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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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schmutzigen Leinenbahnen verdeckten Überreste der ermordeten Orks.
    »Ich dachte, Sie wären selbst medizinisch-thaumaturgischer Heiler dritter Stufe?« Mit einem genervten Fingerschnippen ließ Hippolit die Glutglobuli erlöschen, die er zur Unterstützung der einsamen Deckenlaterne über jeder Liege postiert hatte. »Dann müssten Sie doch in der Lage sein, die Resultate meiner Untersuchungen zu deuten.«
    »Nun ja«, sagte der Stabsarzt und hüstelte geziert, eine Marotte, die er sich Hippolits Meinung nach nur angewöhnt hatte, um in einem Umfeld aus primitiven Kämpfernaturen an seinen akademischen Bildungsgrad zu erinnern.
    »Dass Sie eine Signaturprüfung vorgenommen haben, begreife ich«, erklärte Meister Lemuel. »Aber nach allem, was ich einst gelernt habe, hätten die Wunden der Toten blau erstrahlen müssen, wenn Sie durch Thaumaturgie verursacht worden wären. Oder, falls die Soldaten allein durch die Einwirkung physischer Gewalt ums Leben kamen, wie ich ursprünglich attestiert habe, hätte überhaupt keine Reaktion erfolgen dürfen. Was hier geschehen ist, habe ich dagegen noch nie gesehen.«
    Streu nur weiter Salz in meine Wunde, dachte Hippolit grimmig und schloss seinen Metallkoffer mit einem vernehmlichen Klicken. So schwer es ihm fiel, das zuzugeben – ein Ergebnis, wie es die zurückliegenden Signaturprüfungen, sieben an der Zahl, gezeitigt hatten, war auch ihm gänzlich neu. Denn eine Reaktion hatte stattgefunden.
    Bei der ersten Leiche, einem hünenhaften Ork, dem offenbar zunächst das Genick gebrochen und anschließend das Herz aus der Brust gerissen worden war, hatte er noch erwogen, er könnte einen Fehler gemacht haben; eine falsche Silbe beim Herunterbeten der ellenlangen thaumaturgischen Befehlszeilen, eine falsch bemessene Menge getrockneter Kareninaken-Blätter im oberen Schüsselchen des Dreifußes; die Liste der Dinge, die man bei thaumaturgischen Ritualen vermasseln konnte, war lang.
    Beim zweiten Leichnam, einem verhutzelten Orksoldaten mit mächtigem Überbiss, kam es zu einer identischen Reaktion. Zunächst war Hippolit erfreut, bedeutete dies doch, dass er keinen Fehler gemacht hatte. Als sich das Ergebnis jedoch auch beim dritten Ork wiederholte, ebenso beim vierten, war es mit seiner guten Laune rasch vorbei.
    Meister Lemuel hatte völlig recht: Ware Thaumaturgie verwendet worden, hätten die Verletzungen der Krieger aufglühen müssen, in einem ungesunden, deutlich wahrnehmbaren Schein.
    Stattdessen wurde das bloßliegende Fleisch der Orks, kaum dass Hippolit die letzten Silben gesprochen hatte, von einem matten, nur ansatzweise ab bläulich zu erahnenden Schimmer überzogen, zu schwach, um als eindeutiges Zeichen für Thaumaturgie gelten zu können, gleichzeitig zu deutlich, um ignoriert zu werden. Hippolit konnte sich nicht daran erinnern, ein derartiges Phänomen je zuvor gesehen zu haben.
    Neben ihm hüstelte es verhalten. »Man könnte meinen, die Männer hätten zwar Kontakt mit etwas gehabt, das selbst massiv mit Thaumaturgie in Berührung gekommen ist, dass bei den Morden jedoch keine aktiv angewendet wurde«, vermutete der Stabsarzt.
    »Ich danke Ihnen für diese wertvolle Einschätzung, Meister.« Hippolit spürte, wie die Ader an seiner linken Schläfe dumpf vor sich hin pochte. »Noch dankbarer wäre ich Ihnen allerdings, wenn Sie mich meine eigenen Schlussfolgerungen ziehen ließen!« Er wandte sich zu dem kleinen Arzt um und machte eine herrische Handbewegung. »Bringen Sie mir Skalpell, Knochensäge, Spreizzangen und ein paar Ressup-Röhren für Gewebeentnahmen. Ich will diesen Leichnam nach Norwien obduzieren.«
    Wenige Minuten später stand Hippolit im Licht eines neu entfachten, kopfgroßen Glutglobulus über den Brustkorb des Toten gebeugt, die Hände tief in dessen Leibeshöhle.
    »Interessant«, murmelte er, während er den Bereich um die klaffende Wunde mit einer Vergrößerungslinse betrachtete. »Die Haut weist mehrere parallel angesetzte Inzisionen auf, welche den Ausgangspunkt für lange Gewebsrisse mit zerfransten Rändern bilden. Das Muskelfleisch wurde bis zu den seitlichen Rippenbögen geöffnet, Brustbein und obere Langrippen durch Einwirkung stumpfer Gewalt zertrümmert. Nicht durch Hiebe oder Sägebewegungen einer Klinge.« Hippolit verengte die Augen und lenkte seine Konzentration kurz auf den Glutglobulus, der daraufhin heller erstrahlte, seine Position veränderte und auf eine Position seitlich seines Gesichts schwebte. »Hmm. Venen,

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