Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)
ein wenig auf. »Tokugawa-san«, sagte er, »bitte verzeiht mir, dass ich Euch etwas verschwiegen habe. Ich wusste nicht, wie ich es Euch sagen sollte.« Er verneigte sich erneut. »Fürst Endō Shūsaku steht Euch zu Diensten.«
» Fürst?«
»Heute nicht mehr. Aber früher, ja. Die Tage, da ich Land und Dörfer besaß, sind jedoch längst vergangen. Jetzt besitze ich nur noch mein Schwert.« Shūsaku wies auf sein Wakizashi.
Hirō sah Tarō an, dann Shūsaku. »Ihr seid beide Fürsten?«, fragte er. »Und das mir, einem Bauern und Ringkämpfer. Meine Eltern wären sehr stolz auf mich.«
Yukiko öffnete und schloss mehrmals den Mund, und Tarō hätte am liebsten gelacht. Sie war so neidisch gewesen, weil er bereits verwandelt worden war, und jetzt war er obendrein ein Adliger.
Tarō ließ sie glotzen und lächelte Shūsaku an. » Wenn wir also beide Fürsten sind, könnten wir bitte auf die Förmlichkeiten verzichten?« Dann wandte er sich grinsend Hirō zu. »Aber du fängst besser auch an, dich ständig vor mir zu verbeugen«, sagte er. »Sonst lasse ich dich köpfen.«
Hirō schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht. Ich wechsle einfach die Gefolgschaft. Wenn ich Shūsaku – dem Fürsten Endō, meine ich – die Treue schwöre, wird er mich vor deinen Gewaltexzessen schützen.«
Shūsaku lächelte ebenfalls. »Deinen Treueschwur würde ich gerne annehmen, wenn du nicht bereits Tarōs treuester Freund und bester Gefolgsmann wärst.«
Obwohl er das Ganze nicht recht ernst nehmen wollte, errötete Hirō vor Freude.
»Meine … meine Eltern«, begann Tarō, konnte seine Frage aber wieder nicht aussprechen.
»Deine Eltern sind einfache Bauern. Ich glaube, deine Mutter hat dem Fürsten Tokugawa einmal geholfen, als sein Schiff auf Grund gelaufen war. Sie hat das Vertrauen des Fürsten gewonnen.«
»Außerdem ist sie eine Ama«, warf Heikō ein. » Wie die Äbtissin gesagt hat.«
»So ist es«, sagte Shūsaku. »Ein Shōgun, geboren von einer Ama … Vielleicht war es kein Zufall, dass Fürst Tokugawa dich gerade bei deiner Mutter gelassen hat. Vielleicht war es Schicksal, dass er seinen Sohn einer unbedeutenden Fischersfrau anvertraut –«
»Meine Mutter ist nicht unbedeutend «, fauchte Tarō.
»Nein … nein«, stammelte Shūsaku. »Ich meinte –«
»Das sind die Menschen, die mich großgezogen haben«, fuhr Tarō zornig fort. »Meine Mutter ist meine Mutter. Und ich werde mich trotzdem auf die Suche nach ihr machen, wenn sie mir schreibt. Ich werde zu ihr gehen, wenn diese Taube kommt. Verstehst du das, Ninja? Ich liebe sie. Ich werde nicht zulassen, dass ihr meinetwegen ein Leid geschieht.«
Shūsaku verneigte sich tief. »Selbstverständlich. Und ich werde dir helfen, sie zu finden, wie ich es dir versprochen habe. Sie ist die Frau, die dich großgezogen und ernährt hat, die dich umarmt und deine kleinen Schrammen versorgt hat. Dieses Band kann nichts durchtrennen.«
Tarō nickte zur Antwort. »Danke.« Und er war tatsächlich dankbar. Er hatte zuvor nicht recht gewusst, ob er dem Ninja vertrauen konnte, hatte sogar daran gedacht, Shūsaku davonzulaufen, sobald er wusste, wo seine Mutter war. Aber seit er gesehen hatte, wie der Ninja es mit diesen Rōnin aufgenommen hatte, ohne persönlichen Nutzen und ohne eine Belohnung dafür anzunehmen, zweifelte er nicht mehr an ihm.
Shūsaku setzte sich ans Feuer und bedeutete den anderen, sich ebenfalls niederzulassen. Yukiko jedoch blieb stehen. Sie starrte Shūsaku mit funkelnden Augen an. »Du hast Tokugawas Sohn in unser Haus gebracht?«
»Wir brauchten eine Zuflucht«, sagte Shūsaku. »Und Kleidung und … Ich wollte nicht, dass –«
Yukiko schnaubte. »Was wolltest du nicht? Dass die Äbtissin euretwegen stirbt?«
»Wir wissen doch gar nicht, ob –«
»Oh doch. Wahrscheinlich wird sie gerade jetzt gefoltert.« Sie wandte sich ab und floh schluchzend aus der Höhle. Tarō fühlte sich schrecklich. Er hatte nichts von alledem gewollt – es war gewiss nicht seine Absicht gewesen, die Äbtissin in Gefahr zu bringen.
Er stand auf. »Ich –«, begann er, doch Heikō erhob sich und streckte die Hände aus.
»Ist schon gut«, sagte sie. »Sie weiß, dass es nicht deine Schuld ist. Die Äbtissin hat an das Tao geglaubt, und das tue ich auch. Wenn es im Tao stand, dass sie sterben sollte, dann wäre es ohnehin geschehen. Dagegen sind wir machtlos.« Sie warf einen Blick zum Höhleneingang. »Ich sehe nach ihr. Sie wird
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