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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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dank der Höhlen und der Abdeckung über dem Krater.«
    Hirō, Yukiko, Heikō und der Kleine Kawabata begleiteten sie, doch der Kleine Kawabata sprach kein Wort mit Tarō und würdigte ihn keines Blickes. In dieser ersten Stunde zeigte Shūsaku ihnen die Grundlagen des Taijitsu  – des waffenlosen Kampfes.
    Sofort nach ihrer Lektion forderte Hirō Yukiko zu einem Kampf heraus.
    Er verlor.
    Bald gingen sie zum Schwert über, das sie wie von selbst so schnell zu führen lernten, als hätten sie alle ihre Kindheit mit dem Katana in der Hand verbracht und inzwischen bloß einiges vergessen. Anfangs bekamen sie nur hölzerne Bokken zum Üben  – sie hatten keine Klinge, waren aber hart und schwer genug, um Knochen zu brechen, wenn Angreifer und Verteidiger nicht aufpassten. Tarō machte jedoch so schnelle Fortschritte mit den Hauptformen des Kenjutsu, dass Shūsaku ihm bald ein Katana anvertraute. Tarō liebte die elegante Klinge, trotz der kleinen Scharten und Kratzer. Er nahm das Schwert in einer mit Silber ziselierten Scheide sogar zum Schlafen mit in seinen Alkoven.
    Auch der Kleine Kawabata kämpfte sehr bald mit einem echten Schwert.
    Wenn Shūsaku sie nicht gerade unterwies, zogen Yukiko und Hirō zusammen los und übten sich im Ringen oder Fechten. Beide waren hervorragende Schwertkämpfer, und oft war das Klirren von Metall auf Metall zu hören, denn dank ihrer raschen Fortschritte durften sie inzwischen alle mit echten Schwertern üben.
    Aber keiner von ihnen war so gut wie Tarō.
    Er hatte noch nie so etwas erlebt wie die Freude  – die Vollkommenheit   –, die er empfand, wenn er das Schwert schwang. Es war eins mit ihm, er war Meditation in Bewegung. Da waren die Sterne des Kraters, die Langeweile vieler Unterrichtsstunden, die Shōgi-Runden mit Heikō, die ihm das Spiel beigebracht hatte, und die Gespräche mit seinen neuen Freunden, doch vor seinem inneren Auge sah er immer das Blitzen von Stahl.
    Stets spürte er die Freude an schneller Bewegung und einer scharfen Klinge, die die Luft teilte.
    Doch heute wollte Shūsaku nicht mit ihm trainieren. Er wollte Tarō eine seiner eigenen Kata zeigen, eine feste Abfolge von Bewegungen, die ein Schwertkämpfer immer wieder einübte, bis ihre Ausführung so schnell, fließend und unaufhaltsam auf einen bestimmten Fehler des Gegners folgte wie Kreise um einen Stein, den man ins Wasser wirft.
    »Können wir nicht einfach kämpfen?«, fragte Tarō. »Schlagfolgen auswendig zu lernen wird mir in der richtigen Welt nicht helfen.«
    Shūsaku schürzte die Lippen. »Die meisten Schwertkämpfe in der richtigen Welt «, sagte er, »sind vorüber, ehe dein Herz zweimal geschlagen hat. Wenn du diese Kata jeden Tag übst, so dass du sie ausführen kannst, ohne nachdenken zu müssen, verschafft dir das einen Vorteil gegenüber deinem Gegner.«
    Tarō nickte, noch immer nicht überzeugt. Er mochte die willkürliche Spontaneität ihrer Übungskämpfe, das Gefühl, dass der Kampf ein Eigenleben hatte und sich ständig aus den Bewegungen und blitzschnellen Entscheidungen der Kämpfenden weiterentwickelte. Kata kamen ihm langweilig und steif vor, wie die Regeln, die das Leben einer Geisha beherrschten. Sie schienen nicht zu Ninja zu passen, die doch listig und unberechenbar sein sollten, statt ihre Bewegungen auf auswendig gelernte Muster zu beschränken.
    Shūsaku begann mit einer leichten Verbeugung, die Tarō erwiderte. Dann hob der Ninja das Schwert. »Mach dich bereit«, sagte Shūsaku. »Halte dein Schwert so, wie du es normalerweise tun würdest, um meinen Hieb zu parieren.«
    Tarō rückte argwöhnisch näher, hielt den Blick fest auf den Ninja gerichtet, und sein Schwert zitterte leicht in der Hand. »Gut«, sagte Shūsaku. »Jetzt stell dir vor, wir wären Todfeinde. Versuche, mich schnell zu töten. Reagiere so, wie du es normalerweise tun würdest.« Während er das sagte, bewegte er sich vorwärts und neigte das Schwert einen Hauch nach rechts, hielt den Blick aber gesenkt und auf Tarōs Gesicht gerichtet.
    Tarōs Blick huschte zu den Füßen des Ninja hinab und suchte nach den verräterischen Muskelbewegungen, die sein Lehrer ihm gezeigt hatte  – sie enthüllten einem, ob der Gegner gleich mit einem Ausfallschritt zustechen würde.
    Shūsakus Füße standen flach und fest auf dem Boden.
    Tarō grinste innerlich. Er erkannte die Absicht des Ninja. Shūsaku wollte ihn glauben machen, dass er vorwärts zustoßen würde, während er tatsächlich einen Hieb

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