Der Pakt
hättest«, fuhr Sin fort, »jemanden, der dich mehr liebt als sein Leben und nichts mehr wünscht, als dich in Sicherheit zu sehen, würdest du zurückgelassen werden wollen?«
Sie hörte Schritte im Gang.
Seb lächelte unsicher, offenbar wusste er nicht, wie er sonst reagieren sollte.
»Niemand liebt mich«, antwortete er. »Steig in den Schrank.«
Sin kletterte hinein und kauerte sich auf einen Haufen von Schuhen und Socken zusammen. Der einzige Lichtstrahl fiel durch den Spalt zwischen den beiden Türen, durch den sie Seb sehen konnte.
Er hatte sich wieder aufs Bett gesetzt und den Kopf in die Hände gestützt.
Er war kein guter Schauspieler. Sin sah, wie seine Schultern zuckten und sein ganzer Körper stetig bebte. Obwohl er ein Magier war, war dieser Junge die Extreme von Leben und Tod nicht gewohnt.
Sie machte sich sprungbereit und zog das magische Messer aus der Tasche.
»Sebastian«, sagte Celeste scharf von der Tür her, »das Mädchen â¦Â«
Sie hielt inne und Seb sah auf.
»Tut mir leid«, sagte er rau. »Was ist?«
Es herrschte einen Moment Schweigen, dann hörte Sin das Klappern von Absätzen und erhaschte einen Blick auf blondes Haar und einen schwarzen Rock, als Celeste zu Seb ging und sich neben ihm aufs Bett setzte.
»Du hättest sie nicht allein lassen dürfen«, sagte sie.
»Tut mir leid«, wiederholte Seb steif. Sin merkte, dass es funktionieren konnte. Wenn er gleichzeitig erschrocken und furchtsam aussehen sollte, musste er nicht schauspielern. »Es war ⦠Jamie hat mich gefragt, ob wir uns unterhalten könnten.«
»Ich verstehe«, sagte Celeste. »Sebastian, das musst du aufgeben.«
Seb wurde tiefrot und sah sie gequält an, und Sin glaubte schon, er habe vollkommen vergessen, dass er einen Flüchtling im Schrank versteckte.
»Ich weià nicht, wovon du sprichst«, brummt er leise.
»Wir sind sehr froh, James bei uns im Zirkel zu haben«, erklärte Celeste. »Er ist sehr begabt und ich hoffe, dass er ein Gewinn für unsere Seite wird, aber er ist offensichtlich äuÃerst labil. Und als Teamplayer kann ich ihn auch nicht gerade bezeichnen. Es geht nicht nur darum, die Macht zu haben, verstehst du? Es geht darum, Abstand zu bewahren. Ich war nicht die begabteste Magierin meiner Generation. Aber ich habe Beziehungen aufgebaut und mich nicht verausgabt. Mach dir keine Gedanken wegen deiner Magie, Seb. Konzentrier dich auf deine Pflicht gegenüber dem Zirkel.«
Sin wünschte, Celeste wäre nicht so nett zu Seb, denn so etwas bekam er wohl eher selten zu hören.
Sie wollte nicht darüber nachdenken, wie groà wohl die Wahrscheinlichkeit war, dass er sich entschloss, zum Zirkel zu halten und die Schranktür zu öffnen.
»James ist ein junger Mann mit vielen Problemen«, erklärte Celeste. »Ich hoffe, er lernt es, sich zu beherrschen, aber ich habe schon viele begabte junge Magier in Ungnade fallen sehen. Und ich möchte nicht, dass du mit ihm untergehst.«
Seb schien immer noch entsetzt und beschämt, dass man so mit ihm sprach, aber bei ihren letzten Worten sah er auf.
»Du kennst ihn nicht. Er ist wirklich ein guter Mensch«, sagte er. »Er war immer so ein guter Kerl. Ich war ziemlich scheuÃlich zu ihm. Einige von uns waren es, aber es war meine Schuld. Er hatte die Macht, zurückzuschlagen, aber er hat es nie getan. So ist er eben.«
Die Anführerin der Magier legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Und dann wurde er geprüft«, erwiderte sie. »Und du siehst ja, wie er jetzt ist. Vielleicht bist am Ende doch du derjenige, der etwas Besonderes ist, Sebastian. Ich glaube, du könntest es sein, aber du musst dich mehr anstrengen. So etwas, wie das Mädchen unbeaufsichtigt lassen, geht einfach nicht.«
Dann zog sie die Hand fort, mit dem Versprechen von mehr Anerkennung, wenn er sie sich verdient hatte. Sin sah, wie Sebs Blick zu seinem Schrank glitt und fasste das Messer fester.
»Ich könnte ⦠auf das kleine Mädchen aufpassen«, schlug er zögernd vor. »Wo ist sie denn?«
»Du kannst uns helfen, das Mädchen zu suchen«, antwortete Celeste leicht verärgert. »Gleich beginnt die Party, und ich will, dass alles in Ordnung ist.«
»Was, wenn sie in den Fluss gesprungen ist?«, fragte Seb. »Das hätte ich jedenfalls getan.«
Celeste erhob sich und verschwand
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