Der Pakt - Rügen Thriller
Bartel, der Geschäftsführer, empfing sie mit einem warmen, festen Händedruck. »Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Frau Koeberlin. Darf ich Ihnen vielleicht ein Glas Tee anbieten? Oder einen Kaffee?«
Manja nickte. »Tee, bitte.«
Bartel griff zum Telefonhörer und erteilte seiner Sekretärin Anweisungen. Derweil betrachtete Manja die gerahmten Fotos, die an einer Wand neben dem Schreibtisch hingen. Sie zeigten Bartel neben dem Bürgermeister und diversen Abgeordneten, zusammen mit dem Ministerpräsidenten und einer Reihe von Leuten, die Manja nicht kannte. Es gab auch Fotos von der Grundsteinlegung auf Devin, die im Mai stattgefunden hatte. Feierlich gekleidete Menschen mit Sektgläsern in den Händen lächelten in die Kamera. Hans Bartel, der einen weißen Schutzhelm trug, versenkte im Fundament eine Metallkassette, in der sich vermutlich eine Tageszeitung, Euromünzen und ähnlicher Plunder befanden. Als Manja diese Aufnahmen näher betrachtete, wusste sie plötzlich, dass ihr Besuch bei DRM nicht umsonst sein würde.
»Kommen Sie, lassen Sie uns da drüben Platz nehmen!« Bartel geleitete Manja zu einer Sitzgruppe vor einem großen Ostsee- Gemälde. Er war ein großer, dünner Mann mit schmalen Lippen und vorstehenden Wangenknochen, der allein durch die Art, wie er auf der Couch saß, einem Besucher das Gefühl vermittelte, willkommen zu sein. Sie nahmen sich die Zeit für etwas Small Talk, bis der Tee zusammen mit einer Schale Kekse gebracht wurde. Mit aufrichtiger Begeisterung erzählte Bartel vom Baufortschritt auf Devin.
»So, was kann ich für Sie tun, Frau Koeberlin?«, fragte er, als seine Sekretärin das Büro wieder verlassen hatte.
»Richter Wladimir Kirijenko.«
Bartel seufzte. »Scheußliche Sache. Genau wie die beiden anderen Morde natürlich. Die Frau unseres Abgeordneten. Man stelle sich das mal vor! Und dann dieser Gast aus … woher kam er gleich? Schlimm für Binz, aber auch für die Region insgesamt. Hier leben ziemlich viele Menschen vom Tourismus.«
»Kannten Sie Kirijenko?«
Er wirkte überrascht. »Ich? Wie kommen Sie denn darauf?«
»Sie sind ihm nie begegnet?«
»Nein.«
Manja rührte ihren Pfefferminztee um. »Wieso ist er dann auf einem der Bilder da drüben zu sehen?« Sie nickte in Richtung der Fotowand.
»Was?« Bartels irritierter Blick folgte ihrem, dann sah er wieder zu ihr.
»Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.« Sie stand auf und ging zu den Fotos, um mit dem Finger auf eines am Rand zu deuten. »Der Mann da hinten rechts. Das ist Wladimir Kirijenko.«
Bartel holte umständlich eine Brille aus einem Lederetui und setzte sie auf. Das Foto zeigte im Vordergrund fünf Anzugträger, die um einen Stehtisch mit weißem Tuch gruppiert waren. Einer von ihnen war Bartel, der Mann neben ihm der Abgeordnete Axel Gruber. Die anderen kannte Manja nicht. Aber im Hintergrund des Bildes, schon leicht verschwommen, standen an einem anderen Tisch zwei Männer, die in ein vertrauliches Gespräch vertieft schienen. Der größere von beiden war Kirijenko. Er sprach gerade, während der zweite, der älter wirkte und ebenfalls slawische Züge hatte, mit verschränkten Armen und versteinerter Miene zuhörte.
»Wer ist der Mann daneben?«, fragte Manja. »Viktor Reznik, der zweite Geschäftsführer?«
»Ja«, erwiderte Bartel. »Er stammt aus Moskau. Ich wusste allerdings nicht, dass er diesen Kirijenko ...« Kopfschüttelnd verstummte er.
Manja sah ihn an. »In der Ostsee-Zeitung stand, dass Reznik auf Ihre Initiative zu DRM kam.«
Bartel nickte. »Ich kenne ihn schon seit vielen Jahren.« Er geleitete Manja zurück zur Sitzecke. »Er war früher mein Mentor.«
Sie setzten sich wieder.
»Ich habe zu DDR-Zeiten für die Deutsche Außenhandelsbank gearbeitet«, fuhr Bartel fort. »Zu meinem Aufgabengebiet gehörte die Betreuung unserer Konten in Afrika. Mosambik. Angola. Äthiopien. Ich habe vier Jahre da unten verbracht. Witja war in gleicher Funktion für die Sowjetunion tätig. Er hat mich damals sozusagen unter seine Fittiche genommen.« Lachend fügte er hinzu: »Und mich vor einigen Dummheiten bewahrt.«
»Witja?«
»Eine Kurzform von Viktor. Von seinen Freunden wird Reznik nur Witja genannt.«
Manja dachte nach. Witja. Irgendetwas läutete da bei ihr. Aber wieso? Sie kannte niemanden mit diesem Namen.
»Ich habe ihn zu DRM geholt, weil er ein Genie ist, was Finanzen angeht«, fuhr Bartel fort. »Das hat uns eine perfekte Arbeitsteilung ermöglicht. Ich habe mich um den
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