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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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Tarō an. »Der Kleine Kawabata war der dicke Junge, der dich da draußen so böse angestarrt hat.«
    »Du kennst ihn schon?«, fragte Tarō.
    »Ja. Wir haben ein paar Mal mit ihm zusammen trainiert, wenn sein Vater bei uns war, um sich mit der Äbtissin zu beraten. Er ist ein gemeines Kind.«
    »Du solltest nicht so schlecht vom Sohn eines so hochstehenden Ninja sprechen«, mahnte Shūsaku. Doch die Belustigung in seiner Stimme ließ die Wirkung seiner Worte verpuffen. »Und außerdem ist es unziemlich für einen Ninja, persönliche Abneigung zu zeigen. Denkt daran, ihr solltet stets so duldsam und nachgiebig sein wie der Fluss in seinem Bett  – er ist weich und frei von Begehren oder Hass, und doch bahnt er sich seinen Weg durch harten Fels.«
    Heikō lächelte und verneigte sich. »Selbstverständlich, Fürst Endō. Ich hege keine Abneigung gegen den Kleinen Kawabata. Ich bin nur so neidisch auf ihn, weil er der Sohn eines bedeutenden Mannes und mit so viel mehr Klugheit, Schönheit und Fähigkeiten gesegnet ist als ich.« Sie zwinkerte Tarō zu, wandte sich dann ab und spazierte übertrieben geziert und anmutig zu den Schlafnischen hinüber.
    Tarō hatte gehofft, Heikō kurz allein sprechen zu können, um sie zu fragen, ob sie mit ihm zu dem Reisspeicher hinuntergehen würde, wenn die anderen schliefen. Er wollte den Bogen wiederhaben, und er würde das ohne Shūsakus Hilfe bewerkstelligen, selbst wenn das bedeutete, dass er stattdessen Yukiko bitten musste. Sie konnte Schlösser öffnen, und sie konnte kämpfen. Aber Yukiko und Hirō waren schon vollauf mit den Waffen beschäftigt, und Tarō wusste nicht, wie er unter vier Augen mit ihr sprechen sollte. Er würde seine Expedition bis morgen Nacht aufschieben und hoffen müssen, dass der Bogen bis dahin in dem Reislager blieb.
    In diesem Moment betrat der Kleine Kawabata den Raum. Die Ähnlichkeit mit seinem Vater war erstaunlich  – der gleiche dicke Bauch, der gleiche watschelnde Gang. Er funkelte Tarō böse an. »Tja, noch ein Samurai, der zum Verräter und Ninja geworden ist. Ich weiß nicht, ob es da schlimmer oder weniger schlimm ist, dass du dachtest, du seist nur ein Bauer.«
    »Er hat um all das nicht gebeten«, sagte Shūsaku.
    »Natürlich nicht«, erwiderte der Kleine Kawabata. »Das habt Ihr auch nicht, als Ihr den rechtmäßigen Platz meines Vaters als Klanoberhaupt eingenommen habt. Dieses Ninja-Mädchen hat Euch aus Liebe verwandelt, behauptet Ihr das nicht immer?«
    Shūsaku seufzte. »Ich war tödlich verwundet. Sie hat mich gebissen, um mich zu retten.« Seine Stimme klang müde, als hätte er das schon viele Male erzählt.
    »Ja, ja, das sagt Ihr. Und dann ist sie zufällig gestorben, an einem Tag, an dem es nicht einmal einen Kampf gab! Wie praktisch.«
    Shūsaku trat mit geballter Faust einen Schritt auf den Jungen zu, und Tarō glaubte einen Moment lang, dass er ihn schlagen würde. Doch er rieb sich nur mit der Hand die Maske, streckte den Nacken und ließ die Knochen knacken. »Geh schön spielen«, sagte er. »Dein Vater hat diese Verleumdungen erzählt, und du bist der Einzige, bei dem sie hängen geblieben sind.«
    »Ich verstehe nicht, warum er seine Zeit mit offenen Vorwürfen vergeudet hat«, sagte der Kleine Kawabata, als er auf dem Absatz kehrtmachte. »Er hätte Euch einfach als Mörder hinrichten lassen sollen.«

Kapitel 39
    An demselben Abend spazierte Jun’ichirō, der Gerbersohn, den Gebirgsbach hinab zu den Gerbereien, die flussabwärts lagen, damit sie das Trinkwasser des Dorfes nicht vergifteten. Er befand sich auf den unteren Hängen des heiligen Berges, weit unterhalb der kleinen Hütte an der Steilwand, der man sich nie nähern sollte, weil es angeblich darin spukte. Doch auch hier war es noch so steil, dass der Weg Konzentration erforderte und einen oft mit einem verknacksten Knöchel bestrafte, falls man ihm diesen Tribut nicht zollte.
    Er trat gegen einen Stein, der platschend ins Wasser fiel. Wieder einmal hatten die anderen Kinder nicht mit ihm spielen wollen, was Jun’ichirō nur zu deutlich erkannt hatte, als sie begonnen hatten, ihn mit Matsch und Steinen zu bewerfen, so dass er nach Hause zurücklief. Dies war das letzte Mal gewesen, er würde es nicht noch einmal versuchen.
    Jun’ichirō war ein Eta  – unberührbar. Seine Familie stellte das Leder her, das die Körper und Pferde der Samurai schmückte. Doch weil man zum Gerben dieses Leders unter anderem Tierhäute mit zerstampftem Hirn und

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