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Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Instrumente zielsicher auf die verwundete Schulter zu. Die beiden Begleiter schob er vorsichtig von dem Wundkrater weg, um ihn mit neugierig nickenden Bewegungen des Instrumentenkopfes zu inspizieren. Die ruckelnden, widerstrebenden Bewegungen der Begleiter erinnerten Latil an die zuckenden Symbionten.
    »Entschuldigung«, sagte die Passage englouti.
    »Höhere Gewalt«, sagte Latil trocken.
    »Sie hat jetzt das Patent für den ganzen Opal und drei Nachbarsysteme. Zurückdatiert auf gestern. Aber wenigstens muss ich ihr für diese Sache hier noch keine Lizenzgebühr bezahlen.« Nach einer Weile fügte das Schiff hinzu: »Ich werde jetzt weniger reich.«
    Der Instrumentenkopf besprühte die Wunde mit einem feinen Nebel. Nach kurzer Zeit hörte Haku auf zu zittern.
     
    Die Steine waren zwar relativ groß, aber sie sahen nicht sehr beeindruckend aus. Sie waren einander in Form und Größe ähnlich, aber nicht identisch. Die Oberflächen der Quader waren nicht sehr sorgfältig geglättet worden, man hatte auf Perfektion verzichtet. Die Steine waren in ein mildes Licht getaucht, das auch den Fußboden vor der Trennscheibe noch leicht rötlich färbte, vielleicht einen halben Meter weit. Latil musste an Kunst denken. Die Steine sahen aus wie ein Ausstellungsstück. Als Kunstwerk hätten sie ihr gefallen. So war Latil nur verwirrt.
    »Das ist eure Regierung?«, fragte sie.
    Haku versuchte zu lächeln, aber ihm war nicht danach. Sein rechter Arm war immer noch fixiert, damit das zarte Gewebe in seiner Schulter nicht beim Nachwachsen gestört wurde. Er hatte es auch psychisch noch nicht völlig verkraftet, angeschossen worden zu sein.
    »Regierung. So könnte man es nennen. Die Reinen sind eine Linse für die Abstimmungsergebnisse unter den Bürgern, sie bündeln die verschiedenen Arten, ›Ja‹, ›Nein‹ und ›Ich weiß nicht‹ auszudrücken, zu einem eindeutigen Votum. Sie sind aber auch ein Orakel. Man kann sie befragen, und sie antworten. Vielleicht nicht gleich, aber sie antworten. Vielleicht versteht man nicht, was sie sagen, aber sie haben geantwortet.«
    »Frag sie doch, was wir jetzt tun sollen. Vielleicht wissen sie es ja.«
    »Nicht jetzt«, sagte er bestimmt. »Die Reinen… schlafen jetzt. Und Kea stellt ihnen diese Frage jeden Tag.«
    Latil sah sich die Steine noch einmal an. Leises Gezischel der Stimmen in ihrem Körper. Schlangengezischel der Intuition.
    »Eytarri hat Recht mit seinem Klangstein. Ihr habt ihn betrogen, nicht wahr? Ihr wollt nicht nachgeben, aus reiner Arroganz. Oder ›Treue‹.«
    Haku antwortete nur: »Er hat auf mich gezielt.«
    »Was hat er?«, fragte Latil.
    »Er hat auf mich gezielt. Er stand ein, zwei Sekunden da, nachdem er hinter dem Baum hervorgesprungen war, und zielte auf mich. Ich wollte ihn gerade bitten, damit aufzuhören, da drückte er ab.«
    Latil wusste nicht, was sie davon halten sollte. »Warum sollte Eytarri auf dich schießen?«
    »Er wollte mich umbringen. Nein, ich weiß auch nicht warum. Vielleicht wollte er sich für den Klangstein an mir rächen.« Haku klang überzeugend bitter. Er wirkte, als fühle er sich ungerecht behandelt. »Glaub, was du willst, aber Eytarri wollte mich im Wald umbringen.«
    Latil dachte eine Weile nach. In der Kammer hinter dem Glas tat sich überhaupt nichts. Die Steine lagen einfach nur da, einer neben dem anderen, und stellten eine Regierung dar. Sie hatte schon Regierungen gesehen, die schlimmer aussahen, zum Beispiel all die halbhumanen Gangster, die sich in Operettenuniformen auf goldenen Thronen herumlümmelten. Es gab Schlimmeres als Regierungen, die auf dem Boden lagen und schwiegen. Die Silhouette Hakus vor der rötlich erleuchteten Kammer der Reinen.
    »Habt ihr die Reinen schon einmal gefragt, wie sie über Eytarris Klangsteine denken?«
    »Du glaubst ihm?«, entgegnete Haku scharf.
    »Und wenn? Kea hat mir erklärt, dass es in Taa keinen Begriff für Wahrheit gibt.«
    »Wenn ich mit dir diskutieren wollte, würde ich jetzt erwidern, dass es für vernunftbegabte Wesen sehr wohl eine bestimmte Sache geben kann, ohne dass ihre Sprache einen Begriff dafür kennt. Aber ich diskutiere gar nicht mit dir. Ich möchte nur wissen, ob du Eytarri glaubst.«
    Sie dachte ernsthaft darüber nach. »Ja.«
    »Danke.«
    Erst als sie in einer der gläsernen Sphären zur Passage englouti zurückkehrten, ging ihr auf, dass Haku ihre Frage nicht beantwortet hatte.
    »Und wie denken die Reinen selbst über Eytarris Problem?«
    Haku antwortete

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