Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)
ins Schloss und ließ sich mit ebenso großer Leichtigkeit drehen. Jim tastete nach dem Lichtschalter. Die Backsteinwände waren rau und staubig unter seinen Fingern. Summend erwachte die Kellerbeleuchtung zum Leben.
Wollen wir doch mal sehen, dachte er, wer hier im Recht ist. Dieser Idiot!
Und da standen sie. Drei Ungetüme aus längst vergangenen Zeiten. Rohre, breite Antriebsriemen, massige Motoren auf einer erhöhten, freischwingenden Plattform. Drei Wellen mündeten in einen Generator am anderen Ende des Raums, vom Generator verschwanden dicke Kabelstränge in der Wand. Gleich daneben waren die Rohre, die die Abgase nach draußen leiteten.
Jim wischte eine Spinnwebe vom vordersten der Motoren. Die Tankanzeige stand auf rot.
Was zum Teufel?
Jim stieg über die Antriebswelle hinweg zum zweiten Motor.
Wollen wir doch mal sehen, wer hier im -
Rot. Auch die zweite Tankanzeige war rot.
Auf einmal glaubte er, die Last der Schneemassen auf den Überlandstromleitungen spüren zu können.
Er sprang hinüber zum dritten Motor, ein Stoßgebet zu dem großen Boss da oben schickend, wie Jim ihn nannte:
Bitte
, lass den dritten Tank nicht auch noch leer sein!
Der Tank des dritten Stromgenerators war nicht leer. Der Balken, der den Füllstand anzeigte, markierte die winzige Zahl ¾.
Danke
!
Wenigstens etwas, ein Hoffnungsschimmer. Jim öffnete die Brandschutztür zum Nebenraum, wo die Dieselersatzkanister aufbewahrt wurden. Im Halbdunkel stand eine kleine Gruppe roter fünfundzwanzig Liter Behälter.
Jim zählte sie ab: zwölf Kanister.
Hinter ihm knarrte die Tür.
»Sir?« Es war Bradley, der Hausmeister. »Was machen Sie denn hier unten?«
Der gute, alte Greg. »Ich prüfe nur die Aggregate, mein Lieber.«
Bradley pustete den Staub von den Befüllstutzen. »Die Schätzchen werden den Laden am Laufen halten, wenn der Sturm so weitergeht.«
»Das ist doch unwahrscheinlich. Die Überlandleitung sind ... wann war es? Letzten Monat noch einmal überprüft worden ... Der Typ vom Werk hat mich angerufen und meinte, dass die Kabel tipptopp gerade hängen. Da passiert nichts.«
»Hm. Bisschen wenige Kanister Diesel, nicht?«
»Ich verstehe das nicht.« Jim blickte händeringend von Bradley zu den Aggregaten und dann zu den Kanistern. »Wir haben doch genug bestellt oder nicht?«
»Eigentlich schon. Ich kann die Liste prüfen, auch wenn ich mir nicht erklären kann, wo der Rest hingekommen ist.«
»Tun Sie das. Die paar Liter reichen für ein paar Tage, wenn wir nur die Heizung minimal und die Kühlung und wenig Beleuchtung betreiben. Falls der Strom tatsächlich ausfällt.«
Bradley nickte dienstpflichtig. »Hoffen wir das beste.«
»Beten Sie, Greg. Das ist das beste, was Sie tun können.« Er legte dem Hausmeister die Hand auf die Schulter. »Ich werde es auch tun. Kommen Sie.« Jim ließ sich auf die Knie nieder und legte die Finger aneinander.
»Gleich hier, Sir?«
»Gleich hier.«
12
Sie waren nicht die einzigen, die in diesem Moment im Hotel beteten. Im ersten Stock hatte sich Reverend Andrew Hopper vor seinem Bett auf die Knie niedergelassen, den Kopf gesenkt und seine Hände ineinander verschränkt.
Sein Bewusstsein war klar. Die Schneewanderung, vor einigen Stunden, die beißende Kälte und der eisige Wind hatten die Gedanken fortgespült wie ein läuterndes Feuer.
Unzüchtige Gedanken. Er hatte die Frau nur aus der Ferne gesehen, aber sie hatte ihn an Bethany erinnert und er hatte sie begehrt, oh, wie er sie sofort begehrt hatte ... Er stürzte sich in den Schnee, wanderte Meile um Meile, bis seine ungeschützten Finger steif vor Kälte waren und er seine Zehen in den Wanderstiefeln nicht mehr spüren konnte, dann zwang er sich weiter und erlaubte sich erst, umzukehren, als er genug Buße getan hatte.
Reverend Andrew Hopper war auf den Knien im Gespräch mit Gott, wie er es in der Methodistenkirche in Lancaster, South Carolina, Tag für Tag tat. Eine Gewohnheit, nein, mehr als eine Gewohnheit. Ein stetiges Verlangen nach Anleitung.
Manchmal erhielt er Antworten. Oft schwieg der Herr. Der Reverend wusste, dass er Schuld daran trug, wenn er keine Antwort erhielt, wenn nur Schweigen die Antwort war, er wusste, dass er nicht hart genug gearbeitet hatte, dass seine Gedanken viel zu oft an all den weltlichen Dingen hingen.
Hilf mir, dachte er. Hilf mir, diese Probleme zu überwinden. Ich bin in ein Land gekommen, um mich in aller Stille dir hinzugeben. Wieso prüfst du mich? Wieso hast du
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