Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)
Jack, dann zwischen Jack und John Lange. »Komm, Steffen! Wir sollten wirklich gehen.« Er half ihm auf die Beine, und führte ihn (halb schob er ihn) in Richtung der Sessel. Lange folgte ihnen.
»Bleiben Sie bei ihm, ja?«
»Ja.«
Jack rannte zu Miranda zurück. Er sah, dass sie die Jacke der jungen Frau geöffnet hatte. Darunter ... ihm drehte sich fast der Magen um.
Die Haut war zerfetzt, geradezu zerquetscht und auf eine Seite geschoben, wo sie sich nun wellte wie gefaltetes Papier. Was darunter lag, war rotes, rohes Fleisch. Jack konnte sich kaum vorstellen, welche Schmerzen sie haben musste, und doch bewegte sie sich kaum mehr. Jim, der nun zwei Handschuhe übergestreift hatte, reichte Miranda eine Spritze.
»Was ist mit ihr passiert?« Jack sah zu, wie Miranda die Spritze in die Armvene injizierte.
»Kann ich nicht sagen. Es sieht so aus, als hätte irgendetwas sie mit etwas sehr schwerem getroffen, dass diese Quetschung verursacht.« Miranda blickte ihn an, in ihren Augen lag nun nichts anderes mehr als nüchterne Professionalität. »Sie wird nicht durchkommen. Hat ihr Freund irgendetwas gesagt?«
»Er ... er hat es nicht genau gesehen. Ein Mensch, vielleicht. Dort draußen.« Er blickte zu den Glasscheiben am Eingang hinüber und zum Schneesturm dahinter. Schwer vorzustellen, dass dort draußen jemand herumlief.
»Ein Mensch kann so etwas nicht tun. Das ist eher ... ein Bär.«
»Es gibt hier keine Bären«, sagte Jim. Er war blass, aber seine Hände zitterten nicht.
»Was dann?«
Miranda und Jim antworteten nicht. Eine Minute später stand Miranda auf und schüttelte den Kopf. »Ich kann nichts mehr für sie tun. Ich habe ihr die Schmerzen genommen, das war alles. Die Wunde war zu groß und zu tief. Das kann ich hier nicht nähen. Sie hätte in ein Krankenhaus auf den Operationstisch gehört.« Sie zog die Handschuhe aus und warf sie in den Müllbeutel. »Scheiße!«
Jim breitete eine Decke über die Tote.
Als sich Jack umsah, entdeckte er, dass John und Steffen nicht mehr allein waren. Mehrere andere Gäste standen in der Empfangshalle und blickten zu ihnen herüber.
»Was machen wir jetzt?«
»Es war ein tragischer Unfall«, sagte Jim leise. Er hielt den Notfallkoffer wieder in der Hand. »Lassen Sie mich zu den Leuten sprechen.«
Miranda kam an Jacks Seite. Sie war blass. »Alles in Ordnung mit dir?«
»Ja, geht schon.« Eine einzelne Träne löste sich von ihren Wimpern und rann die Wange herunter, sie wischte sie jedoch energisch weg. »Wir müssen uns darüber unterhalten, was ihr diese Wunde zugebracht hat. Die Sache gefällt mir überhaupt nicht.«
Jim blieb stehen und drehte sich wieder um. »Nicht jetzt. Die Leute müssen davon nichts erfahren.«
»Was soll das, Jim?« fragte Jack. Er sah aus den Augenwinkeln, wie der indianisch wirkende Mann mit Lange redete und zu ihnen herüberblickte. »Wenn wir ihnen nicht sagen, dass dort draußen Gefahr lauert, geht wieder jemand hinaus!« Die Weißen. Es waren die Weißen. Jack verdrängte Lindas Totenstimme aus seinem Kopf.
»Ich werde es ausdrücklich klar machen, dass es dort draußen gefährlich ist. Aber außer uns drei hat niemand die Wunde gesehen. Niemand muss wissen, wie sie umgekommen ist.«
Umgekommen. Das war ein Wort, wie es Jim liebte. Warum sagst du nicht einfach elend verreckt, hm? Elend verreckt auf dem Fußboden irgendeines zweitklassigen Hotels, hm, Jim? Jack wollte seine Faust in diesem Gesicht versenken.
Dann legte Miranda eine Hand auf seinen Arm. »Warnen Sie die Leute, Mr. Jones. Aber er hat recht. Jack, es könnte leicht eine Panik entstehen.«
Jim ging davon, aber Jack starrte hilflos auf die zugedeckte Gestalt am Boden. »Wie ist das möglich?«
Die Weißen, Jack. Die Weißen waren es.
»Wir werden darüber reden«, erwiderte Miranda. Sie umarmte ihn. Jack spürte ihre Brüste an seinen Rippen. »Kommst du damit zurecht?«
»Ja.« Er schob sie von sich. »Ich will hören, was er sagt.«
»Ist gut.«
26
Jack und Miranda erreichten die kleine Gruppe, als Jim bereits zu reden begonnen hatte. Jack blickte in die Gesichter und las dort Bestürzung, Schrecken, Angst und Wut. Ein Mann und eine Frau (Irländer, das sind bestimmt Iren), die er noch nie gesehen hatte, folgten Jims Bericht gebannt, dann war da noch Connor Arrington, der mit Lange gesprochen hatte, ein älterer Mann, dessen Pullover ebenso teuer zu sein schien wie die Schuhe, die er trug, und ein Mann um die fünfzig herum, wie Jack schätzte,
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