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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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ersatzweise einen Kugelschreiber hineinstecke, merke ich, dass sich im Innern des Balkens etwas verschieben lässt. Ohne direktes Resultat. Erst als wir alle drei gleichzeitig einen Stift in die drei Löcher stecken, lösen wir einen inwendigen Mechanismus aus. Es knackt und rasselt, als würde sich ein Schloss öffnen, und plötzlich springt die eingelassene Klappe ohne den geringsten Widerstand auf.
    Ich leuchte mit der Taschenlampe in den Hohlraum und sehe – ein Stück Holz?
    Zögernd stecke ich die Hand hinein. Man kann ja nie wissen, ob der Konstrukteur des Schließmechanismus seine Konstruktion nicht mit einer Falle ausgestattet hat, die jedem unerwünschten Eindringling die Hand abhackt.
    Ich lege meine Finger um den Holzstab, zähle langsam bis drei und ziehe ihn blitzschnell heraus.
    Meine Hand ist noch dran. Und sie umklammert einen Runenstab.
    Vibeke ist Feuer und Flamme. Im Namen des Vereins für Denkmalschutz, der Kreisverwaltung Sogn und Fjordane, des Zentralinstituts für Denkmalpflege und unseres Herrn würde sie den Fund am liebsten auf der Stelle konfiszieren. Øyvind und mir gelingt es nur mit vereinter Überzeugungsarbeit und unter Aufbietung allen uns zur Verfügung stehenden Charmes, sie zu überreden, uns den Runenstab wenigstens so lange zu »borgen«, bis wir ihn uns in Ruhe angesehen haben. Wir versprechen ihr hoch und heilig, ihn danach unbeschadet bei ihr abzuliefern, damit er zur Freude des Chefs für Touristik, des Vorsitzenden der Großkreisversammlung und aller Kreuzfahrtpassagiere in einer Glasvitrine ausgestellt werden kann.
    Der Stab ist, was uns nicht wirklich überrascht, komplett unleserlich. Aber nachdem wir diverse Caesar-Kombinationen ausprobiert haben, stellen wir fest, dass jedes Runenzeichen durch ein anderes Runenzeichen fünf Positionen weiter rechts im Alphabet ersetzt wurde. In heutiges Norwegisch übersetzt lautet die Inschrift:
    Urnes verbarg
den heiligen
Hinweis
50 Jahre
     
    Die Soldaten des Papstes
kamen uns zu nah
     
    Des heiligen Kultes
Amon-Ra würdige WÄCHTER
kennen der Runen
klangvolles Geheimnis

     
    B
-SELF-
R
G
    Schon wieder ein Hinweis auf die Soldaten des Papstes und den ägyptischen Sonnengott Amon-Ra. Ursprünglich waren Amon und Ra zwei Götter, die mit der Zeit zu einem verschmolzen sind.
    Derjenige, der vor mehr als achthundert Jahren die Runen in den Stab geritzt hat, muss sich sehr sicher gewesen sein, dass der Code und damit die Botschaft verborgen blieb, falls jemand wider Erwarten und zufällig den Runenstab finden sollte. Kaum ein Mensch konnte zu der Zeit etwas mit Rebussen oder verschlüsselten Texten anfangen. Höchstens Gelehrte und Schriftkundige wären in der Lage gewesen, die Runen zu entziffern. Aber nur, wenn man auch noch wusste, wonach man suchte, und verstand, wo und wie man an die Information gelangen konnte, hatte man überhaupt eine Chance, dem Zeichenwirrwarr einen Sinn zu entlocken.
    Wir brauchen fünfzehn Sekunden für die Entschlüsselung des Runenkreuzes.
    Las man die Buchstaben der Querzeile, -SELF- von hinten nach vorne, kam die Silbe FLES heraus, während die senkrechte Zeile das Wort BERG ergab.
    Flesberg.

3
     
    Die Stabkirche von Flesberg wurde Ende des 12., Anfang des 13. Jahrhunderts errichtet und steht in einer Umzäunung aus hochkant aufgestellten Steinplatten auf einer Lichtung in Numedal in der Provinz Buskerud inmitten sanfter, bewaldeter Hügel und alter bewirtschafteter Flächen. 1732 beklagte sich der amtierende Pfarrer, dass die verfallene Kirche bereits »seit cattolischen Zeiten« ungenutzt dort stehe, worauf die Kirche umgebaut und in eine Kreuzkirche verwandelt wurde. Es ist nicht bekannt, was mit den Bauresten der alten Kirche geschehen ist. Wahrscheinlich wurden sie für den Bau anderer Häuser weiterverwendet, wenn sie nicht einfach verfeuert wurden.
    Øyvind und ich sehen widerstrebend ein, dass die Chancen, auf Spuren aus dem 12. Jahrhundert zu stoßen, gleich null sind.
    Der Pfarrer führt uns herum. Wie die meisten Pastoren liebt er seine Kirche. Und wie wir es vermutet haben, ist aus dem Mittelalter tatsächlich nicht mehr viel übrig. Die einzigen erhaltenen Gegenstände sind die Taufschale, ein paar Steinkreuze, eine Bankwange mit Kerbschnitzerei, drei der Außenwände des Seitenschiffes und das Westportal, das mit kunstvoll geschnitzten Blättern und Drachen, Schlangen und Rankenornamenten verziert ist.
    Selbst stundenlanges Suchen beschert uns keine geheimen Klappen, keine

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