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Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Bewegung im Opal selbst erzeugte. Die Reibungshitze hätte den Planeten abgeschmolzen, wenn seine eigene Atmosphäre von der des Opals nicht getrennt gewesen wäre. Er drehte sich mit seiner Atmosphäre in einer luftleeren Tasche, tropfenartig verformt durch den Opalwind. Dort, wo die Atmosphäre des Opals auf den feldgestützten Schirm stieß, entstand ein riesiges Plasmafeld, das die ihm zugewandte Hälfte des Planeten mit seinem harten und weißen Licht beleuchtete. Woher der Planet die Energie gewann, die bei der Reibung am Opal in Licht umgewandelt wurde, verrieten die Taan nicht. Latil sah den Planeten näher kommen, seine Tagseite überzogen von einer an den Rändern dünner werdenden Kappe blendenden Lichts, der weiße Himmel Linophrynes. Mit den Turbulenzen, die der Planet im Opal hinter sich herzog, hatte die Echo keine Schwierigkeiten. Das Licht wurde selbst in der Kameraübertragung unerträglich, als die Echo auf der Höhe des Terminators in den Schirm eintrat. Ein Planet als seine eigene Sonne. Typische Taan-Idee.

Landgänge
     
    Die Stachelwesen sahen aus wie Kleinausgaben der Abfangjäger. Dicht gedrängt standen sie um die Gruppe herum, die sich auf einem Transportband immerhin so schnell bewegte, dass Keas Haare flatterten. Die sandgraue Höhle, oval im Querschnitt, durch die sie sich hindurchbewegten, war in Abständen von Querbögen segmentiert, die Latil unangenehm an die Knorpelanatomie einer Speiseröhre erinnerten. Riesige Schneckengehäuse hingen in der Luft, ob abgebildet oder real, war nicht zu erkennen. Kea trug einen dunkelblauen Anzug, dessen spitze Fortsätze den Stachlern stilistisch voll entsprachen. Ihr ebenfalls dunkelblauer Lippenstift war farblich perfekt auf den Abzug abgestimmt. Nidihann trug ihren ekelhaften Adernanzug, ihre Haut hatte eine gelbliche Farbe, »asiatisch«, hatte sie leichthin erläutert, als wisse ohnehin jeder, was damit gemeint sei. Domale Make und Tendrak drückten sich hinter ihrem Rücken herum. Als Latil an Domale Make dachte, wurde sie sich erst der Tatsache bewusst, dass sie nur von Taan und ihren Kreaturen umgeben war, von Eytarri einmal abgesehen. Und es war noch lange nicht erwiesen, dass der Zamna nicht auch eine Kreatur der Taan war. Alle Taan hatten ihre Begleiter dabei. Latil zog ihre Hand zurück, als Nidihann danach greifen wollte. Das Transportband schien weitgehend ohne Reibung zu arbeiten. Man hörte nur den Fahrtwind. Die Fortsätze der schwarzen Stachler klickten gegeneinander, als seien sie aus Chitin. Die roten Spitzen der Stacheln tasteten die ganze Gruppe geduldig ab. Kea hatte ihr erklärt, dass diese Wesen Bürger seien, spezialisiert auf die Aufnahme und Weitergabe von Informationen. Sie stellten einen Teil des Nachrichtensystems auf Linophryne dar und waren ihrer Auskunft nach absolut harmlos.
    »So harmlos wie die Abfangjäger?«, hatte Latil trocken bemerkt.
    »Nein. Die Abfangjäger sind… anders«, war Keas Antwort gewesen. »Die hier sind harmlos. Sie paaren sich sogar mit den Stacheln. Keine Sorge. Brunftzeit ist erst in zwei Monaten.«
    Latil sah auf und bemerkte, dass sich manche der Schneckengehäuse drehten.
     
    Latil wunderte sich nicht mehr. Diese Leute hatten ein Sonnensystem nach ihren Vorstellungen verändert, warum sollten sie keine Hallen bauen können, in denen es regnete? Es regnete auf den unsichtbaren Schirm herab, unter dem die lokalen Honoratioren die Pilger empfingen. Auch die hiesige Mode war erstaunlich schmucklos, Kea und Nidihann wirkten wie Exoten in der großen Menge grauer und schwarzer Anzüge, die sie umgaben. Latil spürte instinktiv, dass auf Linophryne nicht alles seinen gewohnten Gang ging. Eine ganze Anzahl der Taan, die sie umstanden, trugen Stäbe wie den, mit dem Domale Make sie bei ihrer ersten Begegnung in Schach gehalten hatte. Ein gewisser Sodech langweilte seine Zuhörer mit einem unnötig ausführlichen Willkommensgruß. Er sprach ermüdend lange von außergewöhnlichen Ereignissen, unvorhergesehenen Prüfungen und der gefestigten Treue der Taan von Linophryne zum Opal. Er hieß die Pilger trotz der gegenwärtigen Umstände herzlich willkommen, empfahl ihnen eine ausgedehnte Besichtigung der unvergleichlichen Schönheiten Linophrynes und bekundete, dass die Sicherheitslage allgemein gut sei. Latil konnte die nackte Angst hinter dem blasierten Geschwafel spüren. Sie genoss diese Wahrnehmung, denn das war ihr noch bei keinem Taan begegnet. Als ihre Beine schon zu schmerzen begannen,

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