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Der Pakt - Rügen Thriller

Der Pakt - Rügen Thriller

Titel: Der Pakt - Rügen Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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Hand über die von Boutiquen und Restaurants gesäumte Binzer Hauptstraße spazierte. Manchmal blieben sie vor einem Schaufenster stehen, dann zeigte sie auf etwas, er lachte, sie lehnte sich verliebt an ihn. Sie unterschied sich in nichts von anderen jungen Frauen, die mit dem Mann ihres Herzens einen romantischen Urlaub in Binz verbrachten.
    In ihrem Job hatte es Vor- und Nachteile, eine Frau zu sein.
    Die Vorteile lagen auf der Hand. Wenn irgendwo ein Mord geschah, dachten die Ermittler zunächst an einen Mann. Dies galt vor allem, wenn eine Schusswaffe oder ein Messer zum Einsatz kam und Blut floss. Bei Kontrollen, ob durch Polizeistreifen oder zum Beispiel am Flughafen, hatten Frauen es einfacher. Sie wurden nicht von vornherein als Bedrohung eingestuft. Im Gegenteil, bei ihnen gingen Kontrolleure oft nachlässiger zu Werke, abgelenkt von einem verheißungsvollen Blick oder einem üppigen Dekolleté. Bei der Verwendung falscher Papiere war es ebenfalls von Vorteil, eine Frau zu sein. Denn Frauen wurden stärkere Veränderungen zugebilligt, was Frisur und Make-up anging.
    Leider standen diesen Annehmlichkeiten auch Nachteile gegenüber.
    Alleinreisende Frauen zogen Aufmerksamkeit auf sich. In Großstädten oder Orten mit Universitäten ging es noch. Aber in vielen Ferienregionen waren junge Frauen ohne Begleitung nach wie vor die Ausnahme. Neben den üblichen plumpen Avancen, derer sich die Killerin mühelos erwehren konnte, hatte das Allein reisen auch zur Folge, dass sie in Erinnerung blieb. Dem Personal zum Beispiel. Pagen, Kellnern, Empfangsdamen, Pförtnern. Poten ­tiellen Zeugen also.
    Sie legte jedoch keinen Wert auf Aufmerksamkeit. Deshalb hatte sie sich für den Auftrag im beschaulichen Ostseebad Binz einen Begleiter zugelegt.
    Simon war ein Informatikstudent aus Hamburg, der in einem Starbucks in Altona schüchtern mitangesehen hatte, wie sich das kahlköpfige Mädchen am Nebentisch mit ihrem Laptop abmühte. Irgendwie funktionierte das WLAN nicht. Egal, was sie versuchte, sie kam einfach nicht ins Netz. Als sie Simon schließlich flehend anschaute, fiel er vor Eifer, ihr zu helfen, fast vom Stuhl.
    Mit roten Flecken im Gesicht hatte er sich neben sie gesetzt.
    Sie stellte sich ihm als Juli vor, »wie der Monat«.
    »Ich bin Simon«, nuschelte er, während er schon auf ihrer Tas tatur herumhackte. »Simon Merk.«
    Wenige Sekunden später war Juli online. Natürlich ließ sie es sich nicht nehmen, ihren Retter auf einen Caffè Latte einzuladen.
    Simon war Mitte zwanzig, etwas größer als sie und trug eine ziemlich unvorteilhafte Hornbrille. Aber er wirkte sympathisch und vor allem harmlos. Er war der Typ, den ältere Frauen ohne Bedenken baten, ihnen die schwere Einkaufstasche in die Wohnung zu tragen. Seine dichten Locken hatten ein wunderschönes, höchst seltenes Kastanienbraun. Für außergewöhnliche Haare hatte Juli immer einen Blick. Demgegenüber war Simon sichtlich bemüht, nicht auf ihren Kopf zu starren.
    »Hast du … ich meine, sind sie abrasiert?«, fragte er schließlich, während seine Augen in Lichtgeschwindigkeit zu ihrem kahlen Schädel und wieder zurück zu seinem Caffè Latte huschten. . . »Oder warst du … musstest du …?« Verlegen brach er ab.
    »Du meinst, ob ich eine Chemotherapie hinter mir habe?« Juli rieb sich über den Kopf. »Nein, ich …«, sie zögerte, »egal, spielt keine Rolle.« Simon fragte nicht weiter nach.
    Am nächsten Tag waren sie sich in der Hamburger Fußgängerzone scheinbar zufällig erneut begegnet, wobei Juli es so eingerichtet hatte, dass Simon sie bemerkte, nicht umgekehrt. Spontan lud sie ihn zum Abendessen in eine Pizzeria ein.
    Simon konnte sein Glück kaum fassen.
    Gerade, als in ihm schier unglaubliche Hoffnungen wuchsen, eröffnete Juli ihm betrübt, dass sie Hamburg übermorgen leider verlassen müsse. Sie arbeite für eine große Detektei und habe gerade einen neuen Auftrag erhalten. Eine Überwachung im Ostseebad Binz. Nicht aufzuschieben.
    »Dabei würde ich mich am liebsten schon morgen wieder mit dir treffen.« Aber vielleicht habe Simon ja Lust, sie zu begleiten?
    Die Detektei suche ständig Teilzeitkräfte auf Honorarbasis. Bei Überwachungen sei es von Vorteil, zu zweit zu sein. Leider sähen das die Klienten oft anders, weil zwei Mitarbeiter nun einmal das Doppelte kosteten. Doch für einen Studenten werde weniger berechnet. Die Detektei habe für den Auftrag in Binz ein Strandhaus gemietet, das über eine zweite Schlafgelegenheit

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