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Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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unterbrach Kea Sodech. Sie erklärte knapp und bündig, dass die große Wallfahrt dieses Jahr tatsächlich unter erschwerten Umständen stattfinde, dass dies aber niemandem das Recht gebe, seine religiösen Pflichten zu vernachlässigen. Sie leite diese Wallfahrt und gedenke sie exakt nach den Traditionen durchzuführen. Sodech sei deswegen gehalten, sie und ihre Gäste zum inneren Schrein zu bringen und sie danach bei der Würdigung zu begleiten. Als sie aufhörte zu sprechen, herrschte betretenes Schweigen ringsum, unterlegt von leisem Murmeln und angespanntem Fußscharren. Die aufragenden Stäbe schwankten über der Menge, wenn ihre Träger das Standbein wechselten. Latil wusste nicht, was Kea mit dem inneren Schrein meinte, und auch nicht, was die Würdigung sein sollte, aber sie begriff eines doch sehr deutlich: Linophryne trauerte sehr um Eline. Man schien sich nicht recht mit der Idee abfinden zu wollen, dass er ein Verräter sein sollte, und Kea war hier nur zweite Wahl. Bei einem Blick über ihre Schulter sah sie in Domale Makes breites Gesicht. Er hielt rein zufällig gerade seine Waffe in der Hand; sie wusste nicht, wo die hergekommen war, auf dem Transportband hatte er sie jedenfalls noch nicht getragen. Latil war von dem Gedanken nicht sehr angetan, dass Domale Make sich auf diese Weise als ihr Beschützer aufführte, aber immerhin zeigte es, dass über ihre Funktion auch auf Linophryne mehr oder weniger Klarheit herrschte. Die über dem Ganzen schwebenden Stachelwesen zeichneten alles auf, langsam rotierend. Sodech verbeugte sich schließlich, legte seine Hände in einer Art Höflichkeitsgeste ineinander und sagte: »Treue.«
     
    Der innere Schrein war ein auffällig schlichter Raum, in dem ein rotierendes Mondo des Opals hing, über einem schwarzen Kästchen, das angeblich einen kleinen Krümel des Ursprungsasteroiden enthielt. Daran glaubte Latil nicht ein Sekunde, und mehr noch, sie merkte deutlich, dass auch die Taan nicht daran glaubten, aber Kea machte ihre Sache erstaunlich gut, wenn man bedachte, was für eine Zynikerin sie war. Von einem langen Vorbereitungsritual mit stilisierten Waschungen, Verbeugungen und Kniefällen abgesehen, bestand die Zeremonie hauptsächlich darin, dass Kea ihre behandschuhten Finger über das schwarze Kästchen hielt, wodurch es zu leuchten begann. Nach kurzer Zeit erzeugte es die üblichen goldenen Funken, die in das Innere des Opalmondos aufstiegen und sich dort zu ästhetisch ansprechenden Mustern zusammenfügten. Danach hatte man den religiösen Pflichten Genüge getan und konnte zur Würdigung übergehen. Zuerst sollten die fliegenden Seen gewürdigt werden.
     
    »Du hast es natürlich gemerkt«, sagte Haku zu Latil, als die ganze Gruppe zum Fährhafen unterwegs war. Sie saßen ein wenig abseits von den Würdenträgern und ihrem Gefolge, das auf Sodechs Seite wie zufällig eine ganze Hand voll Stabträger einschloss. Die Röhrenbahn, in der sie transportiert wurden, war bis auf die Sitze durchsichtig. Latil hätte auf die Landschaft verzichten können. Der harte und heiße Himmel strahlte auf ein Land in falschen Farben herunter, das ungewohnte Spektrum des Lichts machte die Vegetation zu grün, alle Farben zu intensiv. Da das Licht von allen Seiten zugleich kam, gab es auf Linophryne nur schwache Schatten. Ohne Schatten fehlten Kontraste, dadurch konnte sich Latil nur sehr schlecht im Gelände orientieren. Wie weit entfernt war zum Beispiel jene Hügelkette dort, die sich dumpfblau vom Horizont abhob?
    »Die Flotte«, sagte Haku und zeigte auf einen Schwarm von Punkten, der lotrecht über der Hügelkette zu hängen schien.
    Latil fühlte sich krank. Um das Gespräch in Gang zu halten, fragte sie: »Was gemerkt?«
    »Sie reden nicht offen darüber, aber es gibt ernsthafte Probleme. Während der Schreinzeremonie habe ich mit einem der Freunde Sodechs gesprochen und er hat mir erklärt, warum Sodech so viel geredet hat. Auf einem der Hafenmonde von Linophryne, Darius, hat es einen Fresserüberfall gegeben, der ein Schiff zerstört hat. Meines Wissens hat es das bisher noch nie gegeben.«
    Latil hörte nur halb zu. Sie fühlte sich nicht wohl. Mit einem Auge beobachtete sie, wie Eytarri sich an Sodech heranmachte, um nach einer gewundenen Einleitung seine Beschwerde wegen des Vertrags vorzubringen. Sodech antwortete darauf nicht einmal. Als Eytarri eine ganze Weile wie gegen eine Wand geredet hatte, gab er auf.
    »Und die Hunde. Eines der Opalwunder von

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