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Der Orkling (German Edition)

Der Orkling (German Edition)

Titel: Der Orkling (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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deiner Stelle täte es wahrscheinlich auch nicht, immerhin gehört er zu deinen Feinden. Wenn man es genau nimmt, sogar zu ihren Anführern. Wie kannst du ihm da trauen?
    Da Groxmox beschlossen hatte, den Beleidigten zu spielen, sagte er gar nichts, und Samuel wirkte für einen Moment so hilflos, dass er ihm beinahe schon leidtat. »Also sobald er zurückkommt, wird er uns bestimmt alles erklären«, sagte er schließlich.
    Was gab es da zu erklären?, dachte Groxmox missmutig. Sie wussten doch schon alles. Samuel und er und alle ihre Brüder und Schwestern, alle die sie kannten, waren nicht mehr als Spielzeuge, von Wesen erschaffen, die offensichtlich über die Macht von Göttern verfügten, aber ungefähr so viel Mitgefühl hatten wie ein Stein. Ein Gefühl von Bitterkeit machte sich in ihm breit, das schlimmer war als Zorn, denn er fühlte sich zugleich so hilflos, dass es beinahe körperlich wehtat.
    »Ich weiß, dass es schwer zu verstehen ist«, plapperte Samuel weiter, fast als habe er seine Gedanken gelesen. Wahrscheinlich konnte man sie ihm auch recht gut ansehen. »Vielleicht kann man die Beweggründe von Wesen solcher Macht auch gar nicht nachvollziehen.«
    »Bosheit?«, schlug Groxmox vor.
    Samuel setzte zu einer Antwort an, doch Groxmox brachte ihn zum Schweigen, indem er ihm das Messer in die Hand drückte, dessen Dimensionen in seinen winzigen Fingerchen sofort wieder zu denen eines Schwertes anwuchsen. Samuel war ein bisschen verdutzt. Aber er hielt wenigstens die Klappe.
    Groxmox schickte nur zur Sicherheit noch einen finsteren Blick hinterher und wandte sich dann beleidigt ab. Er hätte nicht sagen können, was ihn zorniger machte: Die Erkenntnis, von diesen Wesen, die Samuel (ja nicht einmal ganz zu Unrecht) als Götter bezeichnete, einfach nur zu einem grausamen Zeitvertreib erschaffen worden zu sein oder die, dass Frank es ihnen auch noch gesagt hatte. Ja, nahm er sich vor, er würde sich gedulden, bis Frank zurückkam, doch das Gespräch, das er dann mit ihm führen würde, würde Samuel gewiss nicht gefallen. Und dem jungen Magier schon gar nicht.
    Zeit verging, eine schiere Ewigkeit, wie es ihm vorkam, dann versuchte Samuel es noch einmal: »Du wirst sehen, dass –«, und das Licht ging aus.
    Von einem Sekundenbruchteil auf den anderen wurde es dunkel; so schnell und so absolut, wie Groxmox es noch nie zuvor erlebt hatte.
    Samuel stieß einen erschrockenen Schrei aus, während der Ork zur Reglosigkeit erstarrte; abgesehen von seiner rechten Hand, die mit einem hörbaren Klatschen auf dem Schwertgriff landete. In der vollkommenen Stille, die zusammen mit der Dunkelheit Einzug gehalten hatte, wirkte der Laut wie ein Peitschenschlag, hart und lang nachhallend und unhörbare Echos in der Dunkelheit weckend, die von bevorstehendem Unheil kündeten. All seine Sinne waren von einem Sekundenbruchteil auf den anderen zum Zerreißen angespannt.
    Nur gab es nicht viel, worauf er sie richten konnte.
    Es war, als wäre er tot. Er hörte nichts, sah nichts, roch nichts, fühlte nichts. Abgeschnitten von allen Sinneseindrücken und gefangen in einem Verlies aus vollkommenem Nichts fragte er sich ernsthaft, ob er tot war, und das hier nun wirklich die Hölle, schlimmer als jedwede nur vorstellbare Qual.
    Oder vielleicht auch nicht, denn in diesem Moment wurde eine ihm wohlbekannte, nörgelnde Stimme neben ihm laut: »Was ist denn jetzt wieder los?«
    Er hatte sich getäuscht. Schlimmer als unvorstellbar konnte es immer werden.
    Und das wurde es …
    Groxmox setzte zu einer patzigen Bemerkung an, mit der er den vorlauten Knirps zuverlässig zum Schweigen bringen würde und spürte selbst, wie das vorfreudige Grinsen auf seinen Zügen gefror.
    Oder um genauer zu sein, erst gar nicht darauf erschien.
    Er konnte nicht grinsen, so wenig, wie er etwas sagen konnte, oder sich rühren, oder auch nur atmen. Jegliche Kontrolle über seinen Körper ging ihm verloren, dann auch jegliches Gefühl, und ihm war, als löse er sich einfach auf, bis da nur noch seine Gedanken waren, und dann nicht einmal mehr die, sondern nur noch das reine Empfinden, zu sein.
    Dann begann sich auch das aufzulösen, als triebe sein Ich in einem Ozean aus Säure, der aus allen Richtungen an ihm nagte und fraß.
    Und dann war es vorbei, von einem nicht erfolgten Lidschlag auf den nächsten. Es blieb so dunkel, wie es gewesen war, aber die Wirklichkeit war wieder da. Sein Herz raste, er atmete so tief und heftig ein, dass die Luft wie ein Messer

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