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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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gearbeitet. Aber um Litzis willen musste ich weg. Also ging ich hierher zurück und fand einen Job bei der Times. Aber ich habe Otto noch einmal wieder gesehen, 1937, als er gerade auf dem Weg nach Russland war. Ich glaube, er hatte ziemliches Glück, dass er bei der Großen Säuberung nicht erschossen wurde. Jedenfalls hat er mich hier in London noch einmal anzuwerben versucht, können Sie sich so was vorstellen? Weiß der Himmel, warum. Ich meine, die Informationen, an die ein Journalist herankommt, wird er doch in der Regel an seine Leser weitergeben. Klar, ich war Kommunist. Bin es, um der Wahrheit die Ehre zu geben, immer noch, wenn ich auch, falls sie herauskäme, auf der Stelle meinen Job los wäre.«
    »Warum sagen Sie mir das, Kim?«
    »Weil ich glaube, dass ich Ihnen vertrauen kann, alter Junge.
    Und wegen dessen, was Sie vorhin gesagt haben. Über den Gedanken, dass unsere Seite einen Frieden mit den Jerrys aushandeln könnte.«
    Ich konnte mich nicht erinnern, darüber viel gesagt zu haben, ließ es aber so stehen.
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    »Ich glaube, wenn ich je hinter so etwas kommen würde, dann zur Hölle mit der Geheimhaltung. Ich würde direkt zur sowjetischen Botschaft marschieren und ihnen einen Brief durch den verdammten Briefschlitz stecken. Lieber Genosse Stalin, die Briten und die Amerikaner lassen Sie die Wolga runtergehen.
    Mit besten Grüßen, Kim Philby, MI5.«
    »Ich glaube nicht, dass das passieren wird.«
    »Nein? Schon mal von einem gewissen George Earle gehört?«
    »Ja. Das ist sogar einer der Gründe, warum ich hier bin. Earle ist der Sondergesandte des Präsidenten auf dem Balkan. Er hat FDR einen unangeforderten Bericht über das Katyn-Massaker geschickt. Er ist ein Kumpel von Roosevelt. Reich. Sehr reich.
    Wie alle Kumpels von Roosevelt.«
    »Sie auch«, schmunzelte Philby.
    »Meine Familie, Kim. Nicht ich.«
    »Gott, jetzt klingen Sie genau wie Victor.« Er lachte. »Der epikuräische Asket.« Philby schnappte sich ein neues Glas Champagner.
    Ich nahm mir selbst auch eins, trank diesmal aber langsam. Ich wollte ein wenig zur Besinnung kommen und aufhören, auf Philby herumzuhacken. Ich wollte nachsichtig mit ihm sein, weil er betrunken war. Und weil ich mehr über George Earle erfahren wollte.
    »Hören Sie«, sagte er wie jemand, der sich nicht entscheiden kann, ob das, was er da von sich zu geben anhebt, eine Klatschgeschichte oder ein Staatsgeheimnis ist. Es war im Übrigen gut möglich, dass er den Unterschied gar nicht kannte.
    »Die Earles haben ihr Geld im Zuckerhandel gemacht. Earle brach sein Harvard-Studium ab und ging 1916 zu General Pershings Armee, um Pancho Villa in Mexiko zu jagen. Dann ging er zur Marine und bekam das Navy-Cross für Heldenhaftigkeit im Kampf. Deshalb ist er so dicke mit Roosevelt. FDR ist doch ein Navy-Mann, oder nicht?«
    117

    Ich nickte. »Worauf wollen Sie hinaus, Kim?«
    Philby klopfte mit dem Zeigefinger auf seine Nase. »Sie werden schon sehen.« Er zündete sich eine Zigarette an, riss sie sich aber dann ungeduldig wieder aus dem Mund. »Obwohl Earle zeitlebens Republikaner war, unterstützte er Roosevelt bei den Präsidentschaftswahlen 1932. Und zur Belohnung machte ihn FDR zu seinem Marineattaché in Istanbul. Und jetzt kommt der beste Teil. Hefty – das ist der Spitzname unseres Freundes Earle – hat eine Freundin, eine belgische Tänzerin und Teilzeitprostituierte namens Hélène, die für uns arbeitet. Ich erzähle Ihnen das alles, damit Sie wissen, woher unsere Informationen kommen.
    Im Mai dieses Jahres traf Hefty den deutschen Botschafter in Ankara. Wie Sie sicher wissen, ist dieser Botschafter der ehemalige deutsche Reichkanzler Franz von Papen. Laut Hélène führten Hefty und von Papen geheime Friedensverhandlungen.
    Wir wissen nicht genau, ob die Initiative dazu von FDR oder von Herrn von Papen ausging. Jedenfalls rapportierte Earle an FDR und von Papen an irgendjemanden in Berlin – wir wissen nicht genau, an wen. Eine Zeit lang schien nicht viel zu geschehen. Dann, vor ein paar Tagen erst, traf sich Earle mit einem Amerikaner namens Theodore Morde. Schon mal gehört?«
    »Von einem Theodore Morde habe ich noch nie gehört«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    »Morde ist ein Mann, der für den COI in Kairo gearbeitet hat, ehe der COI zu Ihrem Laden, dem OSS, wurde. Ich dachte, Sie könnten ihn vielleicht kennen.«
    »Nie gehört«, sagte ich noch einmal.
    »Morde ist Amerikaner, reist aber mit einem portugiesischen Pass. Arbeitet für

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