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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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war, sprach für seine Unschuld. Außerdem kannte Yanagisawa die Gefahr, sich zu sehr auf einen einzigen Verdächtigen zu konzentrieren, wo es mit Sicherheit noch andere gab. Bei diesen Ermittlungen hatte er viel zu gewinnen oder zu verlieren, und Fürst Matsudaira war bei weitem nicht sein einziger mächtiger Feind.
    »Wir werden noch weiteren Angehörigen des Tokugawa-Klans Besuche abstatten«, sagte er zu seinen Männern. »Anschließend gehen wir ins Beamtenviertel.«
    Er musste die Entführer identifizieren und Fürstin Keisho-in retten, bevor ihr etwas zustieß – und bevor ein anderer sie rettete.

9.
    H
    irata und die Ermittler Marume und Fukida zügelten ihre Pferde auf einer verlassenen Wegstrecke der Tōkaidō. Es regnete in Strömen, und auf den steilen Hängen zu ihrer Rechten sowie im Wald zu ihrer Linken hatten sich kleine Bäche gebildet. Die trübe Luft verschleierte die fernen Berge und vermischte sich mit den dichten, grauen Wolken am Himmel. An diesem kühlen Spätnachmittag setzte bereits die Dämmerung ein.
    »Hier müssen die Verbrecher die Frauen entführt haben«, sagte Hirata, dessen Stimme schaurig durch die Stille hallte.
    Als er aus dem Sattel stieg, verzog er das Gesicht vor Schmerzen, denn er spürte jeden einzelnen Muskel. Er, Marume und Fukida waren fast ohne Pause in einem mörderischen Tempo geritten, seitdem sie Edo am frühen Morgen verlassen hatten. Sie waren der Küste gefolgt, hatten Berge erklommen, Flüsse durchquert, Hitze und Staub ertragen. Sie hatten im Sattel gegessen und nur angehalten, um an den Kontrollstationen die Pferde zu wechseln. Schließlich hatten sie jene Stelle erreicht, an der die Entführer die Straßensperre errichtet hatten. Die dicken Baumstämme waren von der Fernstraße in eine tiefe Schlucht hinuntergestoßen worden.
    Fröstelnd und vom Regen durchnässt, fühlte Hirata sich dermaßen erschöpft, als hätte er in einem Gewaltritt mehrere Provinzen durchquert. Und dabei hatte seine Suche nach Midori gerade erst begonnen …
    Die Ermittler Marume und Fukida standen neben Hirata am Straßenrand. Wasser tropfte von den breiten Krempen ihrer Hüte, als sie sich umschauten. »Man könnte meinen, hier wäre nichts geschehen«, stellte Marume fest.
    »Die Offiziere der Fernstraßen-Patrouille haben die Leichen und Trümmer weggeschafft.« Auch Hirata ließ den Blick über die Straße schweifen, auf der keine Trümmer mehr lagen und die mit frischem Sand bestreut war.
    »Und das schlechte Wetter hat die letzten Spuren verwischt«, sagte Fukida.
    Die drei Ermittler schauten auf die Fußspuren und Hufabdrücke im Sand, die der Regen nach und nach unsichtbar machte. »Die Entführer müssen Spuren hinterlassen haben«, brummte Hirata. »Wir müssen sie nur finden.«
    Sein Blick wanderte zu den turmhohen Kiefern im Wald, dann zu den Felswänden. Er stellte sich eine Meute gesichtsloser Angreifer vor, die gnadenlos die Diener und Frauen niedermetzelten. Im Geiste sah er Blut spritzen und bedrohliche Schatten, die sich huschend bewegten. Jedem Blatt, jedem Stein und jedem Sandkorn, das diesen Abschnitt der Tōkaidō bedeckte, haftete eine Aura brutaler Gewalt an. Hirata roch den Tod. Er konnte das Rasseln der Klingen hören, die furchtbaren Schreie der Opfer und Midoris Stimme, die seinen Namen rief.
    »Die Frauen müssen gefesselt und geknebelt worden sein, damit sie nicht davonlaufen und nicht schreien können«, meinte er schließlich und versuchte, die schrecklichen Bilder zu verdrängen. »Die Entführer werden mit ihren Gefangenen nicht die Straße benutzt haben, wo man sie hätte sehen können. Sie sind gewiss durch den Wald gelaufen.«
    Hirata und die Ermittler banden ihre Pferde an einen Baum ein Stück von der Straße entfernt, damit sie nicht von Reisenden gesehen werden konnten. Parallel zur Tōkaidō stapften sie durch den Wald, wobei sie stets in der Nähe des Tatorts blieben. Der Regen rieselte durch das dunkle Geäst der Kiefern. Spuren im Unterholz und abgebrochene Zweige deuteten darauf hin, dass Menschen dieses Waldstück durchquert und hier auch gekämpft hatten. Blutrote Spuren auf dem Laub unter den Bäumen kennzeichneten die Stellen, wo Leichen gelegen hatten. Hirata entdeckte eine Sandale, die im Matsch steckte und die vermutlich ein fliehendes Mitglied von Keisho-ins Gefolge verloren hatte. Fukida fand einen Strohhut und Marume ein verlorenes Schwert mit dem Wappen der Tokugawa auf dem Griff. Die Klinge setzte bereits Rost an.
    »Was die

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