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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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diesem Schicksal nicht entrinnen.«
    Kira wurde rot vor Augen, als sähe er durch geschlossene Lider die Sonne untergehen, und er spürte, wie das Blut in seiner Stirn hämmerte. Er hatte noch nie eine so rasende Wut gefühlt, nicht einmal auf dem Schlachtfeld, als er geglaubt hatte, seine Gefährten würden ihn nie aus dieser Hölle sich zersetzender Kadaver retten.
    Er betrachtete die weißhäuptige Prophetin durch einen roten Schleier. »Du kannst die Zukunft vorhersehen, ja?«
    Sie nickte.
    »Dann musst du auch gesehen haben, was ich jetzt tun werde.« Er warf dem Samurai hinter ihr einen Blick zu und zog den Zeigefinger mit einer schneidenden Bewegung durch die Luft. Der Mann holte mit dem Schwert aus.
    »Ja«, sagte sie. »Ja, ich habe es gesehen.«

Kapitel 25
    Shūsaku führte sie immer steiler bergan, während sie aus den Hügeln ins Gebirge aufstiegen. Tarō hielt seinen Bogen in der Hand, und die neue Sehne war so straff, dass sie beinahe summte, wenn nur die Luft darüberstrich  – fast ein Musikinstrument und eine Waffe. Es tat gut, die Kraft seines Bogens wieder zu spüren. Zu seiner Überraschung merkte er erst jetzt, wie sehr er sie vermisst hatte, während die Sehne vom Meerwasser weich und schwach gewesen war. Ja, der Bogen hatte ihm geholfen, als die Ninja ihre Sänfte angegriffen hatten, doch er war nur noch eine Nahkampf-Waffe mit der Reichweite eines Schwertes gewesen.
    Jetzt konnte Tarō wieder aus der Ferne zuschlagen und einen Pfeil fast ein Viertel Ri weit mit tödlicher Genauigkeit abschießen. Das war ein beruhigender Gedanke angesichts der Gefahr, die die Äbtissin vorausgesagt hatte.
    Seit sie in größere Höhe gekommen waren, hatte Tarō sich immer wieder nach dem schwachen Lichtschein und dem Rauch des Dorfes umgedreht, in dem die Äbtissin lebte. Doch nun hatten sie es so weit hinter sich gelassen, dass in der dunklen Landschaft, die hinter ihnen abfiel, nichts mehr davon zu sehen war.
    »Ihr geschieht schon nichts«, sagte Shūsaku.
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Tarō. »Sie ist eine Prophetin, nicht wahr? Sie hat ihren eigenen Tod gesehen.«
    Shūsaku antwortete nicht.
    »Und wir sind schuld daran«, fuhr Tarō fort. »Leute sind hinter uns her, die uns töten wollen. Wahrscheinlich haben wir sie direkt zu ihr geführt.«
    Auch darauf sagte Shūsaku nichts.
    »Was ist mit den Mädchen?«, fragte Hirō. »Hätten wir sie nicht mitnehmen sollen?«
    »Die Äbtissin wollte sie nicht wissen lassen, dass wir fortgehen. Wir müssen ihre Wünsche achten.«
    Hirō seufzte, und Tarō vermutete, dass er Yukiko vermisste. Die beiden waren durch die gemeinsame Liebe zum Kampf gute Freunde geworden. Tarō war auch nicht glücklich darüber, dass er Heikō zurücklassen musste. Ihre stille Kraft und Intelligenz hatten seine Bewunderung geweckt  – ja, sie hatte etwas, das ihn irgendwie an seine Mutter erinnerte.
    Seine Mutter. Er musste sich auf sie konzentrieren. Es war sinnlos, darüber nachzudenken, was die Äbtissin gesagt hatte, und sich ständig darum zu sorgen, was sein Leben andere Leute kosten könnte. Wenn er nur seine Mutter retten, sie wiederfinden könnte, würde er damit vielleicht einen Teil seiner Schuld begleichen. Er dachte ganz fest an sie, während er beständig über die moosigen Felsen kletterte.
    Sie überquerten einen Bach und umgingen gerade ein Dorf, dessen Lichter sie durch die Bäume ausmachen konnten, als Hirō auf eine Leiche trat.
    Er quiekte vor Schreck.
    Shūsaku war so schnell bei ihm, dass er durch die Nacht zu fließen schien, und hielt dem Ringer fest den Mund zu.
    In der Dunkelheit vor ihnen erkannten sie eine Gruppe Männer, die langsam auf ein Wäldchen zugingen. Sie trugen einen Sack bei sich.
    Shūsaku hob drei Finger und deutete dann auf die Bäume  – folgt mir . Dann legte er den Zeigefinger an die Lippen  – leise .
    Tarō ging nach links, Hirō nach rechts, und Shūsaku schob sich zwischen ihnen durchs Unterholz. Als sie näher kamen, konnte Tarō die Gestalten deutlicher erkennen.
    Rōnin .
    Sie trugen Samurai-Rüstungen, aber kein Mon auf dem Rücken, denn die Zugehörigkeit zu einem Adelshaus hatten sie mitsamt ihrer Ehre verloren, weil sie besiegt worden waren und sich geweigert hatten, Seppuku zu begehen, oder weil ihr Fürst sie verbannt hatte. Sie sahen bösartig aus. Einer von ihnen hatte ein totes Tier auf die Hörner an seinem Helm gespießt.
    Es knackte laut, als jemand auf einen trockenen Zweig trat. Tarō drehte sich

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