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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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Offiziere der Fernstraßen-Patrouille nicht beseitigt haben, das haben gewiss die Bauern und Dörfler in dieser Gegend entfernt«, meinte Fukida.
    Im Wald herrschte unheimliche Stille, als belebten die Geister der Toten diesen Ort. Das Flügelschlagen eines Vogels erklang plötzlich in der lastenden Stille. Hiratas Herz machte einen Sprung. Er und seine Begleiter zuckten zusammen. Sie griffen nach ihren Schwertern und ließen die Blicke umherhuschen. Eine große schwarze Krähe flog in die Höhe und verschwand in der Weite des bewölkten Himmels. Die Männer seufzten erleichtert und setzten ihre Suche nach den Spuren der Entführer fort. Ungefähr fünfzig Schritte von der Straße entfernt schien der Wald unberührt zu sein. Hirata und seine Ermittler trennten sich, spähten zwischen den Bäumen hindurch und suchten den Erdboden ab. Das Laub hoch über ihren Köpfen raschelte, als der Regen auf die Bäume prasselte. Sehnsucht nach Midori und die Angst um sie quälten Hirata. Seine juckende Nase und Halsschmerzen kündigten eine Erkältung an. Er blieb stehen, um zu niesen, als er plötzlich Fukidas Stimme hörte, den er zwischen den Bäumen nicht sehen konnte.
    »Kommt hierher!«, rief der Ermittler.
    Hirata und Marume liefen zu ihrem Kollegen. Fukida zeigte auf einen Pfad durchs Unterholz, der von der Tōkaidō wegführte. Hirata gab sich keinen allzu großen Hoffnungen hin, dennoch schlug sein Herz schneller. Vorsichtig schritten er und die Ermittler ungefähr zwanzig Meter an zertrampeltem Unkraut und niedergetretenen Büschen entlang, bis sie Zweige erblickten, die auf dem Pfad lagen. Die dünnen, belaubten Äste waren verbogen und zertrampelt, die Enden sauber mit einer Klinge abgetrennt. Hirata hob den Blick zu den Aststümpfen eines Busches, der den Weg versperrt hatte. Auch hinter dem Busch war der Weg freigehauen worden.
    »Jemand hat hier einen Pfad durchs Unterholz geschlagen«, sagte er.
    Mit aufmerksamen Blicken eilte er weiter. Die Ermittler folgten ihm. Hirata entdeckte Fußspuren im Erdboden und auf zertretenen, verrotteten Pilzen. Aststümpfe markierten die Stellen, wo jemand niedrig hängende Äste abgeschlagen hatte. Dann entdeckte Hirata einen kleinen, glänzenden, eigentümlich geformten Gegenstand. Er hob ihn auf und hielt die Sandale einer Frau mit einer Seidenschnalle und einer dicken, rot lackierten Sohle in der Hand.
    »Diese Sandale muss Midori, Reiko, Keisho-in oder Fürstin Yanagisawa gehören«, sagte Hirata voller Hoffnung. »Jemand muss sie fallen gelassen haben, als die Entführer mit ihren Geiseln hier durchgekommen sind.«
    Hirata und die Ermittler drangen tiefer in den Wald vor. Ein Stück weiter entdeckten sie lange, schwarze Haare, die sich in der Borke eines Baumes verfangen hatten. Ein zerrissener Fetzen blauer Brokatseide war an einem dornigen Strauch hängen geblieben. Auch wenn Hiratas Halsschmerzen schlimmer wurden und er das Gefühl hatte, Fieber zu bekommen, erfasste ihn Erregung, denn jeder dieser Hinweise bewies ihm, dass er dem Weg folgte, den die Entführer genommen hatten.
    Bis die Spur abrupt vor einer senkrechten, felsigen Anhöhe endete.
    Hirata und die Ermittler starrten ungläubig in die Höhe. Ein eisiger Wind wehte ihnen Nebelschwaden in die Gesichter.
    »Die Entführer können hier unmöglich hinaufgestiegen sein, weder mit den Frauen noch ohne sie«, sagte Marume.
    »Die Spur führt nirgendwohin«, stellte Fukida fest, der immer größere Kreise zu Füßen des Felsens beschrieb.
    Hirata schoss ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf. »Die Entführer haben eine falsche Spur gelegt, um alle zum Narren zu halten, die ihnen zu folgen versuchen. Nachdem sie hier angekommen waren, sind sie denselben Weg zurückgegangen.« Atemlos vor Müdigkeit, Zorn und Enttäuschung rief Hirata laut aus: »Das ist die älteste Finte der Welt. Und ich bin darauf hereingefallen!« Er verfluchte die Entführer und seine eigene Leichtgläubigkeit. Wild trat er gegen den Felsen, um seinem Zorn Luft zu machen.
    »Wir konnten ja nicht wissen, dass es eine List war«, sagte Marume.
    »Ja, wir mussten der Spur folgen, weil sie uns zu den Frauen hätte führen können«, warf Fukida ein.
    Hirata nickte. »Ihr habt Recht.« Dann stapfte er aufs Geratewohl weiter. »Worauf warten wir?«, sagte er über die Schulter. »Wir müssen die Frauen suchen!«
    Die Ermittler liefen ihm hinterher, packten ihn bei den Armen und hielten ihn fest. »Es wird zu dunkel«, sagte Fukida. »Bald können wir

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