Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)
fragend an, und der zuckte mit den Schultern.
Tarō verneigte sich. »Ihr ehrt mich.«
»Nein. Ihr habt mir Ehre erwiesen, indem ihr mich gerettet habt.«
Mit einem zaghaften Winken eilte sie durchs Dorf davon. Tarō blickte auf den Ring in seiner Hand hinab, ein in sich gedrehtes Band aus Gold und Silber. Es wirkte kostbarer als alles, was er je zuvor gesehen hatte. Er steckte den Ring an seinen kleinen Finger.
Er passte perfekt.
»Nun«, sagte Shūsaku. » Was für ein Tag. Du sollst offenbar Shōgun werden, und das Herz einer vornehmen Dame hast du auch schon erobert.«
Tarō boxte ihn spielerisch in den Arm. »Sehr komisch.«
Doch die Hitze in seinen Wangen kam nicht nur von Shūsakus Witz, sondern von der Hoffnung, dass der Ninja recht haben könnte.
Shūsaku wies mit einem Nicken auf den Wald und bedeutete Tarō und Hirō, ihm zu folgen. »Wir sollten unsere Spuren verwischen«, erklärte er. »Uns um diesen Schmuckhändler kümmern.«
»Du willst ihn töten?«, fragte Tarō entsetzt.
Shūsaku schnalzte mit der Zunge. »Ich töte nicht jeden , der mir begegnet«, erwiderte er in verletztem Tonfall.
Sie kehrten zu der Lichtung zurück. Der Kaufmann, der den Edelstein verschluckt hatte, atmete gleichmäßig, war aber noch immer bewusstlos. Shūsaku und Hirō trugen ihn zum Rand des Dorfes und legten ihn so hin, dass die Bauern ihn finden würden, sobald sie am Morgen zu ihren Feldern gingen.
Dann kehrten sie in den Wald zurück und hoben flache Gräber im dichten Unterholz aus. Sie begruben die Leichen der Rōnin, aber nicht, ehe Shūsaku und Tarō von ihrem Blut getrunken hatten.
Niemand sprach das Amida-Butsu-Gebet über den Toten. Sie gingen davon aus, dass die Seelen dieser Rōnin schnurstracks ins Reich der Hungrigen Geister geschickt würden, und diese Vorstellung bereitete keinem von ihnen Kummer.
Als Tarō die Erde mit einem Ast festklopfte, ließ das Knacken eines trockenen Zweiges ihn zum dunklen Wald herumfahren. Dann trat eine vertraute Gestalt auf die Lichtung, gefolgt von einer zweiten, die Tarō ebenso gut kannte – kleiner, kräftiger, weniger elegant.
»Ihr habt ja nicht lange gebraucht, um in Schwierigkeiten zu geraten«, sagte Yukiko.
Kapitel 27
Prinzessin Hana kehrte allein in das Gasthaus zurück und berichtete ihrem Gefolge, was ihr widerfahren war, wobei sie allerdings ihre Retter nicht erwähnte – auf deren Bitte hin. »Ihr müsst sehr tapfer gekämpft haben, um diese Männer zu besiegen«, sagte ihr oberster Leibwächter. »Ihr solltet stolz auf Euch sein. Nur eine wahre Samurai konnte einen solchen Mut beweisen.«
Hana lächelte. Früher hatte sie das geglaubt – dass Ehre und Tapferkeit die Domäne der Samurai seien, so wie Angelschnur und Netze die Domäne von Fischern waren.
Jetzt jedoch glaubte sie nicht mehr daran.
Kapitel 28
Shūsaku zufolge war es nicht mehr weit bis zu dem Berg, doch sie hatten das Haus der Äbtissin erst spät in der Nacht verlassen, und nun fiel der erste blasse Schimmer des Morgengrauens durch das Blätterdach.
Shūsaku führte sie durch den Wald zu einem Bach und dann den Bach entlang zu einer tiefen Höhle in einer Felswand.
»Hier werden wir vor der Sonne sicher sein«, sagte er, trat durch den klammen, kalten Eingang und ging in die dunklere, wärmere Felsenkammer dahinter weiter. Während er ein Feuer vorbereitete, beobachtete er Heikō und Yukiko, die sich unsicher nach einem Platz umsahen, wo sie sich niedersetzen konnten, ohne ihre kostbaren seidenen Kimonos zu ruinieren.
»Sie hat euch also einfach fortgeschickt?«, fragte er.
»Ja«, antwortete Yukiko. »Wir wollten gerade essen. Fisch«, fügte sie überflüssigerweise hinzu. »Ihre Augen sind zurückgerollt, und als sie wieder zu sich kam, hat sie uns befohlen, sofort zu gehen. Wir wollten nicht, aber …«
»Sie kann sehr überzeugend sein«, sagte Shūsaku. Heikō nickte und wischte sich dann mit dem Ärmel die Augen.
»Glaubst du, ihr ist etwas geschehen?«, fragte Yukiko.
Shūsaku seufzte. »Ich weiß es nicht. Aber falls ja, dann hat sie dafür gesorgt, dass ihr sicher seid. Darauf solltet ihr stolz sein.«
Yukiko schniefte und nickte steif.
»Wie habt ihr uns überhaupt gefunden?«, fragte Shūsaku.
»Wir sind seinen Spuren gefolgt«, antwortete Yukiko und deutete auf Hirō. »Er ist wie ein Büffel auf zwei Beinen.«
»He!«, rief Hirō.
»Das stimmt«, bestätigte Heikō. »Es war nicht schwer, deiner Spur zu folgen.«
»Hmm«, machte
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