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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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Streifenpolizisten außer Dienst erschossen wurde. Was zunächst mit einem friedlichen Protestmarsch gegen die tödlichen Schüsse begonnen hatte, artete am 18. Juli in Randale aus, als sich eine Menschenmenge an der 123rd Street in Harlem zusammenrottete und den Polizisten im Revier »Mörder!« zuschrie. Jimmy und Will, die zusammen mit anderen Cops zur Verstärkung hingeschickt worden waren, wurden mit einem Hagel aus Flaschen, Ziegelsteinen und Mülltonnendeckeln eingedeckt, Plünderer beschafften sich in den Läden der Umgebung Lebensmittel, Radios und sogar Waffen. Jimmy konnte sich noch an einen Captain der Polizei erinnern, der die Randalierer bat heimzugehen, worauf jemand lachte und zurückrief: »Wir sind daheim, weißer Junge!«
    Nach fünftägigen Unruhen in Harlem und Bedford-Stuyvesant war ein Mensch tot, 520 waren festgenommen worden, und für Bürgermeister Wagner hatte die Stunde geschlagen. Seine Tage waren schon vor den Unruhen gezählt. Die jährliche Mordrate hatte sich in seiner Amtszeit auf sechshundert verdoppelt, und schon vor den tödlichen Schüssen auf Powell war die Stadt über den Mord an einer Frau namens Kitty Genovese schockiert, die in ihrer gut situierten Wohngegend in Queens dreimal nacheinander vom selben Mann, einem gewissen Winston Moseley, erst angegriffen und schließlich erstochen worden war, während zwölf Menschen zuschauten oder die Schreie hörten und nichts weiter unternahmen, als die Polizei zu rufen. Man hatte das Gefühl, dass die ganze Stadt in Auflösung begriffen war, und gab Wagner die Hauptschuld ­daran.
    Für die Männer des Neunten waren die Sorgen über den Zustand der Stadt nichts Neues. Das Neunte wurde von denen, die dort dienten, liebevoll »das Scheißhaus« genannt, von allen anderen weniger liebevoll. Sie verkörperten das Gesetz, die Männer dieses Reviers, und sie bewachten ihr Territorium gut, hielten nicht nur Ausschau nach Bösewichten, sondern auch nach ein paar Guten, wie Kapitäne, die an einem langweiligen Tag die Sau rauslassen wollten. »Fliegt ins Scheißhaus«, gab jemand über Funk durch, und danach standen alle ein bisschen strammer, solange es nötig war.
    Jimmy und Will waren damals ehrgeizig und wollten es beide so schnell wie möglich zum Sergeant bringen. Die Konkurrenz war härter als vorher, seit Felicia Spritzers Klage 1963 dazu führte, dass auch Polizistinnen die für die Beförderung nötige Prüfung ablegen durften, worauf Spritzer und Gertrude Schimmel im Jahr darauf Sergeant wurden. Jimmy und Will war das schnurzegal, ganz im Gegensatz zu einigen älteren Jungs, die alle möglichen Ansichten hatten, wenn es darum ging, wo eine Frau hingehörte, aber in ihrem Revier wollten sie auf keinen Fall eine mit drei Streifen haben. Die beiden hatten einen Leitfaden für Streifenpolizisten in einem blauen Plastikringhefter, dick wie eine Bibel, und den hatten sie immer dabei und fragten sich jedes Mal ab, wenn sie eine Pause machten. Seinerzeit musste man als Streifenpolizist fünf Jahre lang kriminalpolizeiliche Arbeit erledigen, bevor man Detective wurde, aber das Einkommen eines Sergeants bekam man erst, wenn man Detective zweiten Grades war. Sie wollten sowieso keine Kriminalpolizisten werden. Sie waren Straßencops. Deshalb beschlossen sie, die Prüfung zum Sergeant zu probieren, selbst wenn sie deswegen das Neunte verlassen und möglicherweise sogar in unterschiedlichen Revieren dienen mussten. Es wäre schwer, aber sie wussten, dass ihre Freundschaft auch das überstehen würde.
    Im Gegensatz zu vielen anderen Cops, die als Rausschmeißer arbeiteten und die Itaker aus Brooklyn von den Clubs fernhielten oder als Leibwächter für Prominente dienten, was langweilig war, hatten sie keinen zweiten Job. Jimmy war ledig, und Will wollte mehr Zeit mit seiner Frau verbringen, nicht noch weniger. Bei der Polizei gab es immer noch viel Korruption, aber meistens handelte es sich um Kleinkram. Im Laufe der Zeit würde durch die Drogen alles anders werden, und diverse Kommissionen würden sich käufliche Cops mit aller Härte vorknöpfen. Vorerst aber konnte man allenfalls darauf hoffen, dass man ab und zu ein bisschen was dazuverdiente, wenn man einen Kinobesitzer mit den Tagesein­nah­men zum Nachtsafe begleitete, worauf dieser ein paar Dollar für Drinks auf dem Rücksitz hinterließ. Bald schon würde man ­sogar missbilligende Blicke ernten, wenn man sich lediglich ein Mittag essen »spendieren« ließ, aber die meisten Lokale im

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