Der Orden
Staubwolken; der äußere hat einen Durchmesser von rund hundert Lichtjahren.«
»Und das helle Objekt im Zentrum?«
»Auch so ein Sternhaufen. Sehr dicht. Man glaubt, dass er ein schwarzes Loch mit der Masse einer Million Sonnen in sich birgt.«
»Ich sehe aber keine Aliens.«
Er fuhr die Ringe mit dem Finger nach. »Diese Ringe dehnen sich aus. Hunderte von Kilometern pro Sekunde. Und die weniger strukturierten Wolken sind heiß und turbulent. Man glaubt, dass es sich bei den großen Ringen um die Überreste starker Explosionen im Kern handelt. Vor ungefähr einer Million Jahren hat es einen großen Knall gegeben. Die letzte Eruption scheint vor siebenundzwanzigtausend Jahren stattgefunden zu haben. Das Licht hat fünfundzwanzigtausend Jahre gebraucht, um hierher zu gelangen – es ist also vor ungefähr zweitausend Jahren bei uns angekommen; kann sein, dass die Römer etwas gesehen haben… wenn man eine weniger starke Vergrößerung wählt, sieht man die Trümmer weiterer, noch länger zurückliegender Explosionen, die zum Teil noch viel gewaltiger waren.«
»Explosionen?«
»Niemand weiß, was sie verursacht. Physikalisch gesehen sind Sterne einfache Objekte, George. Genauso wie Galaxien. Viel einfacher als Bakterien, zum Beispiel. Es dürfte eigentlich keine solchen Rätsel geben. Ich halte es für möglich, dass hier Intelligenz am Werk ist – oder vielmehr Dummheit.«
Ich lachte, aber es war ein Lachen des Staunens über die Kühnheit der Idee. »Das Zentrum der Galaxis als Kriegszone?«
Er verzog keine Miene. »Warum nicht?«
Mich überlief ein eisiger Schauer, aber ich wusste nicht genau, weshalb. »Und wie passt Kuiper da hinein?«
»Ich habe keine Ahnung. Noch nicht.« Er rief ein Bild seines eigenen Gesichts auf CNN auf. »Aber wenn ich mir das Interesse an Kuiper zunutze machen kann, bekomme ich hoffentlich die nötigen Mittel, um einigen dieser Fragen weiter nachzugehen. So könnte es etwa Verbindungen zwischen den Explosionen im Kern und der irdischen Vergangenheit geben.«
»Verbindungen?«
»Nur ein Beispiel: Womöglich stehen die Explosionen im Zusammenhang mit Aussterbeereignissen.«
»Ich dachte, die Dinosaurier wären infolge eines Asteroideneinschlags ausgestorben.«
»Das war etwas Einmaliges. Es hat aber noch achtzehn andere solche Ereignisse gegeben. Man kann es im Fossilarchiv sehen. Achtzehn, von denen wir wissen.«
Ich hob meinen Becher an die Lippen, stellte jedoch fest, dass kein Kaffee mehr drin war. Ich stellte den Becher auf den Computertisch und stand auf. »Tja, ich glaube, ich muss langsam mal los.«
Er sah mich skeptisch an. »Ich habe dich voll gequatscht.
Tut mir Leid. Ich habe nur wenig Gelegenheit zu reden; die meisten Leute wollen überhaupt nicht zuhören… Du hältst mich für einen Spinner.«
»Ganz und gar nicht.«
»Natürlich tust du das.« Er erhob sich, sodass er über mir aufragte, und grinste. Wieder war da diese entwaffnende Selbsterniedrigung, und ich spürte mit abermaligem Unbehagen, dass er trotz meiner Reaktion wirklich froh war, seine Beziehung zu mir erneuert zu haben. »Vielleicht bin ich ja tatsächlich ein Spinner. Aber das heißt nicht, dass die Fragen nicht berechtigt wären. Und überhaupt, du bist doch derjenige mit der entführten Schwester.«
»Das stimmt. Ich sollte mich auf den Weg machen.«
»Komm mal wieder vorbei und erzähl mir, was du rausgefunden hast.«
7
Magnus saß im Schneidersitz da, über das kleine hölzerne Spielbrett gebeugt.
Er war ein Bär von einem Mann mit einem Kopf von der Größe eines Kürbisses, so kam es Regina vor, einem so großen Kopf, dass sein Helm oben auf der Schädeldecke zu sitzen schien. Allerdings war es eigentlich gar nicht sein Helm, sondern er hatte ihn von einem anderen Soldaten bekommen, ebenso wie sein Schwert und seinen Schild. Dagegen waren seine Rindslederstiefel, die wollene Tunika und der cucullus, der schwere Umhang mit Kapuze, alle im Dorf hinter dem Wall angefertigt worden und hatten rein gar nichts mit militärischen Kleidungsstücken gemein. In dem klobigen gebrauchten Helm war eine Beule, groß genug für ein Gänseei. Regina fragte sich manchmal, ob der mächtige Schlag, von dem diese Delle herrührte, der Grund für das »Ausscheiden« des ursprünglichen Besitzers gewesen war.
Trotz seiner massigen Gestalt war Magnus ein geduldiger Mann, weshalb Aetius damit einverstanden war, dass er Regina Gesellschaft leistete. Nach fünf Jahren am Wall glaubte sie,
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