Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)
... in diesem jungen Alter ... sie sind so unbeschwert. Nun, ich kann es schwer in Worte fassen, schließlich bin ich nur ein alter Mann. Aber ich hätte sie aufhalten müssen. Jetzt sind sie da draußen und kommen nicht mehr zurück.« Johns blaue Augen blitzten.
»Was haben Sie da gerade gesagt?« Jack war wie erstarrt, seine Hände krallten sich unbewusst an der Lehne fest. »Wie war das?«
»Bitte?«
»Sie sagten, die beiden kämen nicht mehr zurück?« Seine Gedanken schweiften zu Henry Clash. Er wusste von ihm. Dieser Mann weiß von Henry, er weiß, was mit ihm passiert ist ...
sei nicht albern, Jack.
»Ich ... ich mache mir doch nur Sorgen. Die Gedanken eines alten Mannes.«
»Verstehe.« Jack entspannte sich. Natürlich weiß er nichts von Henry. »Aber das hier ist nicht gerade die Zeit zum Schwarzsehen. Das ist das Letzte, was die Leute brauchen. Auch wenn ich nichts davon halte, Dinge geheim zu halten. Nicht in einer solchen Situation.«
»Ja.« John nickte und nahm sich einen Keks. »Da haben Sie wohl recht. Mein Fehler.«
Für einige Minuten schwiegen sie beide. Jack ließ seinen Blick durch die Empfangshalle schweifen. Er konnte leise Stimme aus dem angrenzenden Kaminsaal hören. Der Schnee vor der Fensterfront schimmerte grell weiß. Konnte man blind werden, wenn man zu lange ohne zu Blinzeln hineinblickte? Jack hielt es für gut möglich. Er ließ sich in den Sessel sinken. Diese ganze Situation würde sich hervorragend in einem Roman packen lassen, dachte er. Fremde, von der Außenwelt abgeschlossen, völlig isoliert in einem Hotel, das mitten in einem gewaltigen Schneesturm stand. Er nahm sich vor, für den Fall, dass er wieder mehr Zeit haben sollte (hoffentlich hatte er eines Tages wieder Glück und konnte etwas schreiben und dann auch veröffentlichen), die Idee aufzugreifen.
»Kann es sein, dass ich von Ihnen mal etwas gelesen haben?« fragte Lange unvermittelt. Jack sah, dass der ältere Herr ihn neugierig betrachtete. Das Glück des Autoren, auf einen seiner Texte angesprochen zu werden, verspürte Jack noch immer, aber es wurde zu großen Teilen von der Traurigkeit überdeckt, die er seit Monaten immer verspürte, wenn er an seine unvollendeten Texte dachte. Und an die Ablehnungen, die auf seinem Schreibtisch einen kleinen Stapel anhäuften. Er rang sich ein Lächeln ab, trotz allem. »Kann sein«, sagte er. »Ich habe früher einige Geschichten an Zeitungen verkauft. Seit einiger Zeit habe ich nichts mehr veröffentlicht.«
»Die Augen in der Nacht? Ein Thriller-Fortsetzungsroman in der Herolds News? Kann das sein?«
Jack nickte. »Das ist von mir. Eine meiner letzten Geschichten.«
»Die war gut. Klassisch, solide und auf den Punkt. Ich hab mir die Ausgaben aufgehoben.«
»Danke.«
»Sie müssen wissen, dass ich mich schon die ganze Zeit gewundert habe, seit ich ihren Namen gehört hatte. Sie sind Koch und fahren einen Lieferwagen unten in der Stadt, wie ich hörte, aber irgendwie war mir klar, dass das nicht richtig zu Ihnen passte. Haben Sie aufgehört, zu schreiben oder wie kommt es sonst dazu, dass Sie hier sind?«
»Nicht ganz. Die eine oder andere Idee geistert mir noch durch den Kopf. Aber nicht alle meine Ideen in letzter Zeit waren wirklich verkaufbar.«
»Ich würde Sie ja nach einem Autogramm fragen, aber -«
»Jetzt hören Sie aber auf«, lachte Jack. »Wenn ich einen Bestseller da draußen hätte, dann gerne.«
Für einen Moment hielt die positive Stimmung, die Jack durch das Gespräch über seine schriftstellerische Vergangenheit verspürt hatte, an. Er hätte niemals darauf gewettet, dass er jemanden ausgerechnet hier treffen würde, der etwas von ihm gelesen hatte. Dann brach die Stimmung zusammen, wie ein Stück Eis, das vom Eisberg fiel und zersprang. Kälte wehte zu ihnen heran.
»Oh mein Gott!« Johns Augen weiteten sich, auf einen Punkt hinter Jack fixiert. Jack fuhr herum. Er wusste, dass etwas geschehen war. Etwas Schreckliches. Es war wie in einer seiner Geschichte.
Nein, keine Geschichte. Dies hier war echt.
»Hilfe!« Durch die Eingangstür kamen sie herein, zuerst der junge Mann, dann die Frau, die er an der Hand hinter sich herzog. Sie schien nicht richtig laufen zu können, das war alles was Jack in diesem Augenblick erkannte. »Hilfe!« schrie der Mann wieder. »Sofort! Helfen Sie uns!«
Jack war auf den Beinen. Er rannte hinüber, John dicht hinter ihm, als vor ihren Augen die junge Frau zusammenbrach. Sie stieß einen Laut aus, der Jack
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