Der Pakt der Wächter: Roman
SIS hat er mir zu der Stelle am Schimmer-Institut verholfen.«
Vor dem Fenster, durch die dünnen Vorhänge, sehe ich auf der andern Straßenseite Leute in einem Großraumbüro arbeiten.
Wo bleibt die Polizei?
»Man gewährte mir fachliches Asyl«, fährt Stuart fort. »Eine der Lächerlichkeit preisgegebene, alkoholabhängige Witzfigur von einem Archäologen stolpert zufällig über eines der größten Rätsel in der Geschichte der Archäologie.«
»Was wahrscheinlich kein Zufall war. Du wusstest, wonach du suchtest.«
»Das meiste, was ich dir erzählt habe, ist wahr. Glaub mir.«
»Erzähl mir von ihm. Wer ist der Mann, der hinter mir her ist?«
»Scheich Ibrahim... Wo soll ich beginnen? Einige sehen in ihm eine religiöse Führerfigur, andere einen Philosophen. Einen Fanatiker. Keiner kennt ihn wirklich. Er stammt aus den Emiraten, wo er wertvolle Ölfelder besitzt. Er ist unendlich reich und ein ziemlich komplizierter Mensch. Sein Interesse für alte Manuskripte ist nicht nur aus seiner Sammlermanie und seinem Reichtum abzuleiten. Er hat die Vorstellung, dass die Juden und die Christen Mohammed nicht nur als Propheten, sondern den wahrsten aller Propheten anerkennen müssen. Der Scheich ist ein lebendes Paradox. Tief religiös, aber ebenso monomanisch besessen von Reichtum und Macht. Er hat die weltgrößte Privatsammlung altertümlicher Kunst. Seine Bibliothek ist enorm. Er ist berechnend und zynisch und spendet zugleich Millionen Dollar für Tierkliniken in Kanada und Grundschulen in Somalia und so weiter. Er ist ebenso hochgebildet, belesen und reflektiert wie rücksichtslos, auch was seine Tätigkeit als Chef riesiger Finanzorganisationen angeht. Der Scheich ist skrupellos. Er scheut keine Mittel, um seine Ziele zu erreichen. Und er stellt Männer ein, die Saft in den Eiern haben.«
»Mörder.«
Stuart nickt nachdenklich.
»Und dich.«
»Und Männer wie mich...«
»Was umfasst seine Bibliothek?«
»Die Bibliothek des Scheichs umfasst eine einzigartige Manuskriptsammlung. Frühe Kopien von Bibel- und Korantexten. Er besitzt eine der Originalhandschriften aus dem Hohelied Salomos. Salomo ist auch ein Prophet im islamischen Glauben.«
»Wie kam er auf Snorri? Sira Magnus? Mich?«
»Seit den frühen Siebzigerjahren hat der Scheich den Sammlermarkt auf legale und illegale Manuskripte, Briefe, Pergamente, Karten und Dokumente durchkämmt. Auf diesem Weg ist ihm eine Abschrift eines Fragments der sogenannten Vatikankopie in die Hände gefallen, nämlich Asims Übersetzung ins Koptische, die er von Herzog Richards Hof in der Normandie an den Kalifen von Ägypten schicken wollte, die der Vatikan aber beschlagnahmte und nichts ahnend in seinem Archiv verlegte.«
»Dann ist das ein anderes Manuskript als das, was wir in Thingvellir gefunden haben?«
»Eine andere Version, ja. Der Scheich ließ den Text übersetzen und war von Stund an besessen davon, das Original zu finden. Als er von meinen Funden in Ägypten hörte, sah er einen unmittelbaren Zusammenhang.«
»Von welchem Originalmanuskript redest du jetzt?«
»Hast du es denn noch immer nicht begriffen? Asim hat die Papyrustexte kopiert, die die Wikinger aus der Grabkammer in Ägypten entwendet haben.«
»Und die Thingvellirrollen...«
»…sind hebräische Kopien des gleichen Textes – mit einer neuen Übersetzung ins Koptische.«
»Sira Magnus wusste von alldem nichts.«
»Wohl wahr. Aber er war durch einen Zufall in den Besitz eines uralten Dokuments gekommen, den Snorri-Codex, der eine Spur enthielt, einen Hinweis, nach dem der Scheich über fünfundzwanzig Jahre gesucht hatte. Der Codex beinhaltete Karten und Codes, die zu den norwegischen Grabkammern und zu der Höhle in Thingvellir führten, wo Snorri Asims Manuskriptkopie versteckt hatte.«
»Sira Magnus hatte keine Ahnung, was er da gefunden hatte.«
»Er wusste auch nicht, wie der Text, die Zeichen und die Karten zu deuten waren. Aber er hat sehr wohl begriffen, dass der Codex auf dem Schwarzmarkt sicher einige Millionen Dollar wert sein würde. Das war auch der Grund, wieso er sich mit uns in Verbindung gesetzt hat.«
»Das glaube ich nicht.«
»Sira Magnus brauchte Geld. Na ja, vielleicht nicht er persönlich, aber seine Kirche. Für eine neue Orgel. Kunstwerke an den Wänden. Sira Magnus wollte uns den Codex verkaufen.«
»Trotzdem. Ich verstehe das immer noch nicht.«
»Im Laufe der Zeit hat Sira Magnus eine nicht unbeträchtliche Summe isländischer Pergamente und
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