Der Pakt der Wächter: Roman
idyllischen Dörfchen Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch in Wales sein.
Was werden sie mit mir anstellen, wenn ich ihnen sage, dass ich es nicht weiß? Werden sie mir ein paar Finger brechen, um sicherzugehen? Gewiss werden sie mich bitten, im SIS anzurufen. Doch wie werden Professor Llyleworth oder Diane reagieren, wenn ich ganz unerwartet anrufe, Hallo, ich bin’s, Bjørn sage und frage, wo sich die Rollen befinden? Bestenfalls erkennen sie, dass ich erpresst werde. Schlimmstenfalls verwehren sie mir die Antwort. Auf jeden Fall werden sich Wissenschaftler und Rollen an einem anderen Ort befinden, wenn Hassans Truppen mit ihren Waffen anrollen. Und ich hege keine Zweifel daran, dass ich dann immer noch hier im Dunkel der Zelle sitzen werde …
Ich war schon immer ein Waschlappen, was Schmerzen angeht. Ich leide wie sonst keiner.
Der Gedanke an den Schmerz, den mir Hassan zufügen wird, bereitet mir Übelkeit. Am liebsten würde ich weinen.
Mein Atem zittert. Der Konservator schnarcht leise.
Der Plan
1
Dieses Mal höre ich die Schritte nicht. Plötzlich klirren Schlüssel, und das rostige, schwerfällige Schloss setzt sich zur Wehr.
Ich zucke zusammen. Schon? Mir stockt der Atem. Mein Herz bleibt stehen. Das Hirn erstarrt in wilder, primitiver Panik.
Die Scharniere knarren. Dann öffnet sich die Tür.
Ich bekomme keine Luft, mein Hals ist zugeschnürt.
Durch den Türspalt huscht der Lichtkegel einer Taschenlampe.
In diesem Augenblick weiß ich genau, was man fühlt, wenn man als zum Tode Verurteilter geholt und zum elektrischen Stuhl geführt wird.
Ich schluchze auf.
»Psst«, flüstert die Stimme.
Beatriz.
Beatriz mit den unbändigen Haaren und dem hübschen Lächeln. Beatriz mit dem koketten Blick.
Beatriz, die Verräterin.
Warum schicken sie sie, um mich zu holen? Eine zierliche Frau?
»Schnell!«, flüstert sie.
Der Konservator springt auf. »Bea!«, platzt er heraus und umarmt sie. Ich selbst habe Schwierigkeiten, meine Gedanken zu sammeln und gleichzeitig aufzustehen.
»Bäh, stinkt das hier«, sagt Beatriz.
Was ist los? Wo sind die Wachen? Wartet Hassan hinter der Tür?
Ängstlich und verwirrt presse ich mich an der Wand entlang in die hintere Ecke der Zelle. Fort von Beatriz und der Angst, die sie mitgebracht hat.
»Bjørn?«
Ich zucke zusammen, als der Lichtstrahl wie ein Peitschenhieb über mein Gesicht zuckt.
»Bjørn, was ist denn los«, fragt Beatriz.
Bjørn, was ist denn los?
Ich blinzele ins Licht.
Sie fragt: »Aber mein Lieber, haben Sie denn nicht verstanden?«
Verstanden? Ich antworte nicht. Mein Lieber? Ich habe nicht verstanden.
Sie kommt in die Zelle. Reicht dem Konservator die Taschenlampe und hilft mir aufzustehen. Ich zittere am ganzen Körper und schäme mich dafür. Möchte mir selbst im Angesicht des Todes einen Rest Würde bewahren. Will mich in meinen letzten Minuten hier auf Erden nicht wie ein zitternder, jammernder Schwächling präsentieren.
Sie legt mir die Hände auf die Schultern und sieht mir in die Augen. In die schwachsichtigen Augen, die mir Hassan mit seinen Daumen ausstechen wird, ehe er mich umbringt.
»Bjørn?«
Ich sehe weg.
»Hallo? Mein Freund!«
»Was wollen Sie?«
»Kommen Sie zu sich!«
»Wollen Sie zusehen? Wenn Hassan mich foltert?«
Sie drückt mich an sich.
»Bjørn! Hören Sie mir zu. Sehen Sie mich an. Bjørn! Bjørn !«
»Ja?«
»Ich habe das alles nur gespielt!«
Gespielt. Sagt sie.
»Ich habe so getan, als wäre ich auf Estebans Seite.«
So getan . Sagt sie.
»Mir ist das nicht schwergefallen. Diese Rolle beherrsche ich. Mein ganzes Leben war ein einziges langes Schauspiel mit Esteban als Gegenpart. Er …« Sie will etwas sagen, verschluckt es aber. »An dem Abend, als ihr von Esteban überrumpelt worden seid, wurde ich von einem Wachmann informiert, der von mir ein Extrahonorar erhält, um … na, sagen wir, auf meiner Seite zu sein. Mir war gleich klar, dass ich so tun musste, als zöge ich mit Esteban an einem Strang. Ich hatte keine andere Wahl. Nur so konnte ich herausfinden, was er vorhatte. Ich bot ihm an, die Wachen ins Mausoleum zu führen, damit er unter vier Augen mit Ihnen reden konnte, bevor Sie in die Kerkerzelle gebracht wurden. Er war so dankbar, dass ich ihm Hilfe anbot. Endlich hieß es wieder: Wir gegen den Rest der Welt. Esteban ist ein gerissener Kerl, aber ich habe ihn in der Hand. Er lässt sich immer wieder von mir täuschen. So war es schon immer.«
In
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