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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Sagen daheim in Lyktien berichten, wie ein harmloser Kinderschreck!«
    »Ah, ja. Klar. NichtStofflichkeit. Was auch sonst!« Vielleicht waren Gerüchte ab und an doch nichts weiter als ein Haufen abergläubischen Blödsinns, kam es Jorge in den Sinn. »Nachdem die Ersten von euch verschwanden, wurden die Wachtposten verstärkt, hat der General mir erzählt. Stimmt das?«
    Progulla nickte. »Die Heeresleitung ging am Anfang noch davon aus, dass es sich um Fälle von Fahnenflucht handelte. Aber es war keine Fahnenflucht. Das wurde klar, als man wenig später ihre Körper fand …«
    »Ihre Körper«, wiederholte Jorge und starrte konzentriert auf den Boden seines hölzernen Kruges. Ein winziger glänzender Wurm schien sich dort zu winden. Er musste sauer aufstoßen. »Was war wohl mit ihnen geschehen?«, fragte er. Er kannte die Antwort längst, aber er wollte den Redefluss des Orks aufrechterhalten.
    Der Ork rückte noch näher. Er stank nach Gülle und Brackwasser.
    »Etwas hatte sie gepackt und fortgeschleift. So wahr ich hier sitze! Es hat sie emporgerissen und hoch über den Wolken ihr Blut getrunken! Es aus ihren sterbenden Leibern gesogen. Erst als die Körper von ihren Seelen befreit waren, ließ es sie wieder fallen.« Progulla lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Der Schatten kommt in der Nacht, wenn alles schläft. Und er ist unsichtbar. Keiner der Wachposten hat ihn bisher im vollen Fackellicht gesehen. Nur einen abnormen tanzenden Schatten …«
    »Die Vadkorsk-Fragmente der alten Schamanen haben die Kreatur seit Jahrhunderten angekündigt«, mischte sich der Ork mit Namen Vladomar ein. Seine grünstichige Haut war von einer deutlich sichtbaren Gänsehaut überzogen. »Der Fänger hat sich aus seinem Gefängnis jenseits der Zeit erhoben, um die Seelen von Boshudas Kindern zu sammeln!«
    »Er ist monströs«, ergänzte ein dritter Ork von der Seite. »Größer als ein Troll, größer als ein Baum. Und stark ist er, er verformt das Fleisch mit bloßen Händen.«
    »Und über den Wolken trinkt er ihr Blut«, wiederholte Progulla und nickte ernst. »Bei Nacht prasselt es als feiner Nieselregen auf die Dächer der Zeltstadt hernieder, bei Boshuda, so ist es!«
    »Wirklich? Ist das so?« Jorge runzelte die Stirn. »Du willst sagen, wenn ich mir eure Zelte bei Tageslicht ansehen würde, könnte ich Blutspritzer darauf finden? Hier, mitten im Lager?«
    »Der Fänger kommt jede Nacht«, sagte der Ork, anstatt zu antworten. »Er ist immer hungrig.«
    »Das bin ich auch.« Jorge dämmerte, dass die Aussagen der Grünen mit Vorsicht zu genießen waren. »Und woher weißt du das alles, Freund?«
    Der Ork machte eine abweisende Handbewegung. »Nichts als Gerüchte«, sagte er, plötzlich wieder reserviert.
    Jorge drehte und wendete seinen Krug zwischen den Fingern. »Warum Orks?«, murmelte er, mehr zu sich selbst. »Warum, bei Batardos, ausgerechnet Orks?«
    Der Ork mit Namen Progulla starrte ihn an, als hätte Jorge den Verstand verloren. Kopfschüttelnd sagte er: »Was sollte der Orksammler sammeln, wenn nicht Orks?«

5
     
     
    Öliger blauer Rauch füllte das Zelt bis unter die niedrige Decke. Hippolit ignorierte das Kratzen im Hals, das ihm der Qualm der verkohlten Kareninaken-Blätter selbst in seinem verjüngten Körper stets verursachte, und packte Dreifuß und sonstiges Zubehör zurück in das metallene Köfferchen, das sein thaumaturgisches Miniaturlabor enthielt.
    Er war verwirrt.
    Eigentlich hätte die Signaturprüfung an zwei, maximal drei der getöteten Orksoldaten einwandfrei belegen sollen, ob bei deren Ermordung Thaumaturgie im Spiel gewesen war. Ware dies der Fall, müssten weiterführende Tests durchgeführt werden, um den Kreis der infrage kommenden Techniken einzuengen. Erfolgte keine Reaktion, hatte er sich vorgenommen, ohne Umschweife die Rückreise nach LeSuk anzutreten.
    Wie die Dinge jedoch nun lagen, konnte er weder das eine noch das andere tun.
    »Und? Zufrieden?«
    Unwillig hob Hippolit den Blick. Meister Lemuel, ein kleiner, birnenförmiger Mann mit haarlosem Schädel und winzigen, hinter dicken Sehlinsen quasi unsichtbaren Äuglein, trat neben ihm nervös von einem Fuß auf den anderen und versuchte, einen Blick über Hippolits Schulter zu werfen.
    Lemuels Reich, das Lazarettzelt, war kaum größer als eine der Mannschaftsbehausungen draußen. Im hinteren Teil lagen zusammengeklappte Liegen auf einem hohen Stapel. Rund zehn davon waren aufgebaut, sieben davon trugen die mit

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