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Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Titel: Der Pakt des Seelensammlers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krüger
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den Moment, alle gleichzeitig zu informieren, dann ist das die Chance. Verdammt. Und du hasst es, vor einer Menschenmenge zu sprechen, nicht wahr, Jack?
    Ja. Außerdem schulde ich Jim nichts, warum also sollte ich diese Arbeit für ihn übernehmen? Warum zur Hölle tust du das?
    Später würde er sich genau diese Frage stellen. Er wusste dann, dass er mit seiner kleinen Ansprache etwas in Gang gesetzt hatte, das sich nicht mehr aufhalten ließ - genau, wie er sich dann auch sicher war, dass er kein zweites Mal nach vorne gegangen wäre.
    Jack stand auf und trat nach vorne ans Buffet.
    Sofort schwenkten einige der Köpfe zu ihm herum. Er räusperte sich. »Ähm - würden Sie mir bitte einen Augenblick zuhören? Alle?«
    Prüfende Blicke, die ihn taxierten, die versuchten, ihn bis aufs Innerste zudurchdringen. Ja, genau deswegen hasste er es. Aber die Gespräche brachen nicht ab, sondern gingen unbeirrt weiter, schienen sich sogar noch gesteigert zu haben. Miranda beobachtete ihn, und der Mann am Tisch in der hintersten Reihe stand auf.
    »RUHE!« brüllte er. Augenblicklich verstummte jede einzelne Unterhaltung. Der blonde Mann lächelte. »Unser Freund da vorn möchte etwas sagen. Vielleicht sollten wir ihm zuhören.« Immer noch lächelnd, setzte er sich wieder, streckte die Beine von sich und steckte sich eine Zigarette an.
    Er hat wohl das »Bitte nicht rauchen!«-Schild übersehen, dachte Jack. Nein. Er hat es gesehen. Irgendetwas war an diesem Lächeln falsch. Kalt war vielleicht das bessere Wort.
    »Danke.« Jack räusperte sich ein zweites Mal. »Ich habe eine Nachricht. Um neun Uhr will Direktor Jones mit allen Gästen in der Empfangshalle sprechen. Sicherheitsinformationen wegen dem Schneesturm und so weiter. Bitte kommen Sie und geben die Nachricht weiter. Vielen Dank.« Jack ging durch die Tische zurück an seinen eigenen Platz, von schier unendlichen vielen Augenpaaren begleitet. War der Weg schon immer so lange gewesen? Er war sich nicht sicher. Langsam setzten die Gespräche wieder ein.
    »Wie geheimnisvoll«, sagte Miranda.
    Jack zuckte die Achseln. »Wir werden sehen. Wie ich Jim kenne, würde er das nicht machen, wenn nicht wirklich etwas Ernstes anläge.«
    Miranda nickte und stand auf. »Dann bis um neun, Mr. Carver.«
    »Bis neun, Miss Reiley.«
    Ihr Platz wurde prompt von dem Blonden aus der letzten Reihe eingenommen. Er drückte die Zigarette auf dem Tisch aus und steckte sich eine neue an. »Sie müssen eines wissen.« Ein langer Lungenzug. »Menschen unterscheiden sich nicht sonderlich von Tieren.«
    »Was?« Jack wartete auf eine Erklärung. Aber der Blonde lächelte nur sein kaltes Lächeln und rauchte.
    »Brüllen Sie sie an, hören sie zu. So einfach ist das. Aber Sie müssen überzeugend wirken.« Wieder ein langer, tiefer Zug. »Sie waren das nicht. Und deswegen haben die hier nicht zugehört.«
    »Und Sie halten sich offenbar für überzeugend.«
    »Das werden wir noch sehen«, lächelte der Blonde. »Wir haben viel Zeit. Draußen ein Schneesturm, hier drinnen ein marodes Hotel. Klingt das nicht unglaublich spaßig?«
    »Nicht wirklich.«
    »Hängt vom Winkel des Betrachters ab, sage ich.«
    »Und ich sage, dass ich hier verschwinde, sobald das Wetter besser wird. Haben Sie eine Zigarette für mich?«
    »Hier.«
    Jack steckte sie sich an.
    Eine ganze Weile rauchten sie schweigend, während sich um sie herum der Speisesaal leerte. »Gleich ist neun.«
    Der Blonde lächelte wieder. »Gehen wir, sage ich. Hören wir uns die letzten Reste einer Zivilisation an, die wir uns bald nicht mehr leisten können. Mein Name ist Floyd, übrigens. James Floyd.« Er stand auf und ging hinaus.
    Entweder ein Spinner oder ... Jack blickte ihm hinterher. Dieser Mann beunruhigte ihn mehr als alles andere, was er bisher in diesem Hotel erlebt hatte.

21
    Die Nachricht schien sie alle erreicht zu haben. In der Empfangshalle saßen einige der Gäste in den Sesseln, andere standen in kleinen Gruppen herum. Als Jack aus dem Speisesaal kam, sah er Floyd bei den Fenstern nahe am Ausgang stehen (auf der anderen Seite der Glasscheibe war die Welt ein einziger Wirbel von Schnee), Jim vorne bei der Rezeption und Miranda bei einem älteren Herren im Tweedjackett. Auf der anderen Seite der Halle, in der Nähe des Kamins, stand das Personal. Einige Kinder saßen vor der Treppe in die Stockwerke auf dem Boden. Jack betrachtete sein Spiegelbild für einen Augenblick in den mannshohen Spiegeln, dann begann Jim mit seiner

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