Der Pakt - Rügen Thriller
Beine. Ein Satz, und sie war bei Sommerhut, der sich gerade aufrappelte. Sie packte ihn am Handgelenk und zog ihn im Uhrzeigersinn herum, um ihn als Schutzschild gegen den Dritten im Bunde zu nutzen, der soeben eine hässliche Glock 21 aus der Tasche zog.
Juli legte alle Kraft in den Stoß, mit dem sie Sommerhut in Richtung des Dritten beförderte. Die beiden prallten aufeinander, stürzten zu Boden. Der Typ mit der Glock schrie etwas in einer Juli unbekannten Sprache. Inzwischen hatten auch zwei Touristinnen seine Waffe bemerkt. Kreischend stoben sie zur Seite.
Juli sah nach links und rechts.
Ihre Beretta lag bei Bürstenschnitt. Der hatte zwar noch mit den Folgen ihres Ellbogenschlages zu tun, aber das Risiko, dass er vor ihr an die Waffe gelangte, war zu groß. Und, Scheiße, was war das da neben der Rasenkante? Ihre Perücke! Unwillkürlich fasste Juli sich an den Kopf. Sie musste sie bei dem Gerangel mit Bürstenschnitt verloren haben. Ihr Blick wanderte weiter. Der Typ mit der Glock stand gerade wieder auf. Und Sommerhut hatte sich bereits erhoben. Verblüfft starrte er auf ihren kahlen Kopf. Juli erkannte, dass sie nur eine Chance hatte.
Blitzschnell schnappte sie die Perücke. Inmitten verstörter Touristen, die nicht so recht wussten, was sie von dem Ganzen halten sollten, rannte sie zum Ausgang Sophienstraße, jagte am Glockenspielpavillon vorbei und überquerte die Fahrbahn im letzten Moment vor einer sich nähernden Straßenbahn. Sie lief weiter, immer weiter, am Taschenbergpalais vorbei zur Frauenkirche und von dort bis zum Hauptbahnhof. Als sie keuchend und schwitzend im erstbesten Zug saß, kämpfte sie vor allem mit der rasenden Wut, die sie zu übermannen drohte.
Kirijenko.
Sie wurde nicht oft reingelegt, aber er hatte es beinahe geschafft. Inzwischen war sie sich sicher, dass der Mann mit der Glock vor hin Litauisch gesprochen hatte. Was stimmig war, wenn man sein Aussehen und die Verbindung zwischen ihrem Klienten und Valkunas bedachte. Und ihr war nun auch völlig klar, was das Manöver sollte. Killt die Killerin!
In dieser Branche musste man leider mit allem rechnen, auch damit, dass der eigene Klient einen hinterging. Vor allem bei poli tisch sensiblen Jobs oder bei Aufträgen von Geheimdiensten pas sierte das mittlerweile häufig. Juli ahnte, was Kirijenko bezweckte. Es war ihm nicht nur darum gegangen, Wendt zum Schweigen zu bringen. Vielmehr sollte der Polizei die Attentäterin auch gleich auf einem Silbertablett serviert werden. Deshalb hatte sein Kumpel Valkunas die Sache nicht durch seine Leute erledigen lassen. Das BKA hätte Julis Identität ermitteln und feststellen sollen, dass sie keinerlei bekannte Verbindungen nach Russland hatte. Das hätte die Nachforschungen in eine völ lig andere Richtung ge lenkt und Kirijenko aus der Schusslinie gebracht. Allerdings hätte das Ganze nur geklappt, wenn sie selbst nicht mehr aus sagen konnte. Also hätte es nicht gereicht, der Polizei einen anonymen Tipp zu geben. Die drei Männer hatten sie töten sollen. Vielleicht hätten sie sogar noch eine falsche Spur gelegt, indem sie irgendein manipuliertes Beweisstück bei ihrer Leiche hinterlassen hätten, das die Polizei zu einem vermeintlichen Auftraggeber im Inland geführt hätte.
Doch der Plan hatte nicht funktioniert. Sie war am Leben, sie war entkommen und nun würde sie Kirijenko zeigen, was sie davon hielt, wenn ein Klient sie hinterging. Sie würde ihm Schmerzen zufügen, die er sich in seinen schlimmsten Albträumen nicht ausmalen konnte. Und danach würde sie sich Valkunas und seine Männer vornehmen, einen nach dem anderen, und sie ebenfalls bezahlen lassen.
Der Zug erreichte gerade den Leipziger Hauptbahnhof, als Juli plötzlich klar wurde, dass sie nichts von all dem tun würde, gar nichts.
Denn die hatten ihre Beretta.
58
Nach dem Telefonat mit Juli hatte Gruber hin und her überlegt, wie er am besten an die Pistole gelangen konnte. Er war beinahe dankbar für diese delikate Aufgabe, weil sie ihn ablenkte, ihm keine Zeit zum Grübeln ließ. Er wollte nicht nachdenken. Das, was heute passieren würde, musste passieren, so sehr er sich auch wünschte, dass er Nora dieses Schicksal hätte ersparen können.
Also, was war nun mit dieser verdammten Pistole?
Bei DRM dürften alle noch ziemlich nervös sein, und die Polizei beobachtete das Gebäude vermutlich für den Fall, dass die unbekannte Frau noch einmal auftauchte. Natürlich konnte er einen seiner Mitarbeiter
Weitere Kostenlose Bücher