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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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alten Hunger in seinen Augen auf, als er Brica betrachtete. Regina war stolz, als Brica seinen lasziven Blick voller Verachtung erwiderte.
    »Deine Begleiterin ist reizend«, sagte Amator aalglatt. »Ihre Blässe verleiht ihr in diesen wärmeren Klimazonen ein exotisches Aussehen.«
    »Ihr Name ist Brica«, sagte Regina. »Sie ist meine Tochter. Und deine, Amator.« Sie hörte, wie Brica nach Luft schnappte; Regina hatte sie nicht vorgewarnt. »Obwohl ich, ehrlich gesagt, nicht genau weiß, ob du es warst oder Athaulf, dessen rastloser Schwanz mich in jener Nacht geschwängert hat.«
    Amators Blick bewölkte sich. Aber er lächelte Brica erneut an, wenn auch bedeutungsvoller als zuvor. »Wein, Sulla«, sagte er leise.
    Der Junge starrte Regina und Brica, diese Relikte der komplizierten Vergangenheit seines Herrn, nun mit unverhohlener Feindseligkeit an. Aber er ging den Wein holen.
    Amator bat seine Gäste mit einer Handbewegung zu den niedrigen Liegesofas, die um den Brunnen standen. Sulla kam mit einem Weinkrug und einem Wasserkrug, drei schönen blauen Gläsern und Tellern voller Feigen, Oliven und Äpfeln zurück. Trotz ihres Hungers nippte Regina nur ein wenig am Wein. Aber Brica schlang trotz der Neuigkeiten, die sie soeben erfahren hatte, hemmungslos die Äpfel hinunter; ihre animalische Direktheit schien Amator zu verblüffen.
    Wachsam und abwägend erzählte Amator, der sich unverkennbar fragte, was Regina von ihm wollte, ihr ein wenig von sich selbst. Er war zusammen mit seinem Partner Athaulf nach Rom gekommen. Der Visigote war schon längst aus seinem Leben verschwunden; Regina hätte gern gewusst, ob ihre Beziehung tiefer gewesen war, als sie in jener Nacht, in der sie von den beiden benutzt worden war, vermutet hatte. Trotzdem waren sie lange genug zusammengeblieben, um ein erfolgreiches Frachtunternehmen für Getreide aufzubauen.
    »Rom ist eine Stadt, die pausenlos Hunger hat, Regina«, sagte er. »Seit den Tagen Julius Cäsars ist sie außerstande, sich selbst zu ernähren, und Augustus hat die annona eingeführt.« Das war eine kostenlose Getreideration, die an ärmere Bürger verteilt wurde.
    »Wir haben den Hafen gesehen – die Getreideflotte.«
    »Ja. Und bei solch gewaltigen Güterströmen gibt es selbst in schwierigen Zeiten wie diesen jede Menge Gelegenheiten für einen intelligenten, charmanten Mann, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
    »Und diese Eigenschaften hattest du immer schon in reichem Maße.«
    »Für den Sohn eines Dieners aus den Provinzen habe ich mich gut gemacht, meinst du nicht? Ich habe einen langen Weg von dort bis zu alldem hier zurückgelegt.«
    Brica beugte sich vor und sagte, den Mund voller Obst: »Weshalb hast du einen Purpurstreifen an deinem Umhang? Das sieht albern aus.« Es war das erste Mal, dass sie das Wort an ihn richtete.
    »Ich gehöre zum Ritterorden«, sagte er ruhig. Er zeigte ihr einen großen, protzigen Goldring. »Das ist ein alter Orden aus der Zeit vor den Kriegen gegen Karthago, als die reichsten Bürger aufgefordert wurden, zur Verteidigung der Republik die Kavallerie zu finanzieren. Heute steht er allen erwachsenen Bürgern offen – vorausgesetzt natürlich, man hat genug Geld. Der Kaiser stellt mir sogar ein Pferd zur Verfügung! Aber ich reite nicht; ich halte das Tier in einem Stall in meinem Haus auf dem Land. Ich habe diverse staatsbürgerliche Verpflichtungen, und…«
    »Du bist auch Mitglied dreier Gilden«, sagte Regina. »Und du hast mehrere Gönner, darunter einen Senator namens Titus Nerva.«
    Amator beugte sich vor. »Du weißt also über mich Bescheid, wie der eine Teil eines alten Paares über den anderen.«
    »Oder wie ein Jäger über seine Beute.«
    »Nun, dann bist du mir gegenüber im Vorteil«, sagte er. »Du kennst meine Biografie, aber ich habe seit jener Nacht des Überschwangs und der Torheit damals, die ich fast schon vergessen hatte, nichts mehr von dir gehört.«
    »Ich habe sie nicht vergessen. Nach jener ›Nacht des Überschwangs‹ hast du mich schwanger sitzen lassen. Du oder dein germanischer Freund. Verulamium ist gefallen. Weil du das Geld deines Vaters gestohlen hattest, konnten wir nicht nach Armorica fliehen. Ich musste schwanger durchs ganze Land marschieren. In einem leer stehenden Rundhaus der Celtae habe ich mein Kind zur Welt gebracht. Da war ich gerade neunzehn Jahre alt.
    Zwanzig Jahre lang habe ich einen Bauernhof bewirtschaftet und meine Nahrung mühsam aus dem Boden geholt. Aber ich habe

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