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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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unsere Gäste nicht zu früh kommen. Ich habe es noch nie mit einer Araberin getrieben.
    Sind sie sauber?«
    »Ja, Genosse Berija. Genosse Baroyan hat sie alle gründlich untersucht.«
    Dr. Baroyan war der Leiter des sowjetischen Krankenhauses in Teheran. Er arbeitete gleichzeitig für das NKWD und räumte manchmal unliebsame Patienten mittels unterlassener Hilfeleistung, unnötiger Operationen oder Medikamentenüberdosen aus dem Weg.
    »Gut. Ich bin nämlich gerade erst diese Syphilis losgeworden.
    So was will ich nicht noch mal mitmachen. Das war diese Schauspielerin, Sie wissen schon. Wie hieß sie doch gleich?«
    »Tatjana.«
    »Ja. Die. In welches Lager haben wir sie noch mal geschickt?
    Ist mir entfallen.«
    »Kolyma.«
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    Das Lager Kolyma, eine Dreimonatsreise von Moskau entfernt, war wohl der schlimmste Ort des gesamten sowjetischen Gulag-Systems.
    »Dann ist sie ja jetzt wohl tot«, sagte Berija. »Das Luder.
    Gut.«
    Berija ignorierte die hübsche Sekretärin, die als Zerberus des lokalen Kommissars der Staatssicherheit fungierte, ging in Melameds Büro und warf sich aufs Sofa. Er furzte laut und befahl Abramow, »dem Mädchen« zu sagen, es solle ihm Tee bringen. »Und Wein«, rief er Abramow hinterher. »Georgischen Wein. Nicht diese Pisse von hier.«
    Er schloss die Augen und schlief fast eine halbe Stunde. Als er die Augen wieder öffnete, sah er Melamed nervös vor dem Sofa stehen. »Was wollen Sie denn?«, knurrte er.
    »Ich habe hier das Protokoll von Kosiors Aussage, Genosse Berija.«
    »Wer zum Teufel ist Kosior?«
    »Der ukrainische Gefangene, den Sie unten im Keller verhört haben.«
    »Ach, der. Und?«
    Melamed reichte ihm ein maschinebeschriebenes Blatt.
    »Möchten Sie’s durchlesen?«
    »Du grüne Neune, nein. Erzählen Sie mir einfach, was Sie veranlasst haben.«
    »Na ja, Genosse Berija, ich wollte mich natürlich mit Ihnen beraten, ehe ich irgendwas unternehme.«
    Berija stöhnte laut. »Ich dachte, ich hätte klargestellt, wie wichtig es ist, diese Terroristen so schnell wie möglich zu fassen. Sie hätten mich wecken sollen.«
    Melamed sah nervös zu dem Karton mit Seidenteddybären hinüber, der jetzt in einer Ecke seines Büros stand – Geschenke für die jungen Frauen, mit denen Berija den Abend zu 451

    verbringen gedachte. »Der Genosse Vorsitzende muss doch müde sein, nach der langen Reise von Moskau hierher«, sagte er. »Ich wollte den Genossen Vorsitzenden nicht stören.«
    »Wenn plötzlich ein Attentäter vor dem Genossen Stalin steht«, sagte Berija und schnappte Melamed das Protokoll aus der Hand, »werde ich an Ihre rücksichtsvolle Art denken.«
    Berija setzte sich den Kneifer auf die breite Nase und warf einen Blick auf das Blatt. »Gut. Meine Befehle sind folgende. Ich will, dass der Basar von Truppen umstellt wird. Niemand darf rein oder raus, bis sämtliche Häuser durchsucht sind.«
    »Jawohl, Genosse Berija.«
    Berija las ein Stück weiter. »Ringer?«, sagte er.
    »Die genießen hierzulande hohes Ansehen«, erklärte Melamed. »Viele wurden als Leibwächter rekrutiert.«
    »Je von diesem Misbah Ebtehaj gehört?«
    »Er ist ziemlich berühmt, glaube ich.«
    »Festnehmen. Gehen Sie dorthin, wo diese Ringkämpfer zu finden sind –«
    »Ins Zurkhane?«
    »Gehen Sie hin. Und verhaften Sie sie allesamt. Und auch bei dieser Adresse in der Abassi Street. Auch dort alle festnehmen.«
    Melamed eilte beflissen zur Tür.
    »Melamed!«
    »Ja, Genosse Berija?«
    »Wo Sie schon dabei sind, lassen Sie Plakate aufhängen, dass wir für Hinweise, die zur Ergreifung der deutschen Terroristen führen, eine Belohnung aussetzen. Zwanzigtausend Dollar, in Gold. Das müsste reichen, dass jeder, der die Kerle verstecken soll, sie lieber verpfeift.«
    »Aber wo soll ich so viel Geld auftreiben?«
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    »Überlassen Sie das mir«, sagte Berija, der noch immer das Protokoll überflog. »Dieser Kosior. Er sagt nicht genau, wie viele Männer in seiner Gruppe waren. Meinen Sie nicht, es wäre ganz nützlich, das zu erfahren? Damit wir wissen, wie viele wir noch suchen. Zehn? Zwölf? Dreizehn? Ich will es wissen.«
    »Er ist leider ohnmächtig geworden, Genosse Berija. Bevor wir die genaue Zahl feststellen konnten.«
    »Dann bringen Sie ihn wieder zu sich und fragen Sie ihn. Und wenn er damit nicht herausrückt, schlagen Sie ihn. Oder schlagen Sie einen von den anderen, bis Sie alles wissen, restlos alles. Wie viele Ukrainer? Wie viele Deutsche?« Berija warf Melamed das Protokoll vor

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