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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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allein haben, und achtet darauf, dass ihnen kein Leid zugefügt wird.«
    Jun und Goza schimpften, als die Wächter sie aus dem Gerichtssaal zerrten. Sano und Ueda stießen den Atem aus. »Wenn dieser Verbrecher die Wahrheit gesagt hat und seine Informationen uns helfen, Fürstin Keisho-in zu retten, wird der Shōgun meine Klugheit preisen«, sagte Magistrat Ueda. »Stellt sich jedoch heraus, dass der Mann gelogen hat, stehe ich als lächerlicher Narr da und werde dafür büßen müssen, mich nicht ans Gesetz gehalten zu haben.« Freimütig fügte er hinzu: »Aber was mit mir geschieht, ist mir egal. Ich will nur meine Tochter retten.«
    Sano spürte, dass es Ueda peinlich gewesen wäre, hätte er sein Mitgefühl bekundet. Deshalb sagte er: »Vielleicht kann dieser Priester uns zu Midori führen. Meine Männer und ich werden uns sofort auf die Suche nach ihm machen.«
     
    Es war eine von vielen Gassen, die wie Rippen von der Hauptstraße unweit der Nihonbashi-Brücke abzweigten, an der die Tōkaidō offiziell ihren Anfang nahm. Der hohe hölzerne Bogen der Brücke wölbte sich über den Kanal und die Hausdächer in der Umgebung. An der Straße reihten sich Läden und Essstuben; den Reisenden wurden Speisen und Sake, Hüte und Reiseführer angeboten, in denen die bekanntesten Sehenswürdigkeiten an der Tōkaidō abgebildet waren. Pilger mit Wanderstöcken und schweren Rucksäcken auf den Schultern durchstöberten die Auslagen der Geschäfte.
    Der Laden für buddhistische Andenken befand sich in der Mitte einer Häuserzeile. Hinter dem Eingang, dessen blauer Vorhang zur Seite geschlagen war, saß ein weißhaariger Mann am Ladentisch, inmitten von Schnüren mit Gebetsperlen, die von der Decke hingen, und umgeben von Regalen voller Buddhastatuen und Weihrauchgefäßen. Sano und Ermittler Arai gaben vor, die Auslagen zu betrachten, während Ermittler Inoue, in ein schlichtes Baumwollgewand gekleidet, die Gelegenheit nutzte, das Geschäft betrat und sich an den Besitzer wandte.
    »Ich suche Yoshi«, sagte Inoue, wie Sano ihn angewiesen hatte.
    Der Besitzer musterte Inoue von oben bis unten, und ein misstrauischer Ausdruck erschien auf seinem faltigen Gesicht. »Tut mir Leid, Herr. Hier gibt es niemanden, der so heißt.«
    Erschrocken horchte Sano auf. Der Besitzer hatte offenbar erkannt, dass Inoue kein Mitglied der Schwarzen Lotosblüte war. Überdies spürte der alte Mann, dass Inoue eine Bedrohung darstellte, denn plötzlich rannte er zu einer Tür im hinteren Teil des Ladens. Doch Inoue flankte über den Ladentisch, packte den alten Mann und hielt ihn fest. Als Sano und Arai ins Geschäft stürmten, hielt Inoue den Besitzer bei den Armen gepackt.
    »Bitte, tut mir nichts!«, rief der alte Mann.
    »Wenn Ihr uns sagt, wo der Tempel der Schwarzen Lotosblüte ist, geschieht Euch nichts«, sagte Sano.
    »Aber das weiß ich nicht.«
    Der Besitzer ließ ein nervöses Kichern hören, das sich in ein schrilles Kreischen verwandelte, als Sano sein Schwert zog. »Wo ist der Tempel?«, fragte er mit drohendem Unterton. Es beschämte ihn, einen alten Mann einzuschüchtern, selbst wenn dieser die Schwarze Lotosblüte begünstigt hatte – ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wurde. Doch die Entführung der Frauen hatte Sano gelehrt, dass auch seine persönlichen Grundsätze ihre Grenzen hatten. Er würde alles tun, um herauszufinden, wer Reiko entführt hatte. Und Fürstin Keisho-in zu retten, die Mutter seines obersten Herrn, war ohnehin wichtiger als alle persönlichen Ideale.
    »Schon gut, ich sage es Euch!«, jammert der Alte. »Der Tempel ist im Teehaus am Inari-Schrein an der Nordseite des Gemüsemarkts von Kanda! Bitte, tötet mich nicht!«
    Sano schob das Schwert in die Scheide zurück, und Inoue lockerte den Griff um die Arme des Besitzers, der vor Erleichterung aufatmete.
    »Hört mir gut zu«, sagte Sano zu dem Alten. »Ihr werdet Eure Geschäfte weiterführen wie bisher. Ihr werdet Euren Freunden von der Schwarzen Lotosblüte nichts von unserem Gespräch erzählen. Habt Ihr verstanden?«
    Mit einem resignierten Seufzer ergab der Alte sich in sein Schicksal. »Ja, Herr«, sagte er.
    »Ermittler Arai wird Euch im Auge behalten und dafür sorgen, dass Ihr gehorcht«, fügte Sano hinzu und wandte sich dann an Arai. »Verhafte jeden, der hierher kommt und sich nach der Lage des Tempels erkundigt.«
    »Ja, sōsakan-sama «, erwiderte Arai, dem anzusehen war, dass er sich fragte, wie viele Verbrecher wohl erscheinen

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