Der Orksammler
aufzusehen. »Da es sich um ein mehrstöckiges Gebäude mit endlosen Regalen voller Folianten und Schriftrollen handelt, könnte es aber recht lange dauern, bis Sie finden, wonach Sie suchen. Falls Sie es fänden.«
»Das wäre angesichts der Dringlichkeit unserer Ermüdungen allerdings weniger …«
»Wie es der Zufall will, hatte ich jedoch just heute vor, meine Sekretärin ins Archiv zu schicken, um mir ein paar Unterlagen herauszusuchen … Dokumente aus der Abteilung für historisches Bauwesen. Wirklich, was für ein Zufall!« Wylfgung sah von seinem Schriftstück auf und zwinkerte verschwörerisch. »In meinem späteren Bericht wird einzig ein Botengang auftauchen, auf den ich meine Sekretärin in Begleitung eines ungenannt bleibenden städtischen Lakaien geschickt habe.«
»Sie meinen, ich soll mit Ihrer … also, Lith wird mich …«
Der Oberste Verwalter sah ihn voller Stolz an. »Schnell und unbürokratisch, wie Ihre Ermittlungen es erfordern.« Er hob sein Glas, um Hippolit zuzuprosten. »Ich denke, es dürfte zweckdienlich sein, wenn ich Lith zeitnah losschicke. Umgehend quasi. Nicht wahr?«
Sehr langsam griff Hippolit zur Karaffe und goss sein Glas bis zum Rand voll. »Quintessenziell, lieber Wylfgung«, sagte er und stieß mit dem Verwalter an.
15
»Vorsicht jetzt!« Agdemans Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern. »Keinen Mucks mehr, wenn du nicht Lorgon dem Schöpfer gegenübertreten möchtest. Verstanden?«
Jorge nickte. Er machte sich nicht die Mühe, sein Gegenüber darauf aufmerksam zu machen, dass ausschließlich er es war, der in den vergangenen Minuten geredet hatte.
Jorge sah an sich hinunter. Seine einstmals schwarze Lederkluft hatte sich grau verfärbt. Kein Wunder, ein altes Trollsprichwort warnte nicht umsonst: Wer durch die Aschehalden Torrlems kriecht, ist bald grauer als drei Dutzend greise Equuphanten.
Er seufzte, als Agdeman mit seiner seltsamen Apparatur auf dem Rücken vor ihm plötzlich mitten in der Bewegung verharrte, das Gesicht verzerrt.
»Bist du sicher, dass es dir gut geht?«, fragte Jorge.
Agdeman wirbelte herum und hielt ihm mit der freien Hand den Mund zu. Mit der anderen umklammerte er das Rohr seines Zerstörers.
Beim Aufbruch von der Gaststätte hatte Jorge gesehen, dass Agdeman das Gerät draußen neben der Tür abgestellt hatte. Wahrscheinlich war es untersagt, Waffen mit in den Schankraum zu bringen. Der Zerstörer sah aus wie ein dunkelgrünes Metallfass, in dem man Gurken einlegen konnte. Ein Gurkenfass allerdings, das mit unendlich vielen Schläuchen, Röhren und Drehreglern versehen war. Ganz oben wuchs ein Schlauch von der Dicke eines Trollhandgelenks heraus. Er endete in jenem stählernen Rohr, das Agdeman in seinen mittlerweile behandschuhten Händen hielt und vor dessen Mündung eine winzig kleine Flamme loderte. Die ganze Konstruktion machte einen ziemlich mitgenommenen Eindruck, an mehreren Stellen waren braune Rostflecken zu erkennen.
Jorge hatte beim Verlassen der Kneipe auf den Zerstörer gedeutet und fragend die Augenbrauen hochgezogen. »Thaumaturgisch?«
Agdeman hatte milde gelächelt, wie ein Lehrer über einen dummen Schüler. »Rein mechanisch, die Bestie. Modernste Technik!«
»Und was kann so ein Zerstörer?«
»Er kann zerstören.«
»Ah. Und wie?«
»Lass dich überraschen.«
Agdeman hatte sich das Fass mittels breiter Schulterriemen auf den Rücken geschnallt. »Folge mir unauffällig! Und halt ab sofort die Klappe, ja?«
Von diesem Moment an hatte Agdeman ohne Unterlass gequasselt.
Er hatte berichtet, dass er eigentlich aus Nophelet stammte, genau wie Jorge. Sein Vater sei Thaumaturg erster Stufe gewesen. Er erzählte weiter, dass er schon seit Ewigkeiten in Torrlem lebe; dass er zurzeit unter erheblichen Rückenproblemen leide; dass die Jagd auf Monster seine Passion sei; dass er am Stadtrand in einem kleinen Haus wohne, vollgestopft mit Jagdtrophäen -Schädeln, Zähnen und ausgestopften Leibern der scheußlichsten Kreaturen.
Agdeman sprach so laut, dass ihn jedes Monstrum im Umkreis von vielen Meilen hören musste.
Eine ganze Weile waren sie so durch die eintönigen Straßen der Stadt gewandert. In regelmäßigen Abständen polterten riesige Industrievulwoogs an ihnen vorbei. Auf ihren mit Planen abgedeckten Ladeflächen transportierten sie tonnenweise Asche vom Haus der Ewigen Flamme in die Außenbezirke der Stadt.
Schließlich erreichten auch Jorge und Agdeman die Randbereiche. Hier schien
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