Der Orkling (German Edition)

Hand nicht nur so nah an sein Gesicht heran, als wolle er die Nase in das schwarze Blut stupsen, sondern tauchte tatsächlich die Fingerspitze hinein, nur um ein noch überraschteres Gesicht zu machen. »Warm«, murmelte er. »Eher sogar schon heiß. Und es brennt, als wäre es ätzend.« Er starrte abwechselnd Groxmox’ Hand, dessen Gesicht und dann wieder die zerschnittene Hand an – die inzwischen schon wieder fast vollkommen geheilt war.
    »Das ist kein Kostüm«, sagte er.
    Groxmox schüttelte den Kopf. »Nö.«
    »Und du … du bist ein, ein Ork«, stammelte Betta.
    »Stimmt«, gab Groxmox ihm recht.
    Betta riss seinen Blick mit einiger Mühe von dem grünen Gesicht los und blickte auf Samuel hinab. »Und du bist ein echter Halbling?«
    »Stimmt auch wieder«, sagte Groxmox, und Samuel verbeugte sich schon wieder übertrieben tief und sagte: »Samuel Fromtown, zu Euren Diensten, Meister Testa.«
    »Testa?«, wiederholte Testa. »Wieso nennt ihr mich immer so?«
    »Weil das Euer Name ist«, sagte Samuel verwirrt.
    Groxmox grunzte und schloss die Hand mit einem Ruck zu einer Faust, die ein gutes Stück größer war als Bettas Kopf. Der Zauberer wich vorsichtshalber einen Schritt von ihm zurück. Dann noch einen. »Testa?«, fragte er noch einmal.
    »Betta Testa«, bestätigte Samuel. »Der berühmte Zauberer.«
    Testa glotzte. »Zauberer«, wiederholte er.
    »Richtig«, sagte Samuel.
    »Und mein Name ist Testa. Betta Testa.«
    »Öh … ja?«, sagte Samuel verwirrt. Was vielleicht auch daran lag, dass Betta zwar nach wie vor völlig verstört aussah, zugleich aber auch immer mehr Mühe zu haben schien, ein breites Grinsen zu unterdrücken.
    »Das habe ich jetzt richtig verstanden, ja?«, fragte er noch einmal. »Mein Name ist Betatester, und wir kennen uns?«
    »Das hat er doch jetzt schon ein paarmal gesagt!«, polterte Groxmox. Stirnrunzelnd wandte er sich an Samuel. »Sag mal, sind alle Zauberer bei euch so begriffsstutzig?«
    Samuel japste vor Entsetzen, aber Testa sah ihn einfach nur weiter verwirrt (und jetzt ganz unverhohlen breit feixend) an und sagte: »Nur damit ich das auch wirklich richtig verstehe: Mein Name ist Betatester, und wir kennen uns. Du bist ein Ork mit einem Namen, bei dem ich mich wahrscheinlich an meiner eigenen Zunge verschlucken würde, wenn ich versuche, ihn auszusprechen …«
    »Groxmox«, grollte Groxmox. »Mein Name ist Groxmox.« Das mit der verschluckten Zunge erschien ihm als gar keine so schlechte Idee. Vielleicht sollte er diesen seltsamen Zauberer ja zwingen, die eigene Zunge herunterzuschlucken; oder auch das eine oder andere weitere Körperteil.
    »… und dein Name ist Samuel Fromtown, und du bist ein Halbling«, fuhr der Zauberer ungerührt fort. »Ihr beide lebt in den Quarterfields und solltet eigentlich Todfeinde sein. Und ihr glaubt nicht nur, mich zu kennen, sondern auch, dass ich ein Zauberer bin, der auf den Namen Betta Tester hört.«
    »Es heißt Viertellande, und wir sind Feinde«, grollte Groxmox. »Und ich bringe ihn schon noch um, keine Bange, gleich nach einem gewissen Zauberer.«
    Testa grinste nur noch breiter, und Samuel sagte hastig. »Ihr sprecht es … ein wenig seltsam aus, aber im Prinzip stimmt das schon. Und was den Ork angeht, könnt Ihr ganz beruhigt sein. Er ist harmlos.«
    »Ach ja?«, erkundigte sich Groxmox lauernd. »Ist er das?«
    »Groxmox«, feixte Betta. »Interessant. Also G-Serie. Aber mit etlichen Modifikationen, die es in sich haben. Nicht schlecht.«
    »Hä?«, fragte Groxmox. Gab es da eine versteckte Beleidigung im sinnlosen Gebrabbel des Magiers?
    »Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten für euch, Jungs«, sagte Betta. »Oder auch ganz besonders gute, das kommt ganz auf den Standpunkt an.«
    »Auf welchen?«, fragte Groxmox lauernd.
    Statt zu antworten, drehte sich Betta jedoch mit einem Ruck weg, ging mit schnellen Schritten davon und kramte einen Moment lang rumorend irgendwo herum. Als er zurückkam, hielt er eine metallene rote Dose in der rechten Hand, die mit verschnörkelten weißen Buchstaben bemalt war. Lässig und so, dass er ein Bein baumeln lassen konnte, setzte er sich auf die Tischkante, griff in die Brusttasche seines Hemdes und zog ein weißes Stäbchen heraus, das er sich zwischen die Lippen klemmte. Groxmox hätte erwartet, dass er darauf zu kauen begann oder es auch gleich ganz herunterschluckte, doch stattdessen langte er noch einmal in die Tasche und zog etwas heraus, und plötzlich züngelte ein