Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)
sein.«
»Ich glaube, davon können wir ausgehen«, bestätigte Shūsaku.
»Und jetzt wird er sich an ihm rächen wollen.«
»Ja. Es würde mich nicht überraschen, wenn er einen weiteren Versuch unternähme, Oda selbst zu töten, da Oda keine Söhne hat. Soweit Tokugawa weiß, hat er selbst keine Söhne mehr. Der Junge, der als Geisel gehalten wird, könnte ebenso gut tot sein, so wenig nützt er ihm. Für Tokugawa ist es Zeit zu handeln.«
Tarō zog die nächste logische Schlussfolgerung. » Wenn Fürst Tokugawa entscheidet, einen neuen Anschlag auf den Daimyō Oda zu verüben, wird er keine Rōnin schicken, nicht wahr? Das ist schon einmal schiefgegangen.«
Shūsaku nickte, als wollte er sagen: Nur weiter.
»Er wird Ninja schicken.« Er sah Shūsaku an. »Er wird dich schicken.«
»Nicht mich persönlich. Ich nehme an, mich hält er ebenfalls für tot. Aber er wird meine Gemeinschaft beauftragen, ja. Ich rechne damit, dass bald eine Brieftaube den heiligen Berg erreichen wird, sofern sie nicht schon eingetroffen ist.«
»Wenn sie kommt, wirst du dann mitgehen?«
»Warum sollte ich nicht?«
»Fürst Tokugawa hält dich für tot. Müsstest du dich nicht verstecken, falls er herausfinden sollte, dass du noch lebst – und ich auch?«
Shūsaku lächelte, und seine Tätowierungen legten sich in Fältchen. »Ich kannte den Fürsten Tokugawa sehr gut, früher. Wir … nun ja, wir waren einmal Freunde. Mein Vater hat im Krieg für den Daimyō Oda gekämpft. Ich hingegen war mit der Gier des Fürsten Oda nie einverstanden. Als mein Vater starb, löste der Fürst sein Lehen auf und enterbte mich. Das war die größte denkbare Entehrung. Wenn dein Vater mich nicht aufgenommen hätte, wäre ich ein Rōnin geworden.«
Tarō beugte sich vor. »Dann ist er also ein guter Mann? Daimyō Tokugawa? Erzähl mir mehr – was ist er für ein Mensch?«
Shūsaku lächelte. »So würde ich den Fürsten Tokugawa beschreiben: Jeder weiß, dass Oda ein Schwertheiliger ist, dass er Musashi persönlich geschlagen hat. Niemand weiß etwas über Daimyō Tokugawas Fechtkunst. Aber da sie nichts wissen, könnte er ebenso gut ein Schwertheiliger sein. Verstehst du?«
»Er ist hinterlistig«, sagte Hirō.
Shūsaku lachte. »So könnte man es auch ausdrücken. Fürst Tokugawa ist ein Samurai. Ich bin nicht mit allem einverstanden, was er tut. Aber er ist tapfer, klug und entschlossen. Diese Qualitäten erkenne ich auch an dir.«
Tarō konnte seine widersprüchlichen Gefühle nicht mehr ordnen – Stolz darauf, dass er Blut und Charakter mit einem Fürsten gemein hatte, und Zorn darüber, dass er offenbar nichts mit dem Mann gemein hatte, den er stets als seinen Vater betrachtet und bewundert hatte. »Mein Vater – ich meine denjenigen, der tot ist. Er war auch tapfer und stark. Als der Hai mich gebissen hatte, hat er mich ins Dorf getragen, über eine Klippe hinweg.« Tarō öffnete sein Gewand, um seine Schulter freizulegen und die Narbe, die sich darum herumzog.
Shūsaku betrachtete die alte Wunde. »Du hast Glück, dass du das überlebt hast.«
»Nicht nur Glück. Meine Mutter und mein Vater haben tagelang in der Hütte des Heilers bei mir gesessen. Sie haben nicht geschlafen, nichts gegessen. Und sie haben ihm alles gegeben, was sie besaßen, um ihn zu bezahlen. Verstehst du das?«
Der Ninja nickte langsam. »Es ist lange er, dass ich den Fürsten Tokugawa gut gekannt habe. Aber ich glaube, er wäre mit den Eltern, die er für seinen mittleren Sohn ausgewählt hat, sehr zufrieden.«
Tarō nickte, zu gerührt, um zu sprechen.
Shūsaku schüttelte den Kopf, als hätte er Wasser in den Ohren. »Abgesehen davon hält Daimyō Tokugawa dich für tot. Und sieh mich nur an. Ich bin ein Ninja, und mein ganzes Gesicht ist mit Schrift bedeckt. Fürst Tokugawa könnte mich nie von irgendeinem anderen Mann in schwarzer Kleidung unterscheiden. Viele Jahre sind vergangen, seit er mich zuletzt gesehen hat, und damals war ich noch nicht tätowiert.«
»Wenn also der Befehl kommt, Oda zu ermorden – falls er kommt –, wirst du ihn selbst ausführen?«
»Natürlich. Ich bin der beste Ninja, den es gibt.«
Tarō nickte und griff nach seinem Bogen. »Gut. Wenn es so weit ist, schließe ich mich der Mission an. Oda hat meinen Vater getötet. Ich will ihn mir selbst holen.«
Hirō stand auf. »Und ich werde an deiner Seite sein.«
Kapitel 32
Als Heikō und Yukiko zurückkehrten, blieb Yukiko betreten vor Tarō stehen.
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