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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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neben dem Snorri-Codex eine Mail von Thrainn mit einer digitalisierten Version der Thingvellirrollen.
    »O mein Gott«, platzt sie heraus, als ich das Adobe-Dokument öffne.
    Klar und deutlich leuchtet uns das Pergament auf dem Flachbildschirm entgegen.
    »Der Konservator wird seinen Augen nicht trauen. Ist es …« Sie zögert. »Wäre es möglich … einen Ausdruck zu machen?«
    Ich drücke auf das Print-Icon. Dankbar drückt sie meine Schulter. Der große Laserdrucker erwacht. Als das Dokument ausgedruckt ist, sage ich: »Sie haben nicht auf meine Frage geantwortet.«
    »Welche Frage?«
    Ich nicke in Richtung der verschlossenen Tür.
    »Ach das. Kommen Sie.«
    Sie zieht mich zur Tür, wo sie in einen Irisscanner blicken muss, bis es grün leuchtet. Dann tippt sie einen Code ein. Das Türschloss summt, und sie kann die schwere Tür öffnen.

2
     
    Wir treten in eine Atmosphäre aus Mystik und Vergangenheit. Die Fresken an den Wänden und an der Decke stellen die Höhepunkte der Bibelgeschichte dar. Wüsste ich es nicht besser, würde ich glauben, Michelangelo hätte auch hier seine Pinsel geschwungen. Unter der Deckenkuppel hängen drei Kronleuchter. Auf Absätzen und in Nischen stehen Ikonen und Reliquienschreine. In meinem Innern klingen gregorianische Gesänge. An der entfernten Schmalseite des Raumes hängt ein Kruzifix. Elí, Elí, lemá sabaktáni? Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen ? In einem Glaskasten auf einer Säule ist eine Dornenkrone ausgestellt. Das ist doch wohl nicht die Dornenkrone? Ich bringe es nicht übers Herz zu fragen. Unter dem Kreuz steht ein Tisch mit einer weißen Decke. Große, weiße Kerzen brennen in einer Menora, einem siebenarmigen Leuchter. An den Längswänden zwischen den Fresken stehen Regale mit Glastüren und Schubladen. Die tiefen Fenster sind mit soliden schmiedeeisernen Gittern gesichert. Unter der Decke hängt eine Überwachungskamera.
    »Willkommen in der Heiligen Bibliothek «, sagt Beatriz. »Hier bewahren wir unsere seltensten und wertvollsten Schätze auf.«
    Der Teppich, über den wir schreiten, ist weich wie Moos.
    Beatriz bleibt an einer Glasvitrine stehen. Sie nimmt einen Codex mit hölzernen Deckeln heraus. Ich stehe ein Stück hinter ihr und blicke über ihre Schulter. Sie öffnet das Buch sehr vorsichtig.
    »Das ist der Originaltext über De Transitu Virginis , die Himmelfahrt Marias, geschrieben um das Jahr 169 herum, von St. Melito von Sardis. Da Maria die Mutter von Gottes Sohn war, konnte sie ja kaum eines normalen Todes sterben. Darum wurde sie mit Körper und Seele hinauf in den Himmel geholt, als ihre Zeit auf Erden vorbei war.«
    Bewegt betrachte ich die Buchstaben, die voller Andacht und Liebe und mit höchster Sorgfalt zu Papier gebracht worden sind.
    Beatriz zieht mich weiter zu einer Reihe Archivschränke und öffnet eine Schublade. Auf einem seidenen Kissen liegen zwei Goldmünzen. »Diese Münzen werden Nikolas von Myra zugeschrieben, Sankt Nikolaus, wie wir ihn heute nennen. Er soll in aller Stille einen Mann und seine drei Töchter vor der Armut und der Prostitution bewahrt haben, indem er ihnen Säckchen mit Goldmünzen durch das Fenster und den Schornstein ins Haus geworfen hat.«
    Aus einer vergoldeten Schatulle holt sie einen kleinen goldenen Schrein mit einem rissigen Dokument, das zur Konservierung zwischen zwei Glasplatten gepresst worden ist.
    »Das ist das Urteil, das Pontius Pilatus über Jesus Christus gefällt hat. Der Befehl zur Hinrichtung.«
    »Wie haben Sie das alles in die Finger gekriegt?«
    »Wir haben uns immer gut mit dem Vatikan gestellt. Die verschiedensten Päpste, Kardinäle und Bischöfe haben uns für die unterschiedlichsten Dinge gebraucht. Wenn die theologischen Debatten am ärgsten tobten, war es oft ratsam, die Dokumente beiseitezuschaffen, damit sie nicht ihren Kritikern in die Hände fielen. Der Miércolespalast ist sicherer als das geheime Archiv des Vatikans. Abtrünnige Archivare oder Kardinäle waren schon immer ein Risiko für den Vatikan. Auf uns konnte man sich hingegen verlassen.«
    »Das ist unbegreiflich, Beatriz, absolut unbegreiflich!«
    »Es kommt aber nicht alles vom Vatikan. Wir haben auch auf dem offenen und dem illegalen Markt Manuskripte gekauft, Briefe, Bücher, Codices und Pergamente. Wir haben Ausgrabungen finanziert und Archäologen, Entdecker und Abenteurer bestochen. Indem wir uns diese Schätze gesichert haben, sind sie wenigstens nicht verloren gegangen.«
    »Ob sie nun

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