Der Pakt - Rügen Thriller
eigentlich, das du mit mir besprechen willst?«, fragte Nora, als sie nach oben fuhren. »Vielleicht können wir das ja unterwegs machen.«
»Nein, ich fürchte, dafür brauchen wir ein wenig mehr Ruhe.« Kerstin prüfte im Spiegel ihre Haare. »Außerdem muss ich dir etwas zeigen. Heute Abend nach dem Essen, einverstanden?«
16
Der Miami International Airport glich einem lärmenden Basar. Braungebrannte Urlauber bevölkerten in langen Reihen die Check-in-Schalter der Fluggesellschaften, um zurück in die Heimat zu fliegen.
Manja Koeberlin kam vom Lufthansa-Counter zurück, mit einer ledernen Umhängetasche über der Schulter und ihrem Ticket in der Hand. »Wollen wir noch was trinken?«
Luisa blickte sich unschlüssig um. »Dort hinten vielleicht«, meinte sie missmutig.
Sie gingen zu einem etwas abseits gelegenen Diner mit mehreren Tresen und hohen Hockern. Aus einem Lautsprecher plärrte ein Countrysänger. Sie suchten sich einen Platz am Ende des Res taurants, wo sie ungestört waren, und bestellten überteuertes Mineralwasser.
Luisa saß wie ein Häufchen Elend vor ihrem Glas, mit geröteten Augen, den Blick unverwandt auf Manja gerichtet. »Ich weiß nicht, wie ich es hier aushalten soll ohne dich. Du fehlst mir jetzt schon.«
Manja griff nach ihrer Hand. »Frag mich mal«, murmelte sie. »Du kannst immerhin hier im Paradies bleiben. Das Strandhaus, unser Bett vor dem Fenster, der Blick aufs Meer – von der Erinnerung daran muss ich in den nächsten Monaten zehren.«
» Monaten ?« Luisa sah sie entgeistert an. »Bisher war von Wochen die Rede.«
»Keine Ahnung, wie lange es dauert.« Manja zuckte unwirsch mit den Schultern. »Wochen, Monate, wer weiß das schon. Lass uns doch vorläufig mal Weihnachten ins Auge fassen, hm? Weihnachten will ich in jedem Fall hier verbringen.«
»Bis Weihnachten ist es noch eine Ewigkeit.«
»Zehn Tage.« Manja wies auf eine Tafel mit Kreideaufschrift. »Magst du ein Shrimp-Sandwich?«
»Nein, zum Teufel«, erwiderte Luisa störrisch. »Ich will wissen, wieso du mich hier allein lässt.«
»Das haben wir doch jetzt hundert Mal besprochen. Ich weiß nicht, wie Kolbe das mit Dominiks Fotos damals gedreht hat. Aber eins steht fest: Dafür schulde ich ihm nicht weniger als lebenslange Dankbarkeit.«
Luisa nickte mit zusammengepressten Lippen. »Es ist nur …« In ihren Augen glitzerten Tränen.
Manja kratzte mit dem Fingernagel nachdenklich am Etikett der Wasserflasche. Die Sache mit Dominik Winter gehörte zu den vielen Tiefpunkten des Verfahrens gegen Petras Valkunas. Winter, der smarte Rechtsanwalt, war der Verteidiger des Litauers gewesen.
Und viele Jahre vorher Manjas große Liebe.
Der erste Mann, der sie gefangen genommen hatte. Der ihr gezeigt hatte, was Glück bedeutete. Damals, während des Studiums, hatte sie ihn förmlich geatmet. Die Art, wie sie einander brauchten, nicht ohne den anderen sein konnten, war ihr nur natürlich erschienen. Das Universum entfaltete sich eben genau so, wie es sollte. Dieser Gedanke hatte dann zwei Jahre später ihren Schmerz gelindert, als Dominik beschloss, an die Universität Osnabrück zu wechseln, um sich auf Wirtschaftsstrafrecht zu spezialisieren. Manja ließ ihn gehen, auch aus ihrem Leben, weil ihr das Glück ihrer gemeinsamen Zeit zu wertvoll war, um es durch eine Fernbeziehung zu trüben. Schnell verloren sie sich aus den Augen.
Bis zum Valkunas-Prozess.
Als Dominik vor dem ersten Verhandlungstag nach Dresden kam, feierten er und Manja ihr Wiedersehen. In einer noblen Hotelsuite, mit viel Champagner und noch mehr Herzklopfen. Ihr war vorher klar gewesen, wie dieser Abend verlaufen würde. Ganz und gar unprofessionell nämlich. Aber voller Leidenschaft und bedingungsloser Hingabe.
Das hatte Manja jedenfalls gedacht. Doch dann tauchten plötzlich Fotos auf. Zuerst bei der Staatsanwaltschaft, später in den Händen eines schmierigen Journalisten. Intime, entblößende Fotos. Noch nie hatte Manja sich so erniedrigt gefühlt. Irgendwie hatte es ihr Chef geschafft, eine Veröffentlichung der Bilder zu verhin dern. Manja würde ihm das nie vergessen. Und wenn dieser Mast die Sache jetzt ins Spiel brachte und sie um einen Gefallen bat, hatte sie keine andere Wahl.
»Weihnachten«, wiederholte Manja. »Dann bin ich wieder da. Zumindest vorübergehend.«
»Wieso glaubt dieser Staatsanwalt eigentlich, dass du ihm helfen kannst?«
»Das Opfer ist ein russischer Richter, mit dem ich mal zu tun hatte. Wladimir
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