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Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert

Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert

Titel: Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo
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Mutter?«
    »Bleibt im Gefängnis.«
    Bedrückt verließ Miriam das Zimmer.
    Von da an machte sie sich nicht nur Sorgen um Luzie, sondern auch darüber, ob die geplante Flucht mit dem Ballon gelingen würde. Je näher der Termin rückte, umso aufgeregter wurde sie.
    * * *
    Sie waren bereit. Die Gepäckstücke standen im Flur. Die Vorhänge waren zugezogen. Das Licht im ganzen Haus war aus. Nur in der Küche brannte eine kleine Lampe. Der Ballon lagzusammengelegt als riesiger Stoff haufen im Wohnzimmer. Die Gasflaschen standen im Bad, neben dem Brenner und einem umgebauten Motorradmotor. Die zusammengeschraubte kleine Gondel lag im Schlafzimmer von Miriams Eltern.
    »Nur das Nötigste«, sagte Miriams Vater, als es zuletzt darum ging, die Reisetaschen zu packen.
    Ein paar Fotos, Geld, einige wenige persönliche unterlagen, Toilettenartikel, ein bisschen Wäsche. Mehr nicht. Miriam packte mich in den Korb mit dem Reiseproviant. Als alles fertig war, setzten sich die Eltern und Miriam ins dunkle Wohnzimmer und warteten.
    Genau um halb zwei in der Nacht klingelte es ganz kurz an der Haustür. Es waren Herr und Frau Wellinghaus.
    »Wo sind die Kleinen?«, fragte Miriams Mutter.
    »Die schlafen im Auto«, entgegnete Frau Wellinghaus.
    Miriams Vater drängte zur Eile. Die Männer trugen die zusammengelegten Stoff ballen hinaus in die Hofeinfahrt und beluden den Anhänger, der an den Wartburg gehängt war. Durch das enorme Gewicht senkte der Anhänger sich so sehr, dass die Ladefläche beinahe den Boden berührte. Dann schleppten sie die Gasflaschen, den Brenner, die Gondel und den Motor nach draußen und beluden damit den Anhänger der Wellinghaus’.
    Als alles in den Autos und auf den Anhängern verstaut war, löschte Miriams Mutter das Licht in der Küche und schloss ein bisschen wehmütig die Haustür hinter sich.
    »Macht schon, alles einsteigen«, sagte Herr Wellinghaus ungeduldig. »Es geht los.«
    Wir fuhren an Toms Haus vorbei. Es war stockdunkel. Nicht einmal die Straßenlaternen brannten. Die ganze Stadtwirkte wie ausgestorben. In keinem Haus brannte noch Licht. Als wir Plauen hinter uns gelassen hatten, schien es noch dunkler und stiller zu werden. Wenige Kilometer hinter der Stadt bogen wir in einen Feldweg ein, fuhren ohne Licht und im Schritttempo durch ein Waldstück und hielten schließlich auf einer Wiese.
    Alle stiegen aus. Schweigend luden die Männer die zusammengenähten Stoff bahnen aus dem Anhänger und legten sie auf der Wiese aus. Anschließend wurde die kleine Gondel am Boden verankert. Auch der Ballon, der im feuchten Gras lag, wurde mit Rohren festgemacht. Der kleine Motorradmotor, den Miriams Vater zu einem Gebläse umgebaut hatte, um damit Luft unter die Ballonhülle zu blasen, wurde startklar gemacht. Dann wurden der Brenner und die Gasflaschen angebracht.
    »Los, schnell!«
    Die Kinder wurden geweckt. Herr Wellinghaus hob sie in die Gondel. Auch Miriam stieg zu. Zum Schluss kletterten die Erwachsenen in die Gondel. Der Brenner wurde gezündet und die Verankerung gelöst. Schon stieg der Ballon, der wie ein riesiger Flickenteppich aussah, dem Himmel entgegen.
    Die Gesichter entspannten sich. Herr Wellinghaus lächelte. Miriams Vater schmunzelte und reckte den Daumen in die Höhe, bis Miriams Mutter plötzlich ganz aufgeregt mit sich überschlagender Stimme schrie: »Es brennt!«
    Tatsächlich, ein Teil des Ballons fing Feuer.
    »Was machen wir jetzt?«, rief Frau Wellinghaus völlig aufgelöst, während ihr Mann kurz entschlossen zu einem kleinen Feuerlöscher griff und Schaum auf die Brandstelle sprühte. Die Flammen an der Ballonhülle wurden erstickt.
    »Glück gehabt!«
    Fürs Erste , dachte ich. Aber das nächste unheil bahnte sich schon an und war bereits deutlich in der Ferne zu sehen.
    »Was sind das für Lichter?«
    Miriam zeigte in die Dunkelheit, wo kleine gelbe Kreise am Himmel umherwanderten.
    »Scheinwerfer!«, kam von Miriams Vater. »Das muss die Grenze sein. Das sind die Suchscheinwerfer der Grenzanlage!«
    »Verdammt!« Herr Wellinghaus sah zu Miriams Vater. »Dreh den Brenner auf!«
    Miriams Vater drehte am Ventil des Brenners, während Herr Wellinghaus rief: »Wir müssen höher!«
    »Wie hoch sind wir?«
    »Tausendachthundert Meter! Dreh auf!«
    »Ja doch!«
    »Zweitausend! Mehr!«
    Das Licht der Suchscheinwerfer wurde schwächer.
    »Zweitausenddreihundert Meter!«
    »Sie sind kaum mehr zu sehen.«
    »Gott sei Dank.«
    »Wie hoch?«, fragte Miriams

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