Der Orksammler
verhindern.
Von vorne näherte sich ein dritter Mann, breit wie ein Schrank, den unproportional kleinen Kopf gesenkt wie ein Widder vor dem Rammstoß. Quer vor der Brust hielt er einen Stab aus schwarzer Pesteiche, dick wie Hippolits Unterarme. Auf seinem groben, einfältigen Gesicht lag ein siegessicheres Grinsen.
Endlich begriff Hippolit, um wen es sich bei den Angreifern handelte: Es waren der Betrunkene, den er am Vorabend vor dem Verladebahnhof mit einem Beschleuniger in seine Schranken verwiesen hatte, und dessen Saufkumpane.
»Guter Mann, ich bin sicher, wir können diese Angelegenheit wie zivilisierte …«
Bearths Stock flog erneut heran. Einen Sekundenbruchteil bevor ihm das steinharte Holz den Kiefer zertrümmern konnte, ließ sich Hippolit flach auf den aschebedeckten Boden fallen. Zischend sauste der Stab über ihn hinweg, so dicht, dass Hippolit den Luftzug am Scheitel spürte.
»Seht ihr?«, gellte Bearths Stimme irgendwo über ihm. »Ihr dürft ihnen nur keine Verschnaufpause gönnen. Dann können sie ihre ekelhaften Sprüchlein nicht hersagen, und ihre blaak-verdammte Hexerei nutzt ihnen einen Dreck.«
»Lassen Sie doch mit sich reden, Mann! Ich …«
Hippolit erahnte die heranrasende Stiefelspitze mehr, als dass er sie sah. Instinktiv warf er sich zur Seite. Bearths Fuß verfehlte seine Leistengegend, auf die er gezielt hatte, traf ihn stattdessen mit voller Wucht am Oberschenkel.
Hippolit versuchte, den aufflammenden Schmerz zu ignorieren und sich auf eine thaumaturgische Formel zu konzentrieren, einen simplen Clutglobulus, den er zur Ablenkung vor dem Gesicht des Angreifers aufflammen lassen wollte. Er hatte gerade Luft geholt und setzte zur ersten Silbe an, da donnerte die Spitze von Bearths Stab nur wenige Fingerbreit neben seinem Kopf auf die Pflastersteine! Keuchend rappelte er sich auf und wich gegen eine graue Hauswand zurück.
Fatalerweise hatte der Straßenschläger nicht unrecht: Solange er nicht dazu kam, eine Befehlszeile zu artikulieren, hatte er gegen den wutschnaubenden Mann keine Chance. Und noch immer dröhnte ihm der Kopf von dem ersten, heftigen Schlag auf die Stirn! Hinzu kam der in Meister Wylfgungs Büro genossene Alkohol, der überhaupt erst dafür verantwortlich war, dass ihm die Anwesenheit der Männer, die ihn und Lith schon wer weiß wie lange verfolgt haben mochten, nicht früher aufgefallen war.
»Hafoza!«, grölte Bearth und riss seinen Stab in die Höhe. »Jetzt bist du dran, farbloser Wurm! Deine Zähne werden eine hübsche Opfergabe auf dem Altar von Vamba der Gütigen abgeben. Als Dank dafür, dass sie uns heute noch einmal zusammengeführt hat!«
Der Mann verlagerte seinen Griff um den Schlagstock, packte mit beiden Händen das untere Ende, um das obere mit größtmöglicher Wucht auf sein Opfer herabfahren zu lassen.
Hektisch ging Hippolit das Repertoire thaumaturgischer Abwehrsprüche durch, aber sein Schädel dröhnte wie ein überdrehter Vulwoogkessel kurz vor dem Platzen – er konnte keinen klaren Gedanken fassen! Blut aus der Stirnwunde sickerte in seine Augen, verdunkelte sein Blickfeld. Von wo würde Bearths Schlag kommen? Sollte er sich nach rechts wegkippen lassen oder eher nach links? Wie lautete noch die Einleitungssequenz für eine Partielle Nacht dritter Stufe …?
»Hören Sie auf, Sie widerlicher Bastard!«
Hippolit hob überrascht den Kopf, wischte sich das Blut aus den Augen. Hinter Bearth war eine zierliche Gestalt in einem hellgrauen Überwurf aufgetaucht.
»Legen Sie den Stock weg, und treten Sie drei Schritte zurück. Sofort!«
Lith hatte die Kapuze nach hinten gezogen. Ihr blondes Haar wallte wie eine leuchtende Fahne um ihren Hals und ihre Schultern. Soweit Hippolit erkennen konnte, war ihr hübsches Gesicht verzerrt vor Entschlossenheit, die blauen Augen kälter als Eis.
Irritiert hielt Bearth inne. Er ließ den Stab ein Stück sinken, während sich sein Gehirn bemühte, Absender und Inhalt der Worte in eine sinnvolle Verbindung zu setzen. Schließlich hatte er Erfolg und brach in schallendes Gelächter aus. Seine Kumpane fielen mit kurzer Verzögerung ein.
»Der alte Bearth gibt dir jetzt mal einen guten Rat, Mädchen: Wenn du nicht mit ansehen willst, wie wir deinem Brüderchen ein paar neue Gesichtszüge meißeln, dann verziehst du dich besser.«
»Lass sie doch hierbleiben«, schlug der Mann mit dem Schnäuzer vor. »Während du dem Mehlwurm Respekt beibringst, könnten Tamm und ich ein bisschen Spaß mit ihr
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