Der Pakt - Rügen Thriller
hinschicken. Aber damit gäbe es einen weiteren Mitwisser. Gleiches galt, wenn er Bartel anrief und ihn bat, die Waffe aus dem Safe zu holen. Gewiss, die Polizei würde mit der Information an sich nichts anfangen können. Aber dennoch gefiel ihm die Lösung nicht. Nachdenklich starrte er auf den Fernseher, auf dem eine Sondersendung lief.
»… geht die Polizei davon aus, dass diese Frau auch für die Morde im Hotel Windwood in Binz verantwortlich ist.« Eine verblüffend gute Phantomzeichnung wurde eingeblendet, in der Gruber mühelos seine Verbündete erkannte.
Während seine Augen auf ihrem kahlen Kopf ruhten, fragte er sich, was dieser Ermittlungsfortschritt für ihn und seine Pläne bedeutete. Sein erster Gedanke war: Auch das noch! Andererseits – vielleicht machte das die Sache für ihn sogar einfacher! Was, wenn er direkt auf sein Ziel zusteuerte? Schließlich war er der Bundestagsabgeordnete für Stralsund und Umgebung. Als solcher hatte er natürlich Kontakte zu einem Unternehmen, das hier etliche Millionen investieren wollte. Gestern hatte er durch einen furchtbaren Schicksalsschlag seine geliebte Frau verloren. Und nun sah es so aus, als ob es irgendeine mysteriöse Verbindung zwischen ihrem grausamen Tod und dieser Firma gab. Wer wollte es ihm verdenken, wenn er nicht zu Hause hockte und Trübsal blies, sondern sich auf den Weg machte, um mit dem Geschäftsführer persönlich zu reden? Verdiente er nicht ein paar Antworten? War es falsch, wenigstens irgendetwas tun zu wollen?
Nein, entschied er, ganz und gar nicht. Lediglich ein kleines Hindernis musste er überwinden. Eine Berufskillerin mochte im Knacken von Türschlössern geübt sein. Er war es nicht. Also griff er zum Telefon.
»Ich bin’s«, sagte er, als sich Hans Bartel meldete. »Borgen Sie sich das Handy Ihrer Sekretärin und geben Sie mir die Nummer.« Eine Minute später stand diese sichere Verbindung.
Barsch unterbrach Gruber Bartels Beileidsbekundungen. »Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Hören Sie, nach dieser Geschichte heute Mittag wird sich die Polizei für DRM interessieren.«
»Aber wieso? Ich habe diese Frau noch nie …«
»Das mag sein. Entscheidend ist etwas anderes. Diese Staatsanwältin wird glauben, dass zwischen Viktor und dem Richter eine Verbindung besteht.«
»Ich weiß. Sie hat mit mir darüber geredet. Aber ich hatte keine Ahnung, dass …«
»Darum geht es nicht«, schnitt ihm Gruber das Wort ab. »Ob Reznik diesen Kirijenko kannte oder nicht, ist völlig unwichtig. Aber wenn die Polizei sein Büro durchsucht, könnte sie Dinge finden, die für DRM nachteilig sind. Und damit für Sie.«
»Was denn für Dinge?«, fragte Bartel. Sein Ton war beinahe weinerlich.
»Als Sie ihn damals geholt haben, waren Sie praktisch pleite. Reznik hat Ihnen wieder Leben eingehaucht.«
»Mit Ihrer Hilfe, Herr Gruber. Und dafür werde ich Ihnen immer dankbar sein. Aber …«
»Das ging nur, indem wir ein wenig … flexibel waren. Ich kann jetzt nicht ins Detail gehen, Herr Bartel. Fakt ist, dass sich in Rezniks Büro Unterlagen befinden, die dort nicht bleiben sollten. In Ihrem eigenen Interesse. Sonst kommen gewaltige Probleme auf Sie zu. Und das wäre das Ende Ihres schönen Projekts auf Devin.«
»Was … was schlagen Sie vor?«
»Ich komme jetzt zu Ihnen. Sie müssen nicht mehr tun, als Rezniks Büro aufzuschließen. Um alles andere kümmere ich mich. Treiben sich noch irgendwelche Fernsehteams bei Ihnen rum?«
»Nein, die sind wieder weg. Aber ein Streifenwagen steht vor dem Haus.«
»Damit werde ich schon fertig.«
Der Abgeordnete legte auf und zog einen eleganten dunklen Anzug an. Dann machte er sich auf den Weg.
Als er im Gewerbegebiet Stadtkoppel ankam, sah er, dass vor dem DRM-Gebäude in der Tat ein Polizeiauto parkte. Er hielt unmittel bar dahinter, stieg aus und winkte den Beamten im Vorbeigehen zu. »Guten Tag!«, rief er.
»Guten Tag, Herr Abgeordneter«, entgegnete der Mann auf der Beifahrerseite ehrerbietig.
Das war einer der Vorteile, wenn man seit zwanzig Jahren in der Zeitung zu sehen war und die Stadt vor jeder Bundestagswahl mit Plakaten zuklebte. Grubers Gesicht war in Stralsund ziemlich bekannt. Er ging ins Haus, in der linken Hand seinen schwarzen Pilotenkoffer.
»Guten Tag, Herr Gruber.« Auch der Wachmann hinter dem Empfangstresen erkannte ihn auf Anhieb.
»Guten Tag, Herr Lösch«, erwiderte Gruber und beglückwünschte sich zu seinen scharfen Augen, die das Namensschild auf der
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