Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
Vom Netzwerk:
der pudrigen Asche unter. Sekundenlang geschah nichts. Dann begann sich die Asche wenige Schritte vor ihnen, am Hang eines besonders steilen Berges, erneut zu bewegen. Was immer sich da inmitten des grauen Staubes verbarg, es wühlte sich offenbar mit der Schnauze mitten durch den Hügel hindurch.
    Und dann streckte das Monster seinen Kopf aus der Asche, nur wenige Schritte von Jorge entfernt.
    Im ersten Moment assoziierte er das fleischfarbene Wesen mit einem Teller Aufschnitt. Es sah aus wie ein wandelnder Haufen übereinandergelegter rosafarbener Fleischlappen. Seine Größe entsprach in etwa der eines Mipsenterriers, wie sie vor einigen Jahren in Nophelet der letzte Schrei gewesen waren -haarlose, empfindliche Schoßhündchen, übles Gezücht, das alles ankläffte, Passanten auf der Straße in die Waden biss, aber beim kleinsten Windhauch von einer Infektion niedergestreckt wurde. Jorge konnte die Biester auf den Tod nicht ausstehen.
    Doch das Ding, das sich jetzt strampelnd und schnaufend vor ihnen aus dem Aschehaufen arbeitete, mit seiner plumpen Schnauze im Dreck wühlte und neue Aschegeister aufwirbelte, war kein Mipsenterrier. Natürlich nicht! Ein beschissener Mipsenterrier wäre in dieser lebensfeindlichen Gegend schon nach drei Minuten verreckt.
    »Vorsicht!«, flüsterte Agdeman. »Es ist ganz nah.« Das Sinken aus dem Gurkenfass schwoll an.
    Jorge kannte sich mit der Tierwelt Sdooms einigermaßen aus. Er war viel herumgekommen und hatte die absonderlichsten Lebewesen kennengelernt, sie gegessen und ab und an Geschlechtsverkehr mit einem von ihnen gehabt. Er wusste: Lorgon der Schöpfer hatte eine verrückte Phantasie. In seinem Zimmer daheim in Nophelet hatte er ein Buch über Tiere, er hatte es sogar zur Hälfte gelesen, beinahe jedenfalls. Das Buch war gefüllt mit detailgenauen Zeichnungen exotischer Spezies.
    Als die schmutzige Ansammlung von Falten und Hautlappen sich ganz aus der Asche wühlte, erinnerte er sich plötzlich an eine Zeichnung aus diesem Buch. Dass er das Wesen nicht gleich erkannt hatte, lag daran, dass die Skizze in Tusche, also schwarz-weiß ausgeführt gewesen war.
    Jetzt jedoch sah er klar: Was da einen kleinen Kopf mit vorstehenden Nagezähnen in ihre Richtung reckte, war nichts anderes als eine hundsgewöhnliche Vulvatte!
    Vulvatten zählten zur Familie der Nagetiere. Sie kamen in unwirtlichen Gegenden vor und waren gleichermaßen mit Ratten wie mit Kaninchen verwandt. Jorge erinnerte sich, dass während des Zweiten Zyklus in Nophelet eine Vulvattenplage die Ernte eines kompletten Jahres zerstört und um ein Haar eine Hungersnot ausgelöst hatte. Seitdem waren die Tierchen nicht mehr sonderlich beliebt bei der Bevölkerung Sdooms, man harte sie vielerorts fast ausgerottet.
    Jorge konnte gewöhnliche Ratten nicht ausstehen, sie waren aufbereiteter Müll, nicht mehr. Diese Vulvatte jedoch, die erste, die er je von Angesicht zu Angesicht sah, war ihm irgendwie sympathisch. Mit ihren dunklen, knopfartigen Äuglein sah sie richtig unschuldig aus. Jorge hatte gelesen, dass diese Tiere handzahm werden und ein erstaunlich hohes Alter erreichen konnten, wenn man sie gut behandelte. Man konnte ihnen sogar Kunststücke beibringen.
    »Da ist sie, die scheußliche, gefährliche Bestie«, flüsterte Agdeman. »Leise jetzt!«
    Mit einem hörbaren Ausatmen entließ Jorge die Spannung aus seinem Körper. »Du saudummes Arschloch!«, sagte er. »Bei Batardos, willst du mich verscheißern? Das ist doch bloß eine …«
    »Sei um Lorgons willen leise! Willst du, dass es uns hört und herkommt?«
    Agdeman ließ sich flach auf den Boden fallen und robbte auf dem Bauch durch die Asche vorwärts.
    Jorge dagegen erhob sich. Seine Beine waren eingeschlafen, aber das spürte er kaum. Er hatte eine Scheißwut!
    »Sag mal, du willst doch nicht behaupten, dass das eines der schrecklichen Monster von Torrlem ist, oder?«
    Agdeman, ganz aufs Robben konzentriert, hörte ihn nicht. Oder er verzichtete darauf, Jorge eine Antwort zu geben.
    Mit einer Mischung aus Unglauben und Verachtung beobachtete Jorge, wie sich Agdeman an die Vulvatte heranpirschte. Den Schlauch, der aus seinem Gurkenfass ragte, hielt er eng an seine Seite gepresst. Schließlich erhob er sich auf die Knie.
    Die fette Vulvatte hatte sich ihrerseits auf die Hinterbeine gesetzt und schnüffelte an einem besonders interessanten Klumpen Asche.
    Agdeman brachte das Rohr in Anschlag, schob es nach vom. Er betätigte eine Hebelvorrichtung. Ein

Weitere Kostenlose Bücher