Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)
niemand wusste. Dich. Eine gute Idee, wie sich herausgestellt hat.«
Tarō kam ein so gewaltiger Gedanke, dass sein Geist ihn kaum fassen, geschweige denn genauer betrachten konnte.
»Jemand wollte mich ermorden lassen …«, begann er. »Und dieser Kira hat nach uns gesucht. Wir dachten damals, dass er wegen dem Überfall auf die Sänfte des Botschafters hinter uns her sei. Aber vielleicht war er sowieso auf der Jagd nach mir …«
Shūsaku nickte und beugte sich vor. »Nur weiter.«
»Ich bin Tokugawas Sohn. Also gibt es vor allem einen, der mich tot sehen will …«
Ein weiteres Nicken.
»Fürst Oda.«
Der Ninja breitete die Arme aus. »Du hast es erfasst.«
Kapitel 31
Tarōs Gefühle waren in Aufruhr. Er war in Daimyō Odas Provinz aufgewachsen. Das war wohl recht schlau von Tokugawa gewesen – von meinem Vater , korrigierte er sich. Doch das bedeutete auch, dass er damit groß geworden war, Oda als eine Art niedere Gottheit zu betrachten, als gerechten Herrn und großartigen Krieger, der immerhin ein Schwertheiliger war. Und doch … war es offensichtlich, dass nur Oda den Angriff auf sein Zuhause, den Mord an seinem Vater befohlen haben konnte.
Den Mordversuch an Tarō selbst.
Plötzlich stand ihm ein Bild vor Augen. Der Kopf seines Vaters, die Blutlache. Er scheute davor zurück wie vor einer Schlange, doch die Schlange war in ihm, und es war ein Fürst gewesen, der einen Fischer allein aus Machtgier ermordet hatte.
Tarō rang darum, das, was er stets für Gewissheit gehalten hatte, mit dem in Einklang zu bringen, was er gerade erfahren hatte.
Fürst Oda ist der Mörder. Er hat meinen Vater getötet.
Fürst Tokugawa hat also recht daran getan, diese Rōnin anzuheuern, damit sie Oda ermorden. Er ist edel und weise …
Doch sosehr er sich auch bemühte, die Gedanken wollten sich in seinem Kopf nicht zusammenfügen lassen. Sie fielen immer wieder auseinander, als würde er versuchen, glatte Kiesel aufeinanderzustapeln.
Weil Fürst Tokugawa den Anschlag auf den Daimyō Oda schon befohlen hatte, bevor die Ninja uns angegriffen haben.
Tarō blickte zu Shūsaku auf. »Fürst Oda hat von mir erfahren. Von meinem Versteck. Und er hat diese Ninja ausgesandt. Es war nicht gefährlich, mich ermorden zu lassen, weil ja niemand weiß, dass es mich überhaupt gibt. Richtig?«
Shūsaku lächelte traurig und nickte. »Ja.«
Tarō überlegte weiter. »Daimyō Tokugawa wollte mich schützen, aber er konnte nicht seine Samurai schicken, weil ich mich auf Daimyō Odas Territorium befand und er nicht offen erklären konnte, dass ich sein Sohn bin. Deshalb hat er dich geschickt.« Diese Worte purzelten hastig aus seinem Mund, so scharfkantig und hart wie Steinschlag.
Der Ninja nickte.
»Und warum hat mein – warum hat Fürst Tokugawa dir nicht mehr Männer mitgegeben?«
»Das weiß ich wirklich nicht. Er wollte, dass ich allein gehe. Das hat er unmissverständlich angeordnet.«
Shūsaku sah Tarō mit leicht zur Seite geneigtem Kopf an. Tarō holte tief Luft. »Du warst aber nicht angewiesen, mich zu verwandeln, oder?«
Shūsaku schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Ich war dazu gezwungen, weil du so schwer verwundet wurdest. Ich sollte dich retten und zur Burg Tokugawa bringen. Jetzt kann ich das nicht mehr. Für einen Mann wie den Fürsten Tokugawa wäre ein Vampir als Sohn noch schlimmer, als wenn ich ihm einen Leichnam nach Hause brächte.«
Tarō traten ungebetene Tränen in die Augen. »Wenn das wahr ist«, sagte er, »warum hast du mich dann gerettet? Warum hast du mich nicht einfach sterben lassen?«
Shūsaku hüstelte verlegen. »Daimyō Tokugawa mag ein toter Junge lieber sein als ein zum Vampir verwandelter. Aber mir nicht.«
Tarō wandte sich gerührt ab. »Mein richtiger Vater weiß also nicht, dass ich noch lebe«, sagte er, um davon abzulenken.
Shūsaku schüttelte erneut den Kopf.
»Aber Daimyō Oda weiß es. Die Taube, erinnerst du dich?«
»Ja«, antwortete Shūsaku. »Aber er wird Tokugawa nichts davon sagen. Selbst wenn er wollte, er könnte doch nicht zugeben, dass er versucht hat, den Sohn seines Verbündeten ermorden zu lassen! Sie müssen beide so tun, als hätte es diesen Vorfall nie gegeben. Und außerdem – selbst wenn er Tokugawa sagen könnte, dass du lebst, würde er es nicht tun. Es kommt ihm zupass, dass Tokugawa glaubt, seine Linie sei ausgestorben.«
Tarō überlegte weiter. »Mein … Vater … hält mich für tot. Er wird zornig auf Oda
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