erraten. Heimlichkeit war für einen Ninja wie Gluthitze für einen Waffenschmied  – sie konnten ohne sie nicht arbeiten. Einen Leichnam einfach an der Straße liegen zu lassen klang nicht nach einem Ninja. »Dieser Mensch, der getötet wurde«, fragte Shūsaku, »hatte zwei Bisswunden?«
    »Ja. Am Hals.«
    Shūsaku dankte dem Mann und kehrte zu den anderen zurück, während die Bauern weiterzogen. »Das gefällt mir nicht«, sagte er.
    Sie gingen dennoch weiter, und bald darauf  – nachdem sie einigen weiteren Leuten begegnet waren, die in die entgegengesetzte Richtung flohen  – erreichten sie ein kleines Dorf, kaum mehr als ein paar Häuser an der Straße, und sahen eine Menschentraube am Wegrand. Tarō war sofort klar, dass die Leute sich um den Toten geschart hatten. Sie begleiteten ihre Worte mit ausgreifenden, ängstlich wirkenden Gesten, als wollten sie mit dieser Vorführung keinen Passanten im Zweifel darüber lassen, welches Grauen sie hier mit eigenen Augen sahen.
    Tarō und die anderen näherten sich der Gruppe, drängelten ein bisschen und konnten bald sehen, was die Leute da begafften. Ein Mann lag unmittelbar neben der Straße im Graben, den Kopf zur Seite verdreht und mit zwei runden Bisswunden im Hals, wo die Zähne eingedrungen waren.
    Shūsaku erstarrte, schob sich dann nach vorn durch und kniete sich neben den Mann.
    »Seid Ihr Arzt?«, fragte eine Frau.
    Shūsaku blickte geistesabwesend auf. Er zog dem Toten gerade die Lippen auseinander, um ihm in den Mund zu schauen. »Äh … ja«, antwortete er. »Und ich kann Euch sagen, dass dieser Mann eindeutig tot ist. Hier kann ich nichts mehr tun.«
    Die Frau starrte ihn an, als wäre er von Sinnen. Shūsaku ignorierte sie, trat von dem Leichnam zurück und zog dann Tarō und Heikō an den Armen mit sich fort. Hirō und Yukiko folgten ihnen. Als sie außer Hörweite waren und in Richtung Nagoya weitergingen, wandte Tarō sich dem Ninja zu.
    »Was war denn?«, fragte er. »Was hast du gesehen?«
    »Dieser Mann wurde von einem Vampir getötet«, sagte er. »Aber er war selbst einer.«
    Tarō runzelte die Stirn. »Du meinst … er war ein Ninja?«
    »Ja. Lange, spitze Zähne. Blasse Haut. Und ich habe ihn erkannt, er kommt vom Berg. Er hieß Yoshi und war ein guter Freund von Kawabata.«
    »Weshalb sollte ein Ninja einen anderen Ninja töten?«, fragte Hirō.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Shūsaku. » Wie ihr selbst erlebt habt, verstößt das gegen unser Gesetz  – obwohl auch ich dieses Gesetz schon gebrochen habe, wenn ich dazu gezwungen war. Aber das Seltsame ist, dass der andere Ninja ihn gebissen hat. Vampire trinken menschliches Blut. Das Blut eines anderen Vampirs nährt uns nicht. Es schmeckt sogar ziemlich scheußlich.«
    »Also … wollte vielleicht jemand vortäuschen, dass der Mann von einem Vampir getötet wurde?«
    »Das glaube ich nicht. Ich bin sicher, dass ein Vampir das getan hat. Die Bissmale sind unverwechselbar. Aber dem Mann wurde das Genick gebrochen  – ich habe die abgetrennten Wirbel ertastet. Der Biss kam erst danach.«
    »Augenblick«, sagte Tarō. »Hattest du nicht gesagt, dass ein Vampir nur durch Enthauptung oder einen Stich ins Herz getötet werden kann?«
    »Das Lehren hat seine Tücken …«, brummte Shūsaku. »Ich meinte den Begriff ›Enthauptung‹ eher weit gefasst. Es kommt darauf an, dass das Rückenmark durchtrennt wird. Üblicherweise bedeutet das Enthauptung. Es ist viel leichter, jemandem den Kopf abzuschlagen, als ihm das Rückgrat zu brechen, um die Nerven zu durchtrennen.«
    »Aber das ist hier geschehen«, sagte Hirō.
    »Ja. Und danach hat ein Vampir ihn gebissen. Wir können nicht wissen, ob er von ein und derselben Person getötet und dann gebissen wurde, aber wahrscheinlich ist es. Man braucht sehr viel Kraft, um die Wirbel so auseinanderzureißen  – die Art Kraft, wie

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