Der Orksammler
lautes, saugendes Geräusch erklang. Dann schoss plötzlich ein enormer Feuerstrahl aus dem Rohr des Zerstörers hervor, dorthin, wo die Vulvatte einen Wimpernschlag zuvor noch gesessen hatte. Das Tier jedoch war bereits bei dem Geräusch erschrocken zusammengezuckt und hatte das Weite gesucht, so dass die Flammenlanze lediglich auf Asche traf und diese in einer Wolke dichten grauen Nebels in die Luft stieben ließ.
»Agdeman, du Arschloch! Blaak, ich glaub’s nicht! Du bist nichts weiter als ein popeliger Rattenfänger?« Von einem auf den anderen Moment war Jorge klar, dass Agdeman wahnsinnig war. Gleichzeitig dämmerte ihm, dass es für die Geisteskrankheit des Beseitigers genügend Anzeichen gegeben hatte, und er fragte sich, wie er sie hatte übersehen können. Normalerweise hatte Jorge ein ganz gutes Gefühl dafür, wann Dinge aus dem Ruder zu laufen begannen. Er hoffte, lediglich sein Pflichtbewusstsein gegenüber M.H. war dafür verantwortlich, dass ihn seine Intuition an diesem Tag so schwer im Stich gelassen hatte.
»VERDAMMTE BESTIEN!« Urplötzlich sprang Agdeman auf seine zu kurzen Beine und stolperte mehrere Schritte vorwärts, obwohl überhaupt keine Vulvatte mehr zu sehen war. Jorge schien er völlig vergessen zu haben. Erneut betätigte er den Abzug am Rohr des Zerstörers. Grellrote Flammen schossen über das Grau.
»ICH TÖTE SIE ALLE! ICH TÖTE SIE ALLE!«
Jorge wusste, wann man sich am besten dezent im Hintergrund hielt. Zum Beispiel, wenn man sich in der Stadt des Todes zwischen endlosen Aschehaufen – den Überresten unzähliger Toter – in der Nähe eines durchgedrehten Rattenfängers mit einer Flammenschleuder befand. Jorge bewegte sich unauffällig rückwärts, von Agdeman fort. Er wollte dem Verrückten und seinem Rohr nicht zu nahe kommen. Aus dem verdammten Rohr kam verdammtes Feuer.
»SIE MÜSSEN ALLE STERBEN!« Agdeman schoss senkrecht in die Höhe.
Die Flammenlanzen, die das Gurkenfass erzeugte, reichten gut einen Steinwurf weit. Als der Beseitiger begann, sich wild im Kreis zu drehen, fand das Feuer keine Zeit zu verlöschen, sondern schwang wie ein lodernder Schleier hinter der Mündung des Rohres her.
Zuerst fing Agdemans rechtes Hosenbein Feuer. Die Flamme sah blau und klein und unwirklich aus. Eigentlich, fand Jorge, sah sie überhaupt nicht wie eine Flamme aus. Vielleicht lag das aber daran, dass seine Augen von der vorangegangenen Feuersbrunst noch geblendet waren.
»Agdeman?« Jorges Stimme vermochte kaum das Fauchen des Zerstörers zu übertönen. »Agdeman, ich möchte hier wirklich nicht auf Panik machen, aber dein Hosenbein …«
Der Feuerstrahl aus dem Rohr erlosch. Schwer atmend drehte sich Agdeman zu Jorge um. Schweiß floss über sein teigiges Gesicht. Er grinste wie ein Kind, das seinen Eltern etwas Großartiges vorgeführt hat.
Die Flamme an seinem Hosenbein loderte in die Höhe und erreichte seinen Schritt.
Agdeman lächelte noch immer.
Jorge hob den Zeigefinger und deutete zwischen Agdemans Beine. »Ahm, Meister … da unten!«
Agdeman senkte den Kopf, grinsend.
Dann ließ er mit einem Aufschrei das Rohr los und schlug sich beidhändig mit voller Wucht zwischen die Beine.
Jorge hatte keine Ahnung, wie ein Zerstörer genau funktionierte. Hatte Agdeman nicht behauptet, es sei ausschließlich Technik am Werk?
Ganz gleich, ob Technik oder Thaumaturgie, das Gerät schien es jedenfalls nicht zu schätzen, wenn abgeschossene Flammen zu ihm zurückzukehren versuchten. Vielleicht war auch etwas von dem Gas oder der Flüssigkeit aus dem Inneren des grünen Gurkenfasses ausgetreten.
Plötzlich ertönte ein lautes Fooomp!, und Agdeman stand vollständig in Flammen. Es war, als habe man den Kopf eines Schwefelholzes mit einem zweiten, brennenden entzündet.
Sekundenlang verharrte der Beseitiger in ungläubigem Schweigen, dann kreischte er einmal schrill auf und brach zusammen. Jorge rannte zu dem brennenden Haufen hinüber, obwohl er befürchtete, der Kanister könnte jeden Augenblick explodieren mit der Folge, dass Jorge-Teile weit durch die Luft spritzen würden. Er reagierte automatisch.
Mit den Händen fuhr er in den nächsten Aschehaufen. Die Asche fühlte sich weich und fein an, wie der seidige Sand der fernen Wüste von Rogozhink. Wie ein riesiger Maulwurf begann Jorge, Asche auf Agdemans Körper zu schaufeln. Er konnte den brennenden Mann nicht berühren. Ein brennender Mann, das wusste Jorge, wies in der Regel Temperaturen auf, die sich nicht mit
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