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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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des Sonderverbands Friedenthal von Amt VI hatte eine Junkers 290 mit einhundert Mann an Bord von einem Flugplatz auf der Krim starten und die Männer per Fallschirm bei einem großen Salzsee südöstlich von Teheran absetzen sollen. Mit Hilfe Einheimischer sollte der Sonderverband, dem viele Persisch sprechende Leute angehörten, dann die amerikanischen Kriegsmateriallieferungen an die Russen abschneiden, die über die Irak-Iran-Bahnlinie liefen. Wegen eines Schadens an der Junkers und der Verhaftung einiger dieser deutschenfreundlichen Einheimischen war das Unternehmen vertagt worden. Als man dann wieder so weit gewesen wäre, das Unternehmen zu starten, waren die besten Männer des Sonderverbands abkommandiert worden, um Mussolini aus seinem Berggefängnis zu retten, und
    »Unternehmen Franz« war gestrichen worden. Doch je länger Schellenberg über die jetzige Situation nachdachte, desto überzeugender fügte sich alles zu einem Plan zusammen. Der Sonderverband mit seinen Persisch sprechenden Offizieren und seiner speziellen Ausrüstung bestand noch, soweit er wusste.
    Und da waren die Großen Drei und planten, sich genau in dem Land zu treffen, für das der Sonderverband eigens geschult worden war. Es gab keinen Grund, warum sich ein solches Unternehmen auf einen Angriff am Boden beschränken sollte.
    Schellenberg dachte darüber nach, dass ein Einsatzkommando in Teheran im Verbund mit einem Luftangriff operieren könnte.
    Und er beschloss, mit einem Mann zu sprechen, von dem er wusste, dass er am Abend nach Posen kommen würde, um die Rede des Reichsführers am nächsten Tag zu hören: mit dem 62

    Generalinspekteur der Luftwaffe, Generalfeldmarschall Erhard Milch.
    Himmlers Rede war endlich zu Ende, aber Schellenberg war zu aufgeregt, um zu Mittag zu essen. Von einem Büroraum im Schloss aus rief er Martin Sandberger, seinen Stellvertreter in Berlin, an. »Ich bin’s, Schellenberg.«
    »Hallo, Chef. Wie ist es in Posen?«
    »Das ist jetzt egal, hören Sie einfach nur zu. Ich möchte, dass Sie nach Friedenthal rüberfahren und herausfinden, in welchem Zustand der Sonderverband ist. Konkret, ob er für einen weiteren Anlauf für die ›Operation Franz‹ zu haben wäre. Und, Martin, wenn er da ist, bringen Sie diesen Baron mit nach Berlin.«
    »Von Holten-Pflug?«
    »Ja, genau den. Und dann setzen Sie eine Besprechung für Samstag an, gleich morgens. Reichert, Buchmann, Janssen, Weisinger und derjenige, der momentan für die Türkei und den Iran zuständig ist.«
    »Das wäre Hauptsturmführer Schubach. Er ist Sturmbannführer Tschierschky unterstellt. Soll ich den auch dazubitten?«
    »Ja.«
    Nach dem Telefonat ging Schellenberg auf sein Zimmer und versuchte zu schlafen, aber in seinem Kopf entstanden unablässig Teile eines Plans, den er im Stillen bereits Unternehmen »Großer Sprung« genannt hatte. Er konnte keinen plausiblen Grund sehen, weshalb der Plan nicht aufgehen sollte.
    Sicher, das Unternehmen war kühn und wagemutig, aber genau das war doch das Gebot der Stunde! Und wenn er auch Skorzeny nicht leiden konnte, so hatte der Mann doch zumindest bewiesen, dass das scheinbar Unmögliche machbar war.
    Andererseits war Skorzeny der Letzte, dem er die Führung eines solchen Unternehmens übertragen wollte. Er war viel zu unkontrollierbar. Außerdem würde die Luftwaffe ihn niemals 63

    akzeptieren, nicht nach dem halsbrecherischen Abruzzen-Unternehmen. Von dem Dutzend Lastenseglerpiloten, die in der Nähe des improvisierten Duce-Gefängnisses auf dem höchsten Berg der Apenninen gelandet waren, waren alle tot oder in Gefangenschaft – ganz zu schweigen von den 108 SS-Fallschirmjägern, die Skorzeny begleitet hatten. Nur drei Männer hatten den Berg lebend verlassen: Mussolini, Skorzeny und der Pilot des Fieseler Storch. All diese Opfer an Menschen und Material hätten sich ja noch gelohnt, wenn etwas Sinnvolles dabei herausgekommen wäre. Doch in Schellenbergs Augen war der Duce am Ende und seine Rettung sinnlos. Der Führer mochte ja entzückt gewesen sein und Skorzeny das Ritterkreuz verliehen haben, aber Schellenberg und etliche andere hatten das ganze Unternehmen für ein Desaster gehalten, und er selbst hatte das Skorzeny im Zug nach Paris auch ins Gesicht gesagt.
    Natürlich war Skorzeny, ein aufbrausender Hüne, stinkwütend geworden und hätte Schellenberg wahrscheinlich angegriffen, wenn nicht gar zu töten versucht, wäre da nicht die Mauser mit Schalldämpfer gewesen, die der junge

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