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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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nur, wenn sie versagen oder … oder so etwas. Nicht grundlos, weil sie fälschlich beschuldigt werden!«
    »Fälschlich beschuldigt, ja, aber nicht grundlos«, erklärte Heikō. »Tokugawa musste seinen Sohn töten.«
    »Warum sollte er  –«
    »Überleg doch mal. Jetzt herrscht zwischen Oda und Tokugawa wieder Frieden, der Verantwortliche für den Mordversuch wurde bestraft, und alle sind zufrieden. Tokugawa hat damit eine Botschaft gesandt. Er steht fest zu der Allianz mit Oda und ist bereit, sogar seinen eigenen geliebten Sohn zu töten, um sie aufrechtzuerhalten.«
    »Aber Daimyō Oda weiß doch, dass in Wahrheit Daimyō Tokugawa dahintersteckt.«
    »Ja, sicher. Tokugawa hat ihm gleichzeitig eine persönliche Nachricht geschickt: dass ihm das Streben nach der Macht so wichtig ist, dass er keine Skrupel kennt und sogar bereit ist, die eigene Familie zu opfern, um seine Position zu halten.«
    Tarō war schwindlig. Das war nicht das ehrenvolle Leben der Samurai, über das er so viele Geschichten gehört hatte. »Warum hätte Tokugawas …« Er korrigierte sich. »Warum hätte Daimyō Tokugawas Sohn mit diesem Tod einverstanden sein sollen? Warum hat er sich nicht geweigert?«
    »Er war ein Samurai«, erklärte Heikō schlicht. »Er wusste, dass sein Tod seinem Vater nützen würde  – ihn dem Ziel, eines Tages Shōgun zu sein, näher bringen würde. Absolute Loyalität dem Fürsten und dem Vater gegenüber ist einer der wichtigsten Grundsätze des Samurai-Lebens. Deshalb sind Samurai ja auch Idioten.«
    Tarō blieb der Mund offen stehen. Er hätte sich nie träumen lassen, dass irgendjemand  – schon gar nicht ein Mädchen!  – es wagen könnte, die herrschende Klasse so offen zu kritisieren.
    »Entschuldigung«, sagte Heikō sarkastisch. »Ich habe ganz vergessen, dass Samurai dir heilig sind. Daran hätte ich denken sollen. Immerhin entstammst du einer so hochrangigen Familie. Du hast gewiss viele Samurai kennen und schätzen gelernt, in diesem kleinen Fischerdorf.«
    »Oh, sehr komisch«, sagte Tarō kühl. Doch er dachte über ihre Worte nach, obwohl Heikō sie scherzhaft gemeint hatte. Denn das wäre eine Erklärung dafür, weshalb er einen solchen Bogen besaß, oder nicht? Und eine gute Erklärung dafür, dass Ninja ihn ermorden wollten. Die alte Frau hatte behauptet, dass er eines Tages Shōgun sein würde.
    Es gab eine logische Schlussfolgerung, doch die war so absurd, dass sein Verstand nur eine Ecke davon zu fassen bekam. Die Vorstellung war zu groß, als dass ein menschliches Auge sie in ihrer Gesamtheit betrachten könnte.
    Was, wenn er gar kein Bauer war? Was, wenn er tatsächlich ein Samurai war?
    Heikō hatte nachdenklich geschwiegen. Jetzt wandte sie sich ihm wieder zu. »Also, der Sohn eines einfachen Fischers besitzt einen Tokugawa-Bogen. Eines Tages kommen Ninja in sein Dorf, um ihn zu ermorden, und er wird von einem Ninja gerettet, der dem Fürsten Tokugawa treu ist  –«
    Tarō unterbrach sie. »Shūsaku arbeitet für den Daimyō Tokugawa?«
    »Wusstest du das nicht?«
    Tarō schüttelte den Kopf. »Nein. Aber gerade eben, als du mir gesagt hast, was das für ein Mon ist … da ist mir eingefallen, dass ich das gleiche Emblem auf Shūsakus Schwert gesehen habe.«
    »Dann hat er es sicher noch von früher, als er ein Samurai war«, sagte Heikō.
    »Du meinst … er war einmal ein Samurai des Fürsten Tokugawa? Und jetzt ist er ein Ninja?«
    Heikō nickte.
    Tarō war verblüfft. Als Kind war seine Welt so einfach gewesen: Es gab die Samurai, die ehrenhaft und treu waren; es gab die Rōnin, die das nicht waren; und dann gab es Gespenster und böse Geister, gegen die man sich schützen musste. Jetzt gab es offenbar Samurai, die zu bösen Geistern werden konnten, aber dennoch ihre Treue und ihre Prinzipien bewahrten.
    Dieser Gedanke prallte in Tarōs Kopf gegen seinen eigenen gewaltigen, lächerlichen Verdacht, und er bekam das Gefühl, dass er nicht einmal eine Ecke des ungeheuerlichen Gebildes erfasst hatte  – es war nur die Kante eines Fensterrahmens, ein Stückchen Gesims, ein Stein vor der Wand des eigentlichen Gebäudes.
    Heikō runzelte die Stirn. »Was hast du?«
    »Ich dachte gerade … ich meine, das ist lächerlich, aber … diese Ninja müssen aus irgendeinem Grund auf mich angesetzt worden sein. Was, wenn … also, was, wenn ich in Wahrheit gar kein Bauer wäre? Sondern ein Samurai? Warum sonst sollten Ninja mich ermorden wollen?« Er erkannte an ihrem

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