Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)
nur noch von unten beobachten und den Atem anhalten.
Der Ninja drehte sich im Aufkommen auf einem Fuß und zog die glitzernde Klinge im Bogen durch die Luft –
Dann flog etwas von Shūsakus Taille hoch und explodierte vor dem Gesicht des Angreifers – eine der kleinen Bomben, die Shūsaku bei sich trug, vollgestopft mit Schwarzpulver aus China. Der Ninja kreischte, als seine Maske in Flammen aufging. Er wandte sich ab und schlug mit den Ärmeln auf sein Gesicht ein. Shūsaku nahm dem Mann das Schwert aus der Hand, während dieser vergeblich versuchte, die Flammen zu ersticken, so einfach, als pflücke er eine Kirsche von einem tief hängenden Zweig.
Dem anderen Ninja erging es nur wenig besser.
Er hatte reichlich Zeit gehabt zu reagieren und obendrein den Vorteil, dass er Shūsaku von der Seite angreifen konnte, während der mit der Bombe beschäftigt war. So konnte er mit dem scharf aussehenden Dolch einen gut gezielten Stoß führen.
Doch bis die Klinge sich in Bewegung gesetzt hatte, war Shūsaku schon mit einer Drehung ausgewichen, so dass der Stahl in die Wand der Sänfte drang. Tarō wich zurück, denn die Spitze bebte nur eine Handbreit von seinem Gesicht entfernt im Holz.
Draußen zerrte der Ninja am Griff, um seine Waffe freizubekommen. Tarō schloss kurz die Augen, dann schoss er.
Der Ninja hatte natürlich nicht mit dem Pfeil gerechnet, der plötzlich aus der Sänfte flog, als wollte diese selbst ihm Übles. Sein Dolch war vergessen, als er auf den Schaft hinabstarrte, der aus seiner Brust ragte. Der Pfeil war nicht tief eingedrungen. Tarō hatte ja gewusst, dass die Sehne nicht mehr stark genug war, doch als der Angreifer den Pfeil herauszog, kam Shūsaku mit einer fließenden Bewegung von der Seite in Tarōs Blickfeld.
Die Hände des unglückseligen Ninja umklammerten noch den Pfeil, als sein Kopf an dem Spalt zwischen den Vorhängen vorbei zu Boden kullerte.
Ehe der Kopf die Schultern ganz verlassen hatte, griff Shūsaku bereits den anderen Mann an. Auch Hirō war nach vorn gestürmt, als die Sänfte herabgefallen war, und nun packte der massige Ringer beide Arme des Ninja und drehte sie ihm auf den Rücken. Der mit dem Schlagstock hatte es geschafft, sein Gesichtstuch zu löschen, das jetzt nur noch schwelte und kleine, graue Rauchfähnchen aufsteigen ließ.
Er wand sich in Hirōs Griff.
Tarō kletterte aus der Sänfte und rappelte sich am Wegrand auf. »Warte!«, rief er Shūsaku zu, der mit kreiselndem Schwert auf den Ninja zuging. »Er weiß vielleicht etwas darüber, wer mich ermorden lassen will!«
Doch er hatte die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, als Shūsaku Hirō bedeutete, loszulassen, und dem Mann das Schwert ins Herz stieß. Der Ninja schwankte einen Moment lang auf den Füßen, als hätte die Klinge ihn auf Brusthöhe an die leere Luft geheftet, und sackte dann zusammen.
Tarō legte Shūsaku eine Hand auf den Arm. »Du hast sie getötet.«
»Diesmal ja. Etwas anderes konnte ich nicht riskieren. Wir sollten weitergehen, sofort. Wenn es sein muss, schlagen wir uns in die Felder.«
»Aber in Minata, und dann am Strand – da hast du sie nicht getötet?«
»Nein. Ein Vampir kann jeden körperlichen Schaden überleben, außer, das Herz wird durchbohrt, er wird enthauptet oder hellem Sonnenlicht ausgesetzt.«
Tarō blickte in die schwebenden Augen des Mannes. Er konnte Shūsakus Körper sehen, in die Kleidung des Dieners gehüllt, doch das Gesicht war unsichtbar. Die Wirkung war verstörend. »Aber du hast mich glauben lassen, sie seien tot. Warum hast du mir nicht gesagt, dass sie noch lebten?«
Shūsakus Augen funkelten, und Tarō vermutete, dass er lächelte. »Ich habe nicht behauptet, dass sie nicht mehr lebten. Aber ich finde es besser, dich zu belügen, wenn es dich zu der Einsicht zwingt, dass wir manchmal pragmatisch handeln müssen, nicht barmherzig.« Er deutete auf die Felder, die im Morgengrauen schimmerten. »Kommt, weiter. Sucht nach einer Hütte ohne Lampe im Fenster.«
Tarō sah den Ninja an, dann Hirō. Der nickte, und sie verließen die Straße und folgten Shūsaku, der sich im flachen Wasser einen Weg durchs Röhricht bahnte und Frösche aufschreckte, die quakend davonhüpften. Der Geruch feuchter Vegetation stieg vom dumpfigen Boden auf. Glücklicherweise war der Mond nun hinter Wolkenfetzen verborgen, so dass sie trotz des grauenden Morgens in der Dunkelheit verborgen blieben.
Während sie ein Dorf umgingen, das bewohnt schien, beobachtete
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