Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
getroffen haben, und jedes Mal glaube ich im Verhalten meines Herrn eine tiefer werdende Verdrossenheit, vielleicht sogar Feindseligkeit wahrgenommen zu haben. Bis zum heutigen Tag habe ich nicht herausgefunden, was geschehen ist, um einen solchen Unmut zu verursachen.«
»Seid Ihr mit ihm gegangen, als er zurückkehrte?«
»In die Normandie?«, fragte Ælfwold, als wäre das eine absurde Frage, und ich war von seinem Ton überrascht. »Nein, ich bin hiergeblieben und habe geholfen, seine Ländereien auf dieser Seite des Meeres zu verwalten.«
»Dann wurde sie also nicht von dem Usurpator konfisziert?«
»Nein«, sagte der Kaplan. »Selbst zu diesem Zeitpunkt hoffte Harold, glaube ich, immer noch auf eine Versöhnung zwischen ihnen, aber für meinen Herrn war es zu spät.« Ein Ton des Bedauerns schien sich in seine Stimme zu schleichen. »Der Schaden war angerichtet und konnte nicht behoben werden.«
Ich schwieg. Harold war eidbrüchig gewesen, ein Meineidiger, ein Feind Gottes; er hatte kein Recht auf das Königreich England. Aber trotzdem dachte ich unwillkürlich: Wie schwer musste es gewesen sein, so viele Jahre der Freundschaft ungeschehen zu machen, wie Malet es getan hatte?
»Er ist ein guter Herr«, sagte Ælfwold und warf einen Blick zurück zum Heck des Schiffs, und ich stellte mir vor, dass er zurück nach Eoferwic schaute, auch wenn es natürlich mittlerweile viele Meilen hinter uns lag.
Ein lautes Stöhnen kam von der hölzernen Plattform am Bug des Schiffs; Eudo vergrub den Kopf in den Händen, und die anderen brachen in Gelächter aus.
Wace legte seine Hände über den Haufen Kieselsteine, der in der Mitte ihres Kreises lag, und zog ihn zu seinen eigenen. »Sei nur froh, dass wir nicht um Silber spielen«, sagte er und gab Eudo einen teilnahmsvollen Klaps auf die Schulter.
Die Damen schauten einen Moment lang in die Richtung der Spieler, bevor sie wieder auf den Fluss starrten. Ich hatte den ganzen Tag wenig mit ihnen gesprochen, außer um mich zu erkundigen, ob sie sich wohlfühlten und in ausreichend wärmende Umhänge und Decken gehüllt waren. Zwischenzeitlich hatte ich ihnen Essen und Wein bringen lassen, trotz des Eindrucks, es mangele ihnen an Appetit.
Ich wandte mich wieder Ælfwold zu. »Die Rebellen werden Eoferwic nicht einnehmen«, sagte ich. Ich versuchte zuversichtlich zu klingen, obwohl ich in Wahrheit nicht völlig überzeugt war, denn ich dachte nicht nur an die Armee außerhalb der Mauern, sondern auch an die Stadtbewohner darin. Ich zweifelte nicht an Malets Fähigkeiten, aber ich war mir nicht sicher, ob siebenhundert Mann genug sein würden, um die Stadt zu halten.
»Die Rebellen sind nur der Anfang«, erwiderte Ælfwold. »Selbst wenn sie abgeschlagen werden können, haben wir es im kommenden Sommer mit den Dänen zu tun, und was dann geschieht, kann niemand außer Gott wissen.«
»Falls die Dänen überhaupt kommen«, stellte ich fest.
»Sie werden kommen«, sagte er. Er erwiderte meinen Blick, und erst da wurde mir klar, wie alt er aussah und wie müde seine Augen waren, nicht nur von der Erschöpfung durch die Ereignisse des Tages, wie mir schien, sondern von etwas tiefer Sitzendem.
»Betet mit mir, Tancred«, sagte er. Er kniete sich auf das Deck nieder, legte die Hände zusammen und machte die Augen zu.
Ich tat desgleichen, und als er die ersten Worte des Paternoster zu intonieren begann, schloss ich mich an und rezitierte Worte, die ich viele Jahre lang geübt hatte und die gewissermaßen tief in meiner Seele verwurzelt waren: »Pater noster, qui es in caelis, sanctificetur nomen tuum …«
Wie mir die Sätze von der Zunge rollten, geriet mein Geist ins Wandern, und ich begann über die vor mir liegende Reise nachzudenken, darüber, dass wir die beiden Frauen sicher nach Lundene bringen mussten, und über unsere Aufgabe danach. Was war das für eine Botschaft, die der Kaplan bei sich trug, fragte ich mich, und warum Wiltune?
»Et ne nos inducas in tentationem, sed libera nos a malo. Amen«, beendete ich das Gebet und schlug die Augen auf.
Ælfwold gähnte. »Verzeiht mir«, sagte er. »Es war ein langer Tag, und ich muss mich ausruhen.«
»Natürlich«, sagte ich. Die Zeit für solche Fragen würde kommen, beschloss ich. Es war nicht unbedingt nötig, sie jetzt zu erörtern, denn wir hatten noch viele Reisetage vor uns.
»Ich sollte noch mit den Ladys Elise und Beatrice sprechen, bevor ich schlafen gehe«, sagte der Kaplan. »Ich wünsche Euch eine gute
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