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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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Notwendigkeit, das unschuldige Kind zu retten, war jedes Risiko und jedes Opfer wert, die der neue Plan ihr abverlangte.
    »Ich verspreche dir, dass wir rechtzeitig zu Hause sein werden«, beteuerte Reiko.
     
    Als Hirata, Marume und Fukida vorsichtig die Lichtung umrundeten, entdeckten sie andere, von Posten bewachte Gebäudeflügel. Hiratas Blick schweifte über einen Teil des Palasts, bei dem das Dach eingestürzt war. Durch klaffende Löcher in den Mauern ragten Bäume, die in den von Unkraut überwucherten Trümmern wuchsen. Es schien sich um eine verlassene Ruine zu handeln, die von den Entführern nicht bewacht wurde.
    »Wir versuchen es hier«, sagte Hirata.
    Sie liefen das kurze Stück über die Lichtung und drangen in die Ruine ein. Vorsichtig bahnten sie sich einen Weg durch hohes Gestrüpp und Trümmer. Fukida stolperte über Geröll und stürzte. Marume riss ihn hoch. Als sie um eine Ecke bogen, die zwei verfallene Mauern auf dem freiliegenden Fundament bildeten, wurde Hirata plötzlich von Licht geblendet.
    Ein stämmiger junger Samurai schritt mit einer Laterne auf ihn zu. Hirata, Fukida und Marume blieben wie angewurzelt stehen. Als der Samurai sie erblickte, erstarrte er. Es dauerte keine Sekunde, bis er begriff, dass er Eindringlingen gegenüberstand. Er zog sein Schwert und riss gleichzeitig den Mund auf, um seine Spießgesellen zu alarmieren.
    Marume stürzte sich auf ihn, hob sein Schwert und schlitzte dem Samurai die Kehle auf. Ein Ausdruck maßlosen Entsetzens legte sich auf das Gesicht des Sterbenden, als das Blut aus der Wunde spritzte. Er röchelte, ließ die Laterne fallen und brach auf der Stelle tot zusammen.
    Hirata und die Ermittler starrten auf die Leiche, ehe sie erstaunte Blicke wechselten. Der jähe Ausbruch von Gewalt und ihr knappes Entkommen erschütterten sie. Als Hirata das Gesicht des Toten genauer betrachtete, stellte er besorgt fest, dass er den Mann nicht kannte. Er gehörte nicht zu Fürst Nius Gefolgsleuten. Hirata kannte zwar nicht sämtliche Gefolgsleute und Anhänger seines Schwiegervaters, doch seine Zweifel wuchsen, dass der daimyo die Verantwortung für die Entführung trug.
    »Wir müssen die Leiche verstecken«, sagte Fukida.
    Ehe die drei Ermittler sich regten, rief jemand in der Nähe: »Was war das für ein Geräusch? Ibe -san, bist du da?«
    Hastige Schritte näherten sich. Die drei Ermittler wichen zurück und liefen um die Ruine herum. Im Schutz einer Mauer kauerten sie sich auf den Boden. Vorsichtig spähten sie um die Ecke und sahen einen jungen Samurai, der neben der Leiche kniete.
    »Ibe -san ! Was ist geschehen?«, rief er und hielt die Laterne über das leblose Gesicht seines Kameraden. Er schaute sich ängstlich um. Hirata kannte auch diesen Mann nicht. Sekunden später rannte der Samurai davon. »Ibe ist ermordet worden!«, rief er. »Fremde haben die Insel überfallen!«
    Laute Stimmen und Schritte hallten durch die Nacht. Aus allen Richtungen strömten Männer herbei. Hirata erschrak zu Tode. Marume und Fukida verharrten reglos an seiner Seite, als ihre schlimmsten Befürchtungen Wirklichkeit wurden.
    »Was tun wir jetzt?«, flüsterte Marume, während die Entführer Alarm schlugen.
    »Wir müssen uns schnellstens aus dem Staub machen«, erwiderte Hirata.
    Sie liefen aus der Ruine hinaus über die Lichtung und in den Wald hinein. Fackeln loderten auf. Dunkle Gestalten stürmten auf sie zu. So schnell sie konnten, rannten die drei Ermittler im Zickzack durch den Wald, zogen unter niedrig hängenden Zweigen die Köpfe ein und duckten sich, um den Blicken der zahlreichen Verfolger zu entwischen, die sich mittlerweile an ihre Fersen geheftet hatten. Hirata wünschte sich von Herzen, er hätte Sanos Befehle befolgt, anstatt auf eigene Faust zu handeln. Hätte er seine Pflicht erfüllt, wäre er mittlerweile nach Edo zurückgekehrt und hätte berichten können, wo die Entführer sich aufhielten. Sano hätte mit seinem gesamten Aufgebot aufbrechen und die Frauen retten können. Stattdessen lief Hirata nun um sein Leben, ohne Midori helfen zu können. Wenn die Entführer ihn, Marume und Fukida schnappten, könnte niemand mehr Sano mitteilen, wo die Frauen gefangen gehalten wurden. Hirata bedauerte seine Entscheidung bitter.
    »Wir müssen den See überqueren«, sagte er. »Aber unser Floß ist zu weit entfernt. Wir stehlen die Boote der Entführer, dann sitzen sie auf der Insel fest.«
    Sie rannten zum Ufer. Pfeile sirrten durch die Nacht, gruben sich in

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