Der Osmanische Staat 1300-1922
Anschluß des Sees mit seinen waldreichen Ufern an den Golf von Izmit lindern.
Nachrichtenwege
Moderne Kommunikationsmittel
Berittene Kuriere (ulak, später meist als „Tataren" angesprochen) verbanden die
Zentrale regelmäßig mit den Endpunkten der Überlandwege. Um 1700 galten z. B.
folgende Werte für europäische Poststrecken ab Istanbul: Özü an der Dnjepr-
Mündung 13, Gördüs/Korinth 20 Stationen. Aus den Poststationen (menzil)
entwickelten sich gelegentlich militärische Posten und kleinstädtische Siedlungen. Nach dem Krimkrieg entwickelte sich das Telegraphennetz. Schon
Ende der 1860er Jahre gab es 320 Telegraphenbüros in allen Teilen des Osmanen-Staats. Die von Damaskus bis Medina geführte Linie kann als Vorgängerin der
Hedschas-Bahn bezeichnet werden, insofern sie die Verbindung der Hauptstadt
mit der arabischen Peripherie herstellte (1901).Gleichzeitig hatte der Sultan die
Abhängigkeit von ausländischen Linien gelöst. Telefone wurden ab 1881 zum
amtlichen Gebrauch eingesetzt, später (1892) wurde ein allgemeines Telefonverbot erlassen, das immerhin bis 1908 galt.
Bevölkerungszahlen
Ein Register von 1477 liefert die frühesten Bevölkerungszahlen für Istanbul und
Galata. Man nimmt an, daß sich 16326 gezählte Familien (häne) - darunter 9517
muslimische, 5162 christliche (in der Mehrheit) griechisch-orthodoxe und 1647
jüdische Haushalte - auf ca. 80-100 000 Einwohner hochrechnen lassen. Einige
Forscher verwenden den Multiplikator 5 und addieren zum Produkt 10-20% für
die steuerlich privilegierten Mitglieder der sogenannten askeri-Klasse. Andere Autoren schlagen vor, die Bevölkerungszahlen für erwachsene männliche Steuerpflichtige höchsten zu vervierfachen, um zur Gesamteinwohnerschaft zu gelangen. Eine starkes statistisches Wachstum der gesamten osmanischen Bevölkerung zwischen 1500 und 1580 wird u. a. mit der verbesserten fiskalischen
Erfassung, insbesondere der „Nomaden", in Zusammenhang gebracht. Ob die
Bevölkerung im 17. Jahrhundert abnahm, ist umstritten. Die Tatsache, daß es nicht
leicht war, für das 1571 eroberte Zypern in Anatolien freiwillige Siedler zu
gewinnen, läßt an der These vom „Bevölkerungsdruck" im späten 16. Jahrhundert zweifeln. Im letzten Viertel des 16. Jahrhundert wurden die Steuerpflichtigen in allen anatolischen Städten ermittelt. Daraus ergeben sich Größenordnungsklassen von Orten über 3-4000 Einwohnern: z. B. Städte mit ca. 25 000
Einwohnern (Ankara 1571/2) bzw. 30-33 000 (Kayseri 1584) bis 64-65 000 Einwohner (Bursa 1573/4). Für die großen arabischen Metropolen existieren mit
Ausnahme von Aleppo keine brauchbaren Schätzungen. Dennoch darf man
angesichts des deutlichen Flächenwachstums vieler Städte von einem Anstieg
der Bevölkerung um rund 50% zwischen der Mitte des 16. und dem späten
17. Jahrhundert rechnen. Die Größenordnung von jeweils 8 Mio. Einwohner für
die europäischen und anatolischen „Hälften" des Osmanischen Staates führen
zusammen mit jeweils 2-3 Mio. für Ägypten bzw. den Maghreb zu den von F.
BRAUDEZ, angenommenen 22 Mio. Muslimen bzw. Untertanen islamischer
Mächte. Wir haben es also mit 18-20 Mio. osmanischen Untertanen im späten
16. Jahrhundert zu tun. Um 1800 könnte die Bevölkerung auf 25-32 Mio. angewachsen sein. Insgesamt gilt, daß aus osmanischen Registern errechnete Bevölkerungsdaten eine untere Grenze markieren. Viele demographische Parameter
(Fruchtbarkeit, Epidemien) sind unbekannt. Der Anteil der städtischen Bevölkerung unter den osmanischen Untertanen um 1800 lag in Anatolien nicht unter
10%, in Syrien-Palästina bei 20% (und damit höher als in Frankreich um 1806).
Binnenwanderungen
im 15.-17. Jahrhundert
Die Unsicherheit in großen Teilen des östlichen und nördlichen Anatolien
führte zu Abwanderungen, z. T. in die großen Städte der Region, z. T. weiter
nach Westen. Die Grenzkriege mit Iran wirkten in dieselbe Richtung. Anfang
des 17. Jahrhunderts gab es Versuche, Flüchtlinge von Istanbul nach Anatolien
zurückzuführen. Aber auch die bergigen Regionen des Balkan gaben Menschen
nach Saloniki, Istanbul und den Marmara-Raum ab, insbesondere Albaner. Neben
diesen push-Effekten muß die Anziehungskraft Istanbuls mit seinen großen
Baumaßnahmen und zahlreichen anderen Beschäftigungsmöglichkeiten angeführt werden. Gegen den unkontrollierten Zuzug wandte sich ein erstes
sultanisches Befehlsschreiben von 1567/8. Es konnte die Entwicklung eines
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