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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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das jüngere futhark . Indem man die beiden Scheiben dreht, treffen alle möglichen verschiedenen Zeichen in unterschiedlichen Kombinationen aufeinander.
    Aber welche Kombination auch immer Terje ausprobiert, ist das Runenrad keine Hilfe bei der Entschlüsselung des Textes.
    Nachdem er einen Caesar-8-Code auf die gewöhnlichen Runen angewandt und danach jedes zweite Zeichen entfernt hat, bekommt Terje aber wenigstens in diesen Teil des Textes einen Sinn, der übersetzt und vorwärtsgelesen wie folgt lautet: TGNILK EKCOLG, was rückwärtsgelesen zu GLOCKE KLINGT wird.
    Für die Astrunen braucht er länger. Die Zeichen sträuben sich, sind widerborstig, aber Terje, der genauso stur, hartnäckig und eigenwillig ist wie ich, knackt zu guter Letzt auch diesen Code.
    Der Runenmeister hat konsequent und nach einem ausgeklügelten System die Anzahl der Äste auf der rechten Stabseite manipuliert. Ganze drei Mal kommen zwei Wörter vor, die übersetzt und in der richtigen Richtung gelesen RHAJ GIZFNUF FUNFZIG JAHR ergeben.
     
    Bleiben drei noch nicht entschlüsselte Wörter oder Namen mit fünf, acht und drei Zeichen, die noch weiter verfremdet wurden. Aber jetzt hat Terje das System des Runenmeisters durchschaut. Nachdem er diverse Caesar-Verschiebungen an den rückwärtsgelesen Worten ausprobiert hat, ergeben sich drei Namen:
    URNES FLESBERG LOM
    Damit lautet die entschlüsselte Runeninschrift auf der Kirchenglocke:
    GLOCKE KLINGT
    URNES FUNFZIG JAHR FLESBERG FUNFZIG
    JAHR LOM FUNFZIG JAHR

5
     
    Ehe Øyvind und ich nach Lom fahren, rufe ich Ragnhild an.
    Sie ist ziemlich kurz angebunden, hat nichts Neues zu berichten. Im Gegenzug verrate ich ihr auch nichts von unserem nächsten Ziel. Sie will wissen, wo ich gewesen bin, aber auch darüber will ich ihr keine Auskunft geben. Ich kann auch kurz angebunden sein. Irgendwie hat sich in meinem Kopf festgesetzt, dass wir rein theoretisch über Strahlen oder geostationäre Satelliten abgehört werden könnten. Aber das behalte ich lieber für mich. Ich will schließlich nicht wieder eingewiesen werden.
    »Je weniger Sie wissen, desto besser für uns beide«, sage ich.
    »Die Logik verstehe ich nicht ganz.«
    »Je weniger Sie verstehen, desto besser können Sie nachvollziehen, wie es mir geht?«
    »Bjørn, dieses Gespräch ist vollkommen sinnlos.«
    Und schon wieder hört sie sich an wie Mama.
    »Sind Sie noch da?«, fragt sie nach einer Weile.
    »Ja …«
    »Vergessen Sie nicht, dass die Polizei dazu da ist, Ihnen zu helfen. Ich bin da, um Ihnen zu helfen.«
    Ich würde mich wirklich gern mal ausführlicher mit ihr unterhalten. Zum Beispiel über mein Misstrauen Autoritäten, Ämtern, Ärzten und Psychiatern gegenüber, gegenüber Obrigkeiten und allen, die sich über uns erhaben fühlen. Aber ich halte den Mund. Weil die Worte sich auf halber Strecke zwischen Hirn und Zunge verhaken. Ist vielleicht besser so. Sie würde es sowieso nicht verstehen. Ragnhild ist ein pflichtbewusstes und loyales Rädchen in der Maschinerie der Gesellschaft.
    Ich erkundige mich, ob die Ermittlungen eingestellt worden sind. Sie versichert mir, die Ermittlungen liefen auf Hochtouren, doch für meine Ohren klingt das etwas halbherzig. Dann räumt sie ein, dass sie leider keinen Anhaltspunkt haben und nicht wissen, wo sie mit der Suche anfangen sollen. Genau wie ich hat die Polizei seit Tagen keine Spur von Hassan und seiner Armee gesehen. Die meisten würde es wahrscheinlich erleichtern. Mich dagegen beunruhigt es eher. Die gefährlichsten Raubtiere sind die, die man nicht sieht.
    Dabei weiß ich, dass sie da sind. Irgendwo da draußen.
    Und dass sie mich suchen.

6
     
    Die Silhouette der Stabkirche von Lom hebt sich schwarz vor dem Aussichtsberg Lomsegga ab. Geschnitzte Drachenköpfe blicken mit gefletschten Zähnen gen Himmel, während dünne Schleierwolken über das Gebirge Jotunheimen ziehen. Die große Stabkirche wurde gegen Ende des 12. Jahrhunderts auf dem Fundament einer noch älteren Kirche errichtet.
    Vier Tage lang durchkämmen Øyvind und ich jeden Winkel der Kirche mit freundlicher Unterstützung des Pfarrers, des Küsters und der Vertreter des Denkmalschutzvereins.
    Ich mache unseren freundlichen Helfern klar, dass es mit der Ruhe in Lom aus und vorbei ist, wenn auch nur ein Sterbenswörtchen über unsere Tätigkeit hier an die Öffentlichkeit dringt. Dann würde das Städtchen von Osloer Zeitungen und anderen Medien nur so überrollt werden. Fernsehanstalten würden live aus Lom senden

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