Der Pakt der Wächter: Roman
Familie von Christoph Kolumbus gefunden.« Er streckte die Hände in die Höhe: »Sie brauchen gar nicht zu fragen, denn ich habe keine Ahnung.«
Er breitet weitere Pergamente, Kopien und Abschriften vor mir auf dem Tisch aus, unter anderem eine Kopie von Snorris Saga vom heiligen Kreuz . Ich lese englische Übersetzungen von verblichenen Dokumenten über den Wettlauf des Vatikans, der Tempelritter und der Johanniter nach einem Heiligtum. Ich lese von päpstlichen Expeditionen nach Norwegen im 12. Jahrhundert und denke an die Worte auf der Wandtafel in der Stabkirche von Garmo: Soldaten des Papstes, Varnas Johanniter und Jerusalems Tempelritter sind versammelt zur Schlacht. Verborgen ist die heilige Grabkammer, wie Asim befahl.
»Was hat das alles zu bedeuten?«
»Leuchtet das nicht ein?«
»Dass die Wikinger in Ägypten waren?«
»Mehr als das – sie sind bis zum Amon-Ra-Tempel vorgedrungen. Sie haben eine Grabkammer geplündert, einen Wesir entführt und ihre Beute und den Gefangenen mit zurück nach Norwegen genommen.«
»Ohne dass irgendwer etwas davon mitbekommen hat?«
»Im Laufe der Geschichte ist vieles geschehen, wovon man nichts weiß.«
»Ein Wikingerraubzug nilaufwärts? Das müsste doch irgendwo in Snorris Königssagen oder in den ägyptischen Annalen auftauchen!«
Stuart Dunhill schüttelt den Kopf. »Nicht notwendigerweise. Wenn König Olav angeordnet hat, dass die Nilfahrt geheim bleibt, gab es weder für die Skalden noch für Snorri eine Quelle. Sie müssen bedenken: Snorri schrieb über Ereignisse, die mehrere Jahrhunderte zurücklagen. Die Zeit der Wikinger war die Zeit der Gedichte und Lieder. Damals wurde nur selten etwas schriftlich festgehalten. Snorri bezog sich auf mündliche Überlieferungen und schriftliche Quellen mit höchst fragwürdigen Inhalten. Mit diesem Minimum an Material schrieb er seine Sagas und mischte hemmungslos Geschichte und Fantasie.«
»Wie kann so etwas geheim gehalten werden? Eine Heerflotte auf dem Nil?«
»Der durchschnittliche Wikinger hinterließ keine schriftlichen Zeugnisse. Er schrieb keine Briefe. Möglicherweise hat er in Schankstuben und am Lagerfeuer von seinen Abenteuern erzählt. Und vielleicht hat auch einmal ein unbedeutender Skalde ein Lied über seine Heldentaten geschrieben. Aber von dort ist es ein unendlich langer Weg bis in die Geschichtsbücher. Sie müssen berücksichtigen, dass die Wikinger keinerlei Beziehung zu Ägypten hatten. Für sie war Ägypten ein exotisches und glühend heißes, weit von ihrer Heimat entferntes Land. Wie das Land der Juden oder Byzanz. Der Nil war ein Fluss wie alle anderen. Wie die Seine oder die Wolga. Erst im 18. Jahrhundert erwachte die Faszination des Westens für das ägyptische Altertum. Den Wikingern war das vollkommen egal.«
»Aber hingefahren sind sie trotzdem?«
»Einzelne Wikingerexpeditionen folgten den Handelsrouten von Gibraltar Richtung Osten an der nordafrikanischen Küste entlang bis nach Alexandria in Ägypten. Eine andere wichtige Handelsroute führte über Byzanz und dann gen Süden nach Jerusalem und weiter in südwestliche Richtung bis Afrika. Denken Sie daran, wie Harald der Harte Nordafrika verwüstet hat. Viele Wikinger waren in Ägypten, davon bin ich überzeugt, doch sie wurden für byzantinische Soldaten oder für Händler aus dem Norden gehalten. Es ist doch bekannt, dass die Wikinger auch mit den Arabern Handel trieben. An norwegischen Handelsplätzen und in Wikingergräbern wurden zahlreiche arabische Münzen gefunden. Und die weißen Falken, die auf Grönland gefangen wurden, waren sehr populär bei den arabischen Scheichs.«
»Was sagen die ägyptischen Quellen? Ein Wikingerangriff ausgerechnet auf Luxor?«
»Nein, Luxor selbst haben sie nie angegriffen. Der Amon-Ra-Tempel liegt nördlich von Luxor, auf der Flussseite der Toten. Sogar für die lokale Bevölkerung war dieser Tempel von Mythen und Ängsten umsponnen. Ein kriegerischer Angriff auf diesen Tempel hatte eine viel geringere Bedeutung als zum Beispiel ein Angriff auf den Karnaktempel oder Hatschepsuts Grabmonument.«
»Für die Krieger muss die Niederlage schmerzlich gewesen sein.«
»Die Demütigung war total. Die Wikinger stießen im Norden auf den größten Widerstand. Bei den Garnisonen der Zwillingsstädte Fustat und al-Qahira, also dem heutigen Kairo. Für den verrückten Kalifen Al-Hakim bi-Amr Allah muss die Niederlage gegen die Feinde eine solche Schmach gewesen sein, dass er beschloss, niemals
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